Tagebuch der Apokalypse 02
nicht, dass er unbrauchbar war, also beschloss ich, ein Achtel des Flascheninhalts in den Tank zu kippen. Ich arbeitete schnell und schüttelte den Wagen dann hin und her, damit die Lösung sich so gut wie möglich mit dem Sprit vermischte.
Im gleichen Augenblick, in dem ich auf dem Flaschenetikett »Bis zum Verbrennungsvorgang eine Stunde warten« las, rief Saien: »Fünfzehnhundert Meter!«
Wir hatten keine Stunde mehr. Als ich Saien nach der Lage fragte, erhielt ich keine Antwort. Er schüttelte nur den Kopf und klebte mit einem Auge an seinem Zielfernrohr. Ich sah die Meute nun auch ohne Fernglas. Es hatte genieselt, und sie traten aus dieser Entfernung noch immer Geröll hoch. Anhand der Zeit, die sie brauchten, um dreihundert Meter zurückzulegen, schätzte ich, dass wir noch dreißig friedliche Minuten hatten, bevor die erste Welle uns erreichte. Ich verband den Sonnenkollektor schnell wieder mit der Batterie und legte ihn auf dem Wagendach aus. Eine halbe Stunde ist vielleicht nicht viel. aber doch mehr als gar nichts.
Ich peilte gerade die Anlasser-Magnetspule an, als Saien rief: »Zwölfhundert Meter!«
Alles war eingestellt. Alles hing von der Ladung der Batterie und dem Treibstoffzusatz ab. Ich packte meinen Kram nervös für den Fall zusammen, dass die Karre nicht ansprang. Außer den Sonnenkollektoren auf dem Autodach hatte ich alles in Stellung gebracht. Wenn der Wagen nicht ansprang, wollte ich die mir verbleibenden Minuten damit verbringen, mein Gepäck zu schultern und so schnell wie möglich stiften zu gehen. Saien war mit seiner Heckenschützenknarre nur von geringem Verteidigungsnutzen. Mit einem 19 Schuss- Magazin und einem 24 zölligen Lauf ist die .308 für das, was in unsere Richtung unterwegs war, zu schwerfällig. Eigentlich gab es überhaupt nichts, was uns hier nützlich war, von einem schweren Geschütz vielleicht abgesehen.
Ich wollte Saiens Sachen gerade hinten im Wagen verstauen, damit er leicht an sie rankam, als er sagte, ich solle seinen Rucksack vor ihm liegen lassen, er würde sich schon selbst darum kümmern.
»Tausend Meter.«
Die Kreaturen kamen über den Highway genau auf uns zu. Ich spürte eine seltsame Spannung in der Luft und glaubte, ich könnte sie Geröll zertreten und wie eine aus Untoten bestehende Panzerdivision heranschwärmen hören - hundertprozentig darauf bedacht, alles in ihrem Weg zu zermalmen. Ich griff in meinen Rucksack, zog das Fernglas raus und hängte es mir um den Hals. Ich säuberte die Objektive mit dem Ärmel, blickte hindurch und sah die fünfte Dimension der Hölle.
Die Untoten bewegten sich mit vergleichsweise hohem Tempo voran. Sie gingen im Zickzack über den Highway, als wären sie auf der Suche nach etwas. Dies war offensichtlich nicht der Fall, aber sie bewegten sich, als hätten sie ein Ziel. Ich ließ das Fernglas vor meine Brust sinken, löste die Sonnenkollektoren und steckte den Armaturenstrom wieder ein. Dann vervollständigte ich die Verbindung zwischen Anlasser und Saft, und der Wagen murrte mehrmals, ohne jedoch anzuspringen.
Es war gerade knappe zwanzig Minuten her, seit ich den Zusatz verabreicht hatte. Ich trennte den Strom ab und stöpselte die Sonnenkollektoren wieder ein, damit ich wenigstens das zurückbekam, was ich bei dem Startversuch vergeudet hatte.
»Siebenhundertfünfzig.«
Saiens Stimme war lauter als beim letzten Mal und transportierte etwas mehr Nervosität. Ich hob das Fernglas und schaute nochmal hin. Die Untoten kamen mir zwar vor, als befänden sie sich in vergleichbaren Stadien der Verwesung, aber ihr Zustand war nicht annähernd so schlecht, wie er hätte sein müssen. Sie wirkten relativ frisch, nicht wie jemand, der seit neun bis zehn Monaten tot war. Dies und der Fakt, dass sie schneller ausschritten als die, denen ich bisher begegnet war, brachte mich zu der Annahme, dass der (nennen wir ihn mal so) verstrahlte Späher, den ich neulich ausgeschaltet hatte, nur der Anfang eines Rinnsals war. jetzt näherte sich uns ein Fluss äußerst gefährlicher Typen.
Ich überprüfte meine M4 drei-, vier-, fünfmal, und als ich dann das Piepsen des Lasergeräts testete, rief Saien: »Fünfhundert Meter!«
Ich konnte sie nun hören. Das klagende Gestöhne und die anderen schauerlichen Klänge wurden allmählich lauter. Ich konnte den Blick kaum abwenden. Durch das Objektiv sah ich, dass sie ein einsames Fahrzeug nach Nahrung absuchten und dann zum nächsten weitergingen. Das Auto unten auf der Straße
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