Tagebuch der Apokalypse 02
begann zu schaukeln, als die Horde vorbeimarschierte. Saien griff nach seinem Rucksack und öffnete ihn, um an irgendwas in seinem Inneren zu gelangen. Ich hatte nicht die Zeit, mich zu fragen, was er da machte, aber dass er die Untoten mit seiner Waffe nicht aufhalten konnte, war mir völlig klar.
Dann begann er zu schießen.
Ich schrie ihn an und fragte ihn, was er, verdammt nochmal, da machte.
»Ich erledige die Schnellsten.«
Ich gab ihm ziemlich unhöflich zu verstehen, aufzuhören, weil er ihnen durch das Geballere lediglich unseren Standort verriete. Ich glaube, dass ich Recht hatte, denn der Klang in der Luft wechselte den Ton, nachdem das Echo seines letzten Schusses verklungen war.
» Dreihundertfünfzig Meter!«
Ich schüttelte den Wagen, rammte mit der Schulter gegen ihn, glaubte irgendwie, es könne dazu beitragen, den Zusatz schneller im Sprit zu verteilen. Die Kreaturen waren nun nahe genug, um sie mit dem Gewehr erledigen zu können. Ich beschloss, die Drohne einzusetzen. Sie war unsere einzige Chance, dem Treibstoffzusatz die Zeit zu erkaufen, die er benötigte, um wirksam zu werden. Mit dem Fernglas schätzte ich die Entfernung ein, und nachdem ich meine Schätzung an Saien getestet hatte, senkte ich das Zielfernrohr auf die Kreaturen hinab. Als ich durchs Glas schaute, sah ich, dass seine Einschätzung bezüglich ihrer Anzahl besser gewesen war als meine.
Ich aktivierte das Lasergerät.
Piep ... piep ... piep ...
Ein konstanter Ton. Nieselregen und Schweißtropfen liefen von meiner Stirn herab in meine Augen. Es juckte mich, als ich das Gerät fest auf ein Stück Boden fünfzig Meter hinter der ersten Untotenreihe gerichtet hielt.
Eine Sekunde lang glaubte ich den Sprengkopf auf einer ballistischen Flugbahn mitten in die Masse der Kreaturen einschlagen zu sehen. Die Explosion brachte die Erde zweihundert Meter vor unserem Kombi zum Beben, und die meisten Kreaturen bissen bei der Explosion ins Gras.
Ich rief Saien zu, dass ich ihm später alles erklären würde, und er nickte und nahm sich nochmal seinen Rucksack vor. Während ich einen neuen Versuch in Angriff nahm, den Wagen zum Laufen zu bringen, blickte er durch sein Scharfschützenzielfernrohr. Ich prüfte die Meute und schätzte, dass vielleicht fünfzig Gestalten wieder auf die Beine kamen und sich erneut in unsere Richtung in Bewegung setzten. Ich durchlief das Kurzschlussverfahren noch einmal und überprüfte dann, ob alle Kabel und Kontakte richtig angeschlossen waren.
»Hundertfünfzig Meter! Beeilung!«
Saien wurde nun sehr nervös, und diese naturbelassene Emotion wurde auch mir übermittelt. Meine Hände zitterten, als ich die Kabel überprüfte und anfing, Strom ins Armaturenbrett zu leiten. Saien warf sein Gewehr auf den Rücksitz, griff in seinen Rucksack und entnahm ihm eine schallgedämpfte MP5.
Dann sagte er stark akzentuiert: »Lass den Wagen an, Kilroy!«
Ich gab dem Armaturenbrett Strom und warf den Wagen erneut an, wobei ich vermutlich jedes Bisschen Energie einsetzte, das noch in der Batterie vorhanden war. Der Wagen grunzte ein-, zweimal. Beim dritten Mal sprang der Motor an - ich hatte noch nie zuvor im Leben ein so schönes Geräusch vernommen. Ich trat aufs Pedal, damit der Saft ins Triebwerk strömte und bildete mir ein, es könne den Batterieladeprozess vielleicht beschleunigen. Dann sprang ich aus dem Wagen, packte die Sonnenkollektoren und warf sie nach hinten auf Saiens Gepäck.
Als ich wieder auf dem Fahrersitz saß, eröffnete Saien das Feuer auf die Untoten. Meine Pistole und die Ersatzmagazine lagen in meinem Schoß. Ich haute den Rückwärtsgang rein, bretterte zurück und rief Saien zu, er solle kommen und in die Karre steigen.
Er verhielt sich, als hätte er mich nicht gehört, denn er feuerte weiter auf die Untoten und legte den Schnellsten um, damit der Zweitschnellste seine Position einnehmen konnte. Sie waren uns ziemlich nahe. Wenn Saien jetzt nicht einstieg, würden sie uns Sekunden später überrennen. Ich schrie so laut ich konnte und drohte ihm, abzuhauen, wenn er nicht aufhörte.
Schließlich reagierte er, gab einen letzten Schuss auf eine kaum zwanzig Meter entfernte Gestalt ab und sprang, die Knarre unterm Arm, in den Wagen. Ich gab Gas, schaute in den Rückspiegel und vergrößerte die Entfernung zwischen den Ghoulen und uns. Ich drückte mein Erschrecken darüber aus, wie schnell die Biester sich bewegten.
»Das ist doch nicht schnell, mein Freund«, erwiderte er
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