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Tagebuch der Apokalypse 01

Tagebuch der Apokalypse 01

Titel: Tagebuch der Apokalypse 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.L. Bourne
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Insel, die niemand kennt. Ich habe ihm auch erzählt, warum ich nicht bei meinen Kameraden auf dem Stützpunkt geblieben bin. Manchmal bedauere ich es, nicht mit den Kameraden zusammen zum Stützpunkt gegangen zu sein. Ich allerdings lebe, und sie sind tot. Ich möchte allemal lieber Nadel im Heuhaufen als Blödmann in einer Festung sein. Mit meiner Entscheidung werde ich leben müssen, aber wenigstens verfüge ich noch über das Leben, das diese Belastung voraussetzt.
    John sah mich an. »Du redest, als hätte ich dir Fahnenflucht vorgeworfen.« Ich entschuldigte mich und versuchte ihm klarzumachen, dass es sich hierbei nun mal um ein empfindliches Thema handelt. Vermutlich bin ich ein Deserteur. Aber lebt noch irgendjemand, der mich verpfeifen könnte? Wenn die Welt je wieder normal sein sollte, werde ich ... Hat keinen Zweck, darüber nachzudenken.
    Bei der Vorstellung, dass meine Eltern in ihrer Dachkammer verrammelt um Hilfe beteten, wurde mir ganz schummerig. Ich sah sie in verdreckten Klamotten, mit zerzaustem Haar und durch Unterernährung klapperdürr geworden vor mir. Ich musste den Gedanken gewaltsam beiseiteschieben, um keinen folgenschweren Entschluss zu fassen. Der willentliche Versuch, meine Eltern zu retten, die Hunderte von Kilometern von uns entfernt waren, wäre reiner Selbstmord gewesen. Ich frage mich aber, wie lange der Untergang gebraucht hat, um auch Hintertupfingen in Arkansas zu erreichen. Auf jeden Fall hat es von dem Augenblick an, in dem es im Fernsehen lief, bis zu dem Tag, an dem es an meine Haustür kratzte, nicht lange gebraucht.
    Man muss eine kalte Entscheidung treffen. Will ich leben, darf mein Gefühl mir nicht vorschreiben, wohin ich meine Schritte lenke. Selbst im besten Fall würde eine kleine Schwäche meiner Urteilskraft den Tod bedeuten. Würde ich nach Arkansas gehen, um zu erfahren, ob meine Eltern noch leben, müsste jede Entscheidung vollkommen sein, bis hin zu dem Ort, an dem ich nachts schlafe und an dem ich mich mit Lebensmitteln versorge.
    Was ist schiefgegangen? Ich weiß nicht, wieso ich fast zwei Monate gebraucht habe, um ernstlich darüber nachzudenken, aber welches kranke Hirn würde so etwas tun? Ich setze zu viel voraus. War der Mensch im Begriff, göttliche Sphären zu erreichen? Vielleicht war es etwas Größeres. Ich möchte jetzt nicht darüber nachdenken, denn würde ich es, wäre nichts als Fluchen und Schreien das Resultat; wenn es etwas Größeres wäre, würde ich nicht das Risiko eingehen, von dieser höheren Macht für meinen Ungehorsam getadelt zu werden. Also treffen wir jetzt vermutlich unsere kleine unausgesprochene Übereinkunft. Wenn du existierst ... Lassen wir uns einfach gegenseitig in Ruhe. Wenn ich bereit bin, melde ich mich.
    Ich habe keine Angst vor dem Sensenmann.
    25. Februar
    19.32 Uhr
    Als ich heute mit Annabelle rausging, damit sie sich auf dem Steg die Beine vertreten konnte, war die Küste sauber. Wir spazierten über die Planken. Mir war aufgefallen, dass sie ein paar Pfund zugelegt hatte und Bewegung brauchte. Damit sie nicht laut bellen konnte, hatte ich ihr den Maulkorb angelegt. Der Schwimmsteg ähnelt einem Chaos aus Anlegeplätzen und hat aus der Luft betrachtet die Gestalt eines Hs. Die schwimmende Hafenmeisterei befand sich an einer Seite des H. Zuvor hatte eine einzelne schwimmende Gangway die künstliche Insel aus Holz, Metall und Kunststoff mit der echten verbunden.
    Wir umrundeten den Steg. Tags zuvor hatte ich eine lange Angelrute aus einem der Boote genommen, um dort, wo er dem Ufer am nächsten ist, den Grund zu ertasten. Ich habe ihn nicht erreicht, also muss das Wasser dort mindestens zwei Meter fünfundsiebzig tief sein. Aus irgendeinem Grund befürchtete ich, sie könnten vielleicht durchs Wasser waten und einfach hier raufklettern. Nach dem Tiefentest fühlte ich mich etwas sicherer.
    Bei der zweiten Umrundung des Schwimmstegs fing Annabelle an, in den Wind zu schnuppern. Der mir schon vertraute Anblick ihres gesträubten Nackenhaars war nicht zu übersehen. Sie spürte, dass etwas im Anmarsch war. Der Wind wehte vom Ufer zu uns herüber. Ich hob Annabelle hoch und brachte sie hinein. Dann ging ich ans Fenster, um das Ufer zu beobachten. Ich wartete ab und erzählte John, wie Annabelle draußen reagiert hatte. Schließlich standen wir beide am Fenster und hielten Ausschau.
    Zuerst hörten wir Geräusche. Sie erinnerten an einen Straßenfeger. Der Wind trug sie heran. Dann wankte langsam eine ganze Meute

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