Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
sie zu Elenas schnel lebiger,
hochfliegender Clique gehörte. Sie vier: Elena, Meredith,
Caroline und Bonnie hatten zusammengepasst wie vier
Teile eines Puzzles, und Meredith vermisste manchmal
noch immer die alten Zeiten und ihre Spielchen, die
niemals jemandem wirklich geschadet hatten – bis auf die
dummen Jungs, die sie umschwärmten wie Ameisen ein
Picknick.
Wenn sie sich jetzt selbst einzuschätzen versuchte, war sie
verwirrt. Wer war sie? Ein spanischstämmiges Mädchen,
benannt nach der besten Col ege-Freundin ihrer Mutter,
einer Waliserin. Eine Jägerin, die Kätzcheneckzähne hatte
und einen Vampirzwil ing und deren Freundeskreis Stefano
einschloss, einen Vampir, Elena, einen Ex-Vampir – und
wahrscheinlich einen weiteren Vampir, obwohl sie extrem
zögerlich war, wenn es darum ging, Damon als »Freund«
zu bezeichnen.
Was ergab das für ein Gesamtbild?
Ein Mädchen, das sein Bestes tat, um in einer Welt, die
wahnsinnig geworden war, das Gleichgewicht und die
Besinnung zu bewahren. Ein M?dchen, das noch immer
benommen war von dem, was es ?ber seine eigene
Familie erfahren hatte, und das jetzt unter dem Zwang,
einen schrecklichen Argwohn zu best?tigen, schwankte.
Hör auf zu denken. Hör auf! Du musst Mrs Flowers sagen,
dass ihre Pension zerstört wurde.
»Mrs Flowers – wegen der Pension –, ich muss mit Ihnen
reden …«
»Warum benutzt du nicht zuerst meinen BlackBerry?« Mrs
Flowers kam vorsichtig die Kel ertreppe herunter, wobei
sie sich auf ihre Füße konzentrierte, und dann teilten die
Kinder sich vor ihr wie Wel en des Roten Meers.
»Ihren …?« Meredith starrte sie sprachlos an. Mrs Flowers
hatte ihre riesige Handtasche geöffnet und hielt ihr jetzt
einen ziemlich dicken, vol kommen schwarzen Gegenstand
hin.
»Er hat immer noch Saft«, erklärte die alte Dame, während
Meredith das Ding mit zitternden Händen entgegennahm,
als sei es ein heiliger Gegenstand. »Ich habe ihn gerade
erst eingeschaltet und er hat funktioniert. Und jetzt bin ich
im Internet!« In Mrs Flowers Stimme schwang hörbar Stolz
mit.
Meredith’ Welt wurde verschluckt von dem kleinen
gräulichen antiquierten Bildschirm. Sie war so erstaunt und
aufgeregt, dass sie beinahe vergaß, warum sie das Ding
brauchte. Aber ihr Körper wusste es. Ihre Finger tanzten
über die Minitastatur. Sie ging auf ihre bevorzugte
Suchseite und gab das Wort »Orime« ein. Sie bekam
mehrere Seiten von Treffern ? die meisten auf Japanisch.
Dann tippte sie, mit einem Zittern in den Knien, ?Inari? ein.
Sechs Punkt fünf drei nul Punkt zwei neun acht Ergebnisse.
Sie klickte auf den al erersten Treffer und erhielt eine
Webseite mit einer Definition. Schlüsselworte brachen über
sie herein.
Inari ist die japanische Shinto-Gottheit von Reis …
und … der Füchse. Am Eingang zu einem Inari-
Schrein stehen … Statuen von zwei Kitsune … einem
männlichen und einem weiblichen … jeder mit einem
Schlüssel oder einem Juwel im Maul oder in der Pfote
… diese Fuchsgeister sind die Diener und Boten
Inaris. Sie führen Inaris Befehle aus …
Neben der Beschreibung befand sich auch ein Bild von
zwei Kitsune-Statuen in Fuchsgestalt. Jede von ihnen hatte
eine Vorderpfote auf eine Sternenkugel gelegt.
Vor drei Jahren hatte Meredith sich ein Bein gebrochen,
als sie mit ihren Cousinen in den Blue Ridge Mountains
Skiurlaub gemacht hatte. Sie war direkt gegen einen
kleinen Baum gefahren. Keine noch so perfekte Kampf-
Ausbildung hatte sie in letzter Sekunde retten können; sie
hatte gewusst, dass sie außerhalb der präparierten Pisten
unterwegs war, wo sie auf al es Mögliche stoßen konnte:
Pulverschnee, Geröl , vereiste Spuren. Und natürlich auf
Bäume. Unmengen Bäume. Sie war eine fortgeschrittene
Skiläuferin, aber sie war zu schnel gefahren und hatte in
die falsche Richtung geschaut, und im n?chsten Moment
fuhr sie direkt in den Baum hinein statt darum herum.
Jetzt hatte sie das gleiche Gefühl – aufzuwachen, nachdem
sie mit dem Kopf voran gegen einen Baum geknal t war.
Schock, Schwindel und Übelkeit waren anfänglich
schlimmer als der Schmerz. Meredith konnte Schmerz
verkraften. Aber das Hämmern in ihrem Kopf, das Übelkeit
erregende Wissen, dass sie einen großen Fehler gemacht
hatte und dass sie dafür würde bezahlen müssen, diese
Dinge waren unerträglich. Außerdem verspürte sie ein
seltsames Grauen bei der Erkenntnis, dass ihre eigenen
Beine sie nicht tragen
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