Tage wie in einem Rausch
Antipathie beiseite und versuchte, sie zu beruhigen. Und das machte alles noch schlimmer, denn es zeigte ihr, dass er im Grunde mitfühlend und liebevoll war.
All das hatte sie verloren.
Doch heute Abend stand sie im Mittelpunkt des Interesses, und da konnte sie sich schlecht in ihrem Zimmer verstecken. Das durfte sie Jed nicht antun. Um seinetwillen musste sie versuchen, diesen Abend zu überstehen.
"Du siehst aus wie ein Star!" rief Trish, ihre Agentin, aufgeregt.
Paula, die Lektorin, gab sich nüchtern. "Du brauchst die Konkurrenz nicht zu fürchten, El. Keiner kann dir das Wasser reichen."
"Das habe ich ihr auch schon gesagt." Jed legte einen Arm um Elena und zog sie an sich.
Am liebsten hätte sie geschrien. Merkte er denn nicht, was er ihr antat? Nein, natürlich nicht. Er wollte sie beruhigen, und seine Umarmung war nur ein Zugeständnis an die Öffentlichkeit.
Mühsam beherrschte sie sich und übernahm die Vorstellung. Ihr entging nicht, dass die beiden Frauen - und alle anderen Frauen im Saal - Jed mit Blicken förmlich verschlangen. Wie war er jemals auf die Idee gekommen, er sei nur zweite Wahl?
Beim Abendessen, das vor der Zeremonie serviert wurde, saßen die vier an einem Tisch. Das Essen war vorzüglich, und der Champagner floss in Strömen. Jed war sehr um Elena bemüht und spielte so überzeugend den liebevollen Ehemann, dass sie nur noch daran denken konnte, wie sehr sie ihn liebte, und keinen Bissen hinunterbekam.
"Ich glaube, heute ist ein kleines Glas Champagner erlaubt", sagte er leise, während Trish und Paula in ein angeregtes Gespräch vertieft waren. Er schenkte ihr ein und reichte ihr das Glas.
Sie hatte sich den ganzen Abend an Wasser gehalten und war ohnehin nicht in Champagnerlaune. Wahrscheinlich dachte Jed, sie müsse sich ein wenig Mut antrinken, denn inzwischen hatte sich auf dem Podium der Gastredner eingefunden, um die Preise zu vergeben.
Elena hörte nicht ein Wort. Noch vor kurzem wäre sie außer sich vor Aufregung gewesen, wenn sie für den "Golden Gargoyle Award"
nominiert worden wäre, der für den besten Gruselroman des vergangenen Jahres vergeben wurde.
Jetzt schien all das unwichtig. Sie war nur gekommen, weil ihr Fernbleiben eine Brüskierung bedeutet hätte. Und in Zukunft würde sie Erfolg brauchen, denn sie war entschlossen, ihrem vaterlosen Kind jeden erdenklichen Vorteil zu bieten.
Rauschender Applaus sagte ihr, dass die Preisverleihung fast zu Ende war. Und dann fasste Jed sie um die Taille und half ihr beim Aufstehen. Lächelnd sah er ihr in die Augen. "Herzlichen Glückwunsch, Liebling! Und nun hol dir deinen Preis ab - hoffentlich hast du eine Rede eingeübt!"
Erst da begriff Elena, dass sie mit "At the Rising of the Moon" den begehrten Preis gewonnen hatte. Während sie auf das Podium zuging, fragte sie sich, warum sie nicht die leiseste Spur von Begeisterung und Stolz empfand. Aber natürlich wusste sie, warum es so war. Und sie konnte nur hoffen, dass sich diese Trostlosigkeit nicht in ihrem Gesicht zeigte. Beruflicher Erfolg war nichts im Vergleich zu Jeds Liebe.
Den Erfolg hatte sie, doch seine Liebe war verloren.
Irgendwie gelang es ihr, sich ein Lächeln abzuringen und einige passende Worte zu sagen. Als sie sich den Rückweg durch die Menge bahnte, wurde sie von so vielen Leuten aufgehalten und beglückwünscht, dass sie schon glaubte, sie würde den Tisch nie mehr erreichen.
Endlich hatte sie es geschafft. Jed betrachtete sie stolz, und sie hätte ihm fast glauben können, wenn er nicht schon den ganzen Abend ein so guter Schauspieler gewesen wäre.
Trish und Paula umarmten sie stürmisch. "Wir werden euch zwei jetzt ein wenig allein lassen", erklärte Paula schließlich. "Schließlich seid ihr immer noch in den Flitterwochen!"
Nachdem sie in der Menge verschwunden waren, fragte Jed ausdruckslos: "Sollen wir uns auch unters Volk mischen? Bestimmt möchten einige Leute dir noch gratulieren."
Elena schüttelte schweigend den Kopf. Sie wollte weg, wollte diese Farce endlich beenden. Plötzlich stiegen ihr Tränen in die Augen, und sie senkte den Kopf und betrachtete die glitzernde Trophäe in ihrer Hand, damit er die Tränen nicht sah.
Noch vor nicht allzu langer Zeit hatte sie geglaubt, dass sie sich damit abgefunden hätte, ihn zu verlieren. Doch dieser Abend hatte seinen Tribut gefordert, und der Himmel wusste, was passieren würde, wenn sie noch länger blieben und der Öffentlichkeit das liebende Ehepaar vorspielten. Sie würde
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