Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)
Polizeikette auf der Hauptstraße aufzutauchen. Vereinzelt kam es dort zu Prügeleien.
Gleichzeitig wurde in Alexandria demonstriert, aber auch die Arbeiter der staatlichen Textilfabriken in der Nildeltastadt Mahalla Al-Kubra versammelten sich. Aus der Nildeltastadt Mansura kommen Berichte, dass Demonstranten große Mubarak-Poster abgerissen hätten. Auch in Ismailia am Suezkanal begannen sich am Nachtmittag Tausende Menschen zu versammeln. Selbst im Nordsinai fingen Beduinen an, in Richtung des Flughafens in Al-Arish zu ziehen.
Für den „Tag des Zorns“ in Ägypten steht die tunesische Revolte Pate. „Nachdem die tunesische Revolution dazu geführt hat, dass die Menschen ihre Hoffnung zurückbekommen haben, ihren eigenen Willen und ihre Rechte durchzusetzen, werden die Ägypter an diesem Tag ihre Meinung gegen die herrschende Macht zum Ausdruck bringen, die seit 30 Jahren eine Politik anführt, die nur der herrschenden Elite dient“, heißt es in einem Aufruf. Fast 80.000 Menschen hatten in den letzten Tagen via Facebook versprochen, sich den Protesten anzuschließen. „Das ist der Anfang vom Ende des Regimes“, schrieben die Initiatoren des Protests auf Facebook.
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26.1.2011
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Auf Facebook gepostet
26. Januar 2011, 00:26 Die Polizei beginnt anscheinend den Tahrir-Platz in Kairo zu räumen, mit Wasserwerfern, Tränengas und Elektroschlagstöcken. Bin selbst nicht mehr da, aber habe ein paar Telefonate erhalten.
Arabesken, tazblog 26.1.2011
Der erste ägyptische Tag des Zorns
Für die ägyptische Protestbewegung gegen das Regime des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak gibt es eine neue Zeitrechnung: die Zeit vor und nach dem 25. Januar 2011. Die Organisatoren der von Tunesien inspirierten Proteste hätten sich wohl nie träumen lassen, dass ihre Aufrufe im Internet via Facebook, Twitter und Blog ein derartiges Echo finden werden. Überall im Land wurde gestern demonstriert, nicht nur in Kairo, sondern auch in Alexandria, den Nildelta-Städten Mansura, Tanta und der dortigen Textilarbeiterstadt Mahalla Al-Kubra. Aber auch in Ismailia am Suezkanal und selbst in Assiut in Oberägypten zogen die Menschen durch die Straßen und riefen „Stürzt Mubarak!“
Die Sicherheitskräfte, die sich tagsüber zurückgehalten hatten und die bei den Versuchen einzuschreiten von den Demonst ranten zurückgeschlagen wurden, nutzten schließlich die Gunst der Nacht und die Tatsache, dass viele Demonstranten zu später Stunde nach Hause gegangen waren.
Bei der größten Protestveranstaltung auf dem Tahrir im Zentrum Kairos, die den ganzen Abend in ein Volksfest umgewandelt worden war, nachdem sich die Polizei in die Nebenstraßen zurückgezogen hatte, schlug die Polizei schließlich um ein Uhr morgens zu und jagte die Demonstranten stundenlang durch die Nebenstraßen. Es ist noch unklar, wie viele Verletzte es dabei gab und wie viele Menschen verhaftet wurden. In der östlichen Nildeltastadt Mansura ereigneten sich ähnliche Szenen. Tagsüber eine völlig überforderte Polizei, die dann nachts mit Tränengas alles auflöste.
Der Tahrir-Platz der Befreiung in Kairo ist heute Morgen vollkommen aufgeräumt. Über Nacht haben die städtischen Reinigungskräfte alle Spuren des Protestes beseitigt. Die Regierung würde den gestrigen Tag wohl am liebsten vergessen machen. Ob das klappt, werden wir im Laufe des Tages sehen. Ich habe meine Zweifel.
Am Ende noch ein Hinweis: Twitter funktioniert immer noch nicht. Der Internet-Kurznachrichtendienst, den ich unter @gawhary benutze, um Leser und Leserinnen aktuell mit Nachrichten zu versorgen, ist in Ägypten blockiert. Ich werde daher versuchen, das gleiche auf meinem Facebook-Account zu machen.
Auf Facebook gepostet
26. Januar 2011, 12:52 Hier werden die Proteste aller Voraussicht nach heute Nachmittag weitergehen. Die Jugendlichen mobilisieren seit den Morgenstunden über Facebook und die Blogs. Twitter ist weiterhin blockiert.
26. Januar 2011, 15:00 Die Kommunikation wird immer schwieriger. Einige Provider haben nun begonnen, auch Facebook in Ägypten zu blockieren. Twitter ist seit gestern blockiert. Das Internet wird immer langsamer bzw. setzt ganz aus. Wir erwarten, dass örtlich auch die Handynetze ausgeschaltet werden.
26. Januar 2011, 15:00 Es scheint, dass im Moment Leute von der Straße weg verhaftet werden. Wie es aussieht, will die Polizei heute alles im Keim ersticken. Mal sehen, ob es ihnen gelingt.
Arabesken, tazblog 26.1.2011
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