Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
gleich, wie
groß deine Macht ist. Wir al e müssen diese letzte Reise
tun und jetzt ist die Reihe an dir.«
»Lügnerin!«, kreischte Inari und sah für einen Moment
herrlicher – strahlender – aus als zuvor. Aber dann erkannte
Meredith den Grund dafür. Ihr scharlachrotes Haar hatte zu
schwelen begonnen und umrahmte ihr Gesicht mit einem
tanzenden roten Licht. Und endlich begann sie, geh?ssig zu
sprechen.
»Nun, wenn du denkst, dies sei meine letzte Schlacht, dann
muss ich sicherstel en, dass ich so viel Schmerz
verursache, wie ich nur kann. Und anfangen werde ich mit
dir, Hexe.«
Meredith und Matt schnappten beide nach Luft. Sie hatten
Angst um Thea, vor al em, da Inaris Haar sich zu dicken
Seilen focht, wie Schlangen, die um ihren Kopf
schlängelten, als sei sie Medusa.
Das Aufkeuchen war ein Fehler – sie erregten damit Inaris
Aufmerksamkeit. Aber diese bewegte sich nicht. Sie sagte
nur: »Riechst du diesen süßen Duft im Wind? Röstopfer!
Ich denke, das Ergebnis wird oishii ein – köstlich! Aber
viel eicht wol t ihr zwei ja gern ein letztes Mal mit Orime
oder Isobel sprechen. Ich fürchte, sie können nicht
herauskommen, um euch zu begrüßen.«
Meredith’ Herz hämmerte heftig in ihrer Kehle, während sie
plötzlich begriff, dass das Haus der Saitous in Flammen
stand. Es schien, als handele es sich um mehrere kleine
Feuer, aber Inaris Andeutung, sie habe Mutter und Tochter
bereits etwas angetan, machte Meredith furchtbare Angst.
»Nein, Matt!«, rief sie und hielt Matt am Arm fest. Er hätte
sich direkt auf die lachende, schwarz gewandete Frau
gestürzt und versucht, ihre Füße anzugreifen – dabei war
jetzt jede Sekunde unendlich kostbar. »Komm und hilf mir,
sie zu suchen!«
Thea gab ihnen Deckung. Sie zog die Peitsche hoch, ließ
sie einmal um ihren Kopf wirbeln und dann zielgenau auf
Inaris erhobene H?nde knal en, wo sie blutige Schnitte
hinterlie?. Als sich eine zornige Inari zu ihr umdrehte,
rannten Meredith und Matt los.
»Die Hintertür«, sagte Matt, als sie um das Haus
herumliefen. Vor sich sahen sie einen Holzzaun, aber kein
Tor. Meredith dachte gerade darüber nach, den Stab zu
benutzen, um sich damit hinüberzuschwingen, als Matt
keuchte: »Hier!«, und die Hände zu einer Räuberleiter
verschränkte, damit sie darauftreten konnte. »Ich werde
dich darauf rüberheben! «
Meredith zögerte nur eine Sekunde lang. Dann, als Matt
schlitternd zum Stehen kam, sprang sie hoch, um einen
Fuß auf seine verschränkten Finger zu stel en. Plötzlich flog
sie empor. Sie machte das Beste daraus, landete wie eine
Katze auf der abgefachten Oberkante des Zauns und
sprang dann hinunter. Sie konnte Matt den Zaun
hinaufklettern hören, während sie plötzlich von schwarzem
Rauch umhül t war. Sie sprang einen ganzen Meter
rückwärts und brül te: »Matt, der Rauch ist gefährlich! Duck
dich; halt den Atem an. Bleib draußen, um ihnen zu helfen,
wenn ich sie herbringe! «
Meredith hatte keine Ahnung, ob Matt auf sie hören würde
oder nicht, aber sie befolgte ihre eigenen Regeln, ging in
die Hocke, hielt den Atem an und öffnete die Augen nur
kurz, um zu versuchen, die Tür zu finden.
Dann fuhr sie beinahe aus der Haut, als sie eine Axt ins
Holz krachen hörte, Holz splitterte und die Axt abermals
krachte. Sie öffnete erneut die Augen und sah, dass Matt
nicht auf sie gehört hatte, aber sie war froh darüber, denn
er hatte die Tür gefunden. Sein Gesicht war schwarz von
Ruß. »Sie war verschlossen«, erklärte er und hob die Axt.
Doch jeder Anflug von Optimismus, den Meredith viel eicht
empfunden haben mochte, zersplitterte wie die Tür, als sie
hineinschaute und nur Flammen und noch mehr Flammen
sah.
Mein Gott, dachte sie, jeder hier drin wird geröstet und ist
wahrscheinlich bereits tot.
Aber woher war dieser Gedanke gekommen? War es
Wissen oder war es ihre Angst? Meredith konnte jetzt nicht
einfach aufhören. Sie tat einen Schritt hinein, in die
sengende Hitze, und rief: »Isobel! Mrs Saitou! Wo seid
ihr?«
Als Antwort kam ein schwacher, erstickter Ruf. »Aus der
Küche!«, sagte sie. »Matt, es ist Mrs Saitou! Bitte, geh sie
holen!«
Matt gehorchte, rief aber über die Schulter hinweg: »Geh
nicht weiter hinein.«
Meredith musste weiter hineingehen. Sie erinnerte sich
ganz genau daran, wo Isobels Zimmer war. Direkt unter
dem ihrer »Großmutter«.
»Isobel! Isobel! Kannst du mich hören?« Ihre Stimme war
so leise
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