Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
geholfen, obwohl es beinahe unerträglich gewesen war, weil die Uralten auch über Liebe Bescheid wussten, weil sie wussten, auf welche Knöpfe sie drücken mussten und wie man seine Feinde dazu brachte, genau in die richtige Richtung zu laufen. Aber sie hatten gemeinsam gegen den einen der Uralten gekämpft - und sie hatten gesiegt. Und in dem Bemühen, Stefanos tödliche Verletzungen zu heilen, war Elena irgendwie selbst wieder sterblich geworden: Nachts hatte sie im Alten Wald auf dem Boden gelegen, mit Damons Jacke über sich, während Damon selbst plötzlich verschwunden war, ohne auf ein Wort des Dankes zu warten.
Dieses Erwachen war eines der elementarsten Erlebnisse gewesen; es hatte die Sinne des Fühlens, Schmeckens, Hörens, Sehens erfasst - und das Herz, aber nicht den Verstand. Stefano war so gut zu ihr gewesen.
»Und was bin ich jetzt?«, fragte Elena laut und starrte ihre Hände an, während sie sie drehte und wendete, bestaunte das feste, sterbliche Fleisch, das den Gesetzen der Schwerkraft folgte. Sie hatte gesagt, dass sie das Fliegen für ihn aufgeben würde. Irgendjemand hatte sie beim Wort genommen.
»Du bist wunderschön«, antwortete Stefano geistesabwesend und ohne sich zu bewegen. Dann fuhr er plötzlich hoch. »Du redest!«
»Das weiß ich.«
»Und deine Worte sind vollkommen vernünftig!«
»Herzlichen Dank.«
»Und du sprichst in Sätzen!«
»Ist mir aufgefallen.«
»Weiter! Sag etwas Langes - bitte.« Stefano sprach, als könnte er es nicht glauben.
»Du hast zu viel mit meinen Freunden rumgehangen«, bemerkte Elena. »In diesem Satz steckt zugleich Bonnies Frechheit, Matts Höflichkeit und Meredith'
Beharren auf den Tatsachen.«
»Elena, du bist es!«
Statt den törichten Dialog mit »Stefano, ich bin es!« fortzusetzen, hielt Elena inne, um nachzudenken. Dann stieg sie vorsichtig aus dem Bett und machte einen Schritt. Stefano sah hastig beiseite und reichte ihr einen Morgenmantel. Stefano?
Stefano?
Schweigen.
Als Stefano sich nach einer schicklichen Frist wieder umdrehte, sah er Elena mit dem Morgenmantel in Händen im Sonnenlicht knien.
»Elena?« Sie wusste, dass sie für ihn aussah wie ein sehr junger Engel, der meditierte.
»Stefano.«
»Aber du weinst ja.«
»Ich bin wieder ein Mensch, Stefano.« Sie hob eine Hand und ließ sie in den Fängen der Schwerkraft fallen. »Ich bin wieder ein Mensch. Nicht mehr, nicht weniger. Ich schätze, ich habe einfach ein paar Tage gebraucht, um wieder die Alte zu werden.«
Sie sah ihm in die Augen. Sie waren so grün. Wie ein grüner Kristall, der von innen leuchtete. Wie ein Sommerblatt, das man vor die Sonne hielt.
Ich kann deine Gedanken lesen.
»Aber ich kann deine nicht lesen, Stefano. Ich kann nur ein allgemeines Gefühl gewinnen, und selbst das könnte verschwinden ... Wir können uns auf gar nichts verlassen.«
Elena, ich habe in diesem Raum alles, was ich will. Er klopfte auf das Bett. Setz dich zu mir und ich kann sagen: ›Alles, was ich will, ist auf diesem, Bett.‹
Stattdessen stand sie auf und warf sich ihm entgegen, die Arme um seinen Hals geschlungen, die Beine mit seinen verknotet. »Ich bin immer noch sehr jung«, flüsterte sie, während sie ihn fest an sich drückte. »Und wenn du es in Tagen zählst, haben wir nicht viele solcher Tage zusammen gehabt, aber ...«
»Ich bin immer noch viel zu alt für dich. Aber dich anschauen zu können und zu sehen, wie du meinen Blick erwiderst ...«
»Sag mir, dass du mich ewig lieben wirst.«
»Ich werde dich ewig lieben.«
»Ganz gleich, was geschieht.«
»Elena, Elena - ich habe dich als Sterbliche geliebt, als Vampir, als reinen Geist, als Geistkind - und jetzt wieder als Menschen.«
»Versprich mir, dass wir immer zusammen sein werden.«
»Wir werden immer zusammen sein.«
»Nein. Stefano, ich bin es.« Sie deutete auf ihren Kopf, als wollte sie betonen, dass hinter ihren goldgesprenkelten, blauen Augen ein strahlender, aktiver Geist arbeitete. »Ich kenne dich. Selbst wenn ich deine Gedanken nicht lesen kann, kann ich dein Gesicht lesen. All die alten Ängste - sie sind wieder da, nicht wahr?«
Er wandte den Blick ab. »Ich werde dich niemals verlassen.«
»Nicht für einen Tag? Nicht für eine Stunde?«
Er zögerte, dann sah er zu ihr auf. Wenn es das ist, was du wirklich willst. Ich werde dich nicht verlassen, nicht einmal für eine Stunde. Das sandte er ihr und sie konnte es hören.
»Ich entbinde dich von all deinen Versprechen.«
»Aber
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