Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
langlebigen Vampiren, da es eine Ewigkeit dauerte, bis genug Löss aufgebaut war. Und wenn die Erde bereit war, wurden die Trauben angebaut und verarbeitet - von der veredelten Pflanze bis zu dem mit den Füßen zertrampelten Brei in Eichenholzfässern -, ohne jemals die Sonne zu sehen. Das war es, was dem Wein seinen schwarzsamtenen, dunklen, delikaten Geschmack verlieh. Und jetzt...
Elena hatte einen »Traubensaft«-Schnurrbart. Damon wünschte sich von Herzen, ihn wegküssen zu können.
»Nun, eines Tages kannst du den Leuten erzählen, du hättest in weniger als einer Minute zwei Gläser schwarze Magie getrunken, und sie damit beeindrucken«, sagte er.
Aber sie tippte sich nur wieder unters Kinn.
»Elena, willst du, dass ich etwas von deinem Blut nehme?«
»Ja!« Sie sagte es in dem glockenhellen Tonfall eines Menschen, dem man endlich die richtige Frage gestellt hatte.
Sie war betrunken.
Sie riss beide Arme hoch und schlang sie um die Bank, die sich verformte, um jeder neuen Bewegung ihres Körpers nachzugeben. Sie war zu einer Couch aus schwarzem Wildleder mit einer hohen Rückenlehne geworden: einem Diwan, und gerade jetzt ruhte Elenas schlanker Hals auf der höchsten Stelle dieser Rückenlehne, sodass ihre Kehle entblößt war. Damon wandte sich mit einem leisen Stöhnen ab.
Er wollte Elena in die Zivilisation schaffen. Er hatte Angst um ihre Gesundheit, war leicht besorgt wegen der von ... Brad; und jetzt... er konnte nicht alles haben, was er wollte. Er konnte sie kaum bluten lassen, wenn sie betrunken war.
Elena machte ein Geräusch, das sein Name hätte sein können. »D'm'n?«, murmelte sie. Ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt.
So ziemlich alles, was eine Krankenschwester für eine Patientin hätte tun können, hatte Damon für Elena getan. Aber es schien, als wollte sie nicht unbedingt vor seinen Augen zwei Gläser schwarze Magie wieder von sich geben.
»M' is üwel«, brachte Elena heraus, mit einem gefährlichen Schluckauf am Ende. Sie umklammerte Damons Handgelenk.
»Ja, das ist nicht die richtige Art, Wein zu genießen. Warte, setz dich einfach gerade hin und lass mich versuchen ...« Und vielleicht weil er die Worte gesprochen hatte, ohne nachzudenken, ohne daran zu denken, ob er unhöflich war, ohne daran zu denken, sie auf die eine oder andere Weise zu manipulieren, war alles in Ordnung. Elena gehorchte ihm, und er legte zwei Finger an ihre Schläfen und übte leichten Druck aus. Für den Bruchteil einer Sekunde drohte es zu einer Katastrophe zu kommen, dann atmete Elena langsam und ruhig ein. Sie stand immer noch unter dem Einfluss des Weins, aber sie war nicht länger betrunken.
Und das war der richtige Zeitpunkt. Er musste ihr endlich die Wahrheit sagen.
Aber zuerst musste er all seine Sinne wecken.
»Einen dreifachen Espresso, bitte«, sagte er und streckte die Hand aus. Der Espresso erschien sofort, aromatisch und schwarz wie Damons Seele. »Shinichi meint, Espresso allein sei eine Entschuldigung für die Existenz der menschlichen Rasse.«
»Wer immer dieser Shinichi ist, ich stimme ihm oder ihr zu. Einen dreifachen Espresso, bitte«, sagte Elena zu der Magie, die dieser Wald war, diese Schneeflockenkugel, dieses Universum. Nichts geschah.
»Vielleicht ist es im Augenblick einzig auf meine Stimme eingestellt«, meinte Damon und schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln. Dann holte er ihr mit einer knappen Handbewegung ihren Espresso herbei.
Zu seiner Überraschung runzelte Elena die Stirn.
»Du sagtest ›Shinichi‹. Wer ist das?«
Damon wünschte nichts weniger, als dass Elena mit dem Kitsune zu tun bekam, aber wenn er ihr wirklich alles erzählen wollte, musste sie von ihm erfahren. »Er ist ein Kitsune, ein Fuchsgeist«, antwortete er. »Und die Person, die mir diese Webadresse gegeben hat, wegen der Stefano auf und davon gegangen ist.«
Elenas Miene erstarrte.
»Tatsächlich«, sprach Damon weiter, »denke ich, dass ich dich lieber nach Hause bringe, bevor ich den nächsten Schritt tue.«
Elena blickte verärgert gen Himmel, ließ es aber zu, dass er sie auf die Arme nahm und zurück zum Wagen trug.
Ihm war gerade klar geworden, welches der beste Ort war, um ihr alles zu erzählen.
Nur gut, dass sie dazu nicht unbedingt den Alten Wald verlassen mussten. Denn sie fanden keine Straße, die nicht in einer Sackgasse, auf einer kleinen Lichtung oder vor dichten Bäumen endete. Die Entdeckung des schmalen Feldwegs, der zu ihrem kleinen, aber perfekt
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