Tagebuch der Apokalypse 02
in der Nähe der anderen. Es gibt hier sogar einen ziemlich großen Schlafsaal mit Spinden und Klappbetten. Ich nehme an, er sollte ursprünglich dazu dienen, im Fall eines nuklearen Schlagabtausches zivile Überlebende unterzubringen. Ich wünsche mir nur, ich könnte neben dem allgemeinen Ziel. einfach am Leben zu bleiben, auch irgendwas Nützliches und Positives leisten.
Ich habe heute meine Brieftasche aus meinem persönlichen Kram gefischt und einen Blick auf meinen Truppenausweis geworfen. Der Mann, der da beschrieben wird, sieht mir überhaupt nicht ähnlich. Na schön, er hat mein Gesicht, meinen Namen und meine Sozialversicherungsnummer, aber ... Sein Blick ist ganz anders. Die Augen auf dem Foto schauen anders in die Welt als die des Typen, den ich nun im Spiegel sehe. Ich werde den Ausweis behalten. Ich behalte ihn als Andenken an das, was ich mal war; ein Rädchen im Getriebe einer größeren Sache. Es ist nun sechs Monate her, seit ich dem ersten Untoten gegenüberstand. Es läuft mir noch immer kalt den Rücken runter. Vermutlich wird sich daran nichts ändern.
20. Juni
23.09 Uhr
Im Moment haben wir starken Regen. Das Wetter wirkt sich sehr heftig auf unser internes Fernsehprogramm aus. Es rauscht und führt zu Verlust an vertikalem Bildfang. Die Untoten in der Umgebung haben sich zwar ziemlich zerstreut, aber wenn es ordentlich blitzt, kann man sie noch immer sehen. Über Funk kommt auch nichts rein, was die Stimmung heben könnte. Da draußen ist niemand mehr - zumindest nicht in unserer Reichweite. Ich habe, um während des Gewitters die Zeit totzuschlagen, das Tagebuch des Wächters durchgeblättert. Aufgrund der Ereignisse, die Hotel 23 in jüngster Vergangenheit in Atem hielten, hatte ich es völlig vergessen.
Als ich gestern Abend nochmal in meinem alten Quartier war, um meinen restlichen Kram zu holen, tauchte es wieder auf. Dean hatte meine Sachen in einen Pappkarton gepackt und bedankte sich, weil ich Danny und ihr meinen Raum überließ. Sie meinte, sie hätte mein Tagebuch gefunden, aber nicht gewagt, einen Blick hinein zu werfen. Ich erklärte ihr, dass es nicht mein Tagebuch ist, sondern einem Mann gehörte, der hier früher stationiert war. Ich erklärte ihr, dass ich es für ihn aufbewahren wollte. Sie verstand, händigte es mir aus und versuchte sich darüber klarzuwerden, ob sie etwas Falsches gesagt hatte.
Ich nahm das Tagebuch mit einem beruhigenden Lächeln an mich, warf es in den Karton und begab mich in meine neue Unterkunft im Kontrollraum. Erst heute Nacht habe ich Captain Bakers Tagebuch wieder aufgeschlagen. Der 10. Januar ist mit einem Eselsohr markiert. Mir fiel ein, dass ich auf dieser Seite zuletzt geschmökert hatte. Ich blätterte weiter und las seinen Eintrag vom 11. Januar.
Ansonsten befand sich auf der Seite nur eine gekritzelte Rakete, die durch die Luft über etwas hinweg zischte, das die Vereinigten Staaten darstellen sollte.
23. Juni
21.50 Uhr
Ich habe grässliche Kopfschmerzen. Normalerweise zwinge ich mich, genug Wasser zu trinken, um nicht auszutrocknen, aber heute ist es mir einfach nicht gelungen. Ich habe Kopfschmerzen, weil ich zu wenig getrunken habe, aber auch noch so viel Wasser wird daran nichts ändern. Ich muss es ausbaden. Am Morgen des 21. sind John, William und ich rausgegangen, um die Lage zu peilen. Statt in Richtung der Kreuze zu gehen, haben wir uns nach Westen aufgemacht, in Richtung einer kleinen Ortschaft namens Hallettsville. Da wir leise sein und nicht entdeckt werden wollten, sind wir nicht mit dem Land Rover gefahren. Es ist ja nicht auszuschließen, dass sich noch Banditen in der Gegend aufhalten.
Wir sind über Felder und brachliegendes Farmland marschiert. Es ist mehr als sechs Monate her, seit sich der letzte Mensch um das Land gekümmert hat, deswegen war es keine Überraschung, als wir über sie stolperten. Wir waren gerade mal wieder über einen Zaun auf ein anderes Stück verwildertes Farmland gehüpft, als wir die Wächtersymbole amerikanischer Gier und Macht sahen: das Gelände einer großen Raffinerie und die skelettartigen Kolosse riesiger Erdpumpen, die regungslos in der Landschaft hockten. Überall um sie herum spross hohes Gras. Man sah deutlich, dass hier seit Monaten alles tot war.
Ich schätze, die gute Nachricht für den zwar lebenden, doch vernichteten Teil der Bevölkerung besteht darin, dass unsere Ölvorräte nun noch einige Jahrtausende lang reichen. Der schlechte Teil der Nachricht ist natürlich
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