Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
sprach wieder mit sanfter, finsterer Stimme. Meredith
konnte nicht verstehen, was es sagte, aber sein Blick ruhte auf den beiden
Brüdern, und es lächelte, während es sprach. Es wirkte zufrieden.
»Für Leidenschaft«, sagte Elena, riss Meredith die Kerze aus den
Händen und marschierte, mit geradem Rücken und hocherhobenem Kopf
wie ein Soldat, zu der Kerzenreihe, die Alaric am Rand des Diagramms
eben wieder entzündete. Meredith starrte hinter ihr her, während Elena
die Kerze anzündete, heißes Wachs auf den Boden tropfte und sie darin
befestigte.
Stefano drängte Damon rückwärts und kam den Kerzen gefährlich näh-
er. Damons Stiefel scharrten über den Boden, während er gegen Stefano
kämpfte.
»Okay«, sagte Alaric, der zuerst einen ängstlichen Blick auf die Kerzen
warf, dann wieder auf das Buch. »Jeder von uns wird seine Eifersucht in
Worte fassen – die Schwächen, mit denen das Phantom spielen kann –
und sie frei heraus äußern. Wenn wir es wirklich ernst meinen, wenn wir
es zumindest für den Augenblick schaffen, unsere Eifersucht aufrichtig aus
uns zu verbannen, werden unsere Kerzen erlöschen, und das Phantom
wird geschwächt sein. Der Trick besteht darin, die Eifersucht tatsächlich
aus unseren Herzen zu verbannen und aufzuhören, das Phantom zu
nähren. Wenn wir das alle gleichzeitig tun, sollte das Phantom ver-
schwinden oder vielleicht sogar sterben.«
»Was ist, wenn wir es nicht schaffen? Was, wenn wir versuchen, die
Eifersucht zu verbannen, aber sie nicht ganz weggeht?«, fragte Bonnie mit
Sorgenfalten auf der Stirn.
»Dann funktioniert es nicht, und das Phantom bleibt«, antwortete Alar-
ic energisch. »Wer will den Anfang machen?«
Stefano warf Damon grimmig auf den Betonboden, und ein wütendes
Heulen kam über seine Lippen. Sie waren nur noch wenige Schritte von
den Kerzen entfernt, und Alaric trat zwischen sie und die Reihe winziger
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Flammen und versuchte, die Kerzen mit seinem Körper abzuschirmen.
Sabrina schauderte, als Stefano ein leises, zorniges Knurren ausstieß und
den Kopf senkte, um Damon in die Schulter zu beißen. Das Eifersuchts-
phantom gab einen stetigen Strom gehässigen Geplappers von sich, und
seine Augen glänzten.
Mrs Flowers klatschte in die Hände, um sich Gehör zu verschaffen. Ihr
Gesicht war ernst und ermutigend. »Kinder, ihr werdet jetzt alle ehrlich
und tapfer sein müssen«, sagte sie. »Ihr müsst alle aufrichtig sein und vor
euren Freunden zu euren schlimmsten Gedanken stehen, und das wird
euch schwerfallen. Und dann müsst ihr stark genug sein, um diese
schlechten Gedanken aus euch zu verbannen, was euch vielleicht noch
schwererfallen wird. Aber ihr liebt einander, und ich verspreche euch, dass
wir es schaffen werden.«
Ein dumpfer Aufprall und ein erstickter Schrei des Zorns und des Sch-
merzes erklangen einige Schritte entfernt, und Alaric schaute nervös über
seine Schulter zu der Schlacht, die hinter ihm im Gange war.
»Die Zeit verrinnt«, sprach Mrs Flowers energisch weiter. »Wer will den
Anfang machen?«
Meredith wollte gerade vortreten, ihren Stab wie zum Trost fest umk-
lammert, als Bonnie das Wort ergriff.
»Ich fange an«, sagte sie stockend. »Ähm. Ich war eifersüchtig auf
Meredith und Elena. Ich habe immer …« Sie schluckte. »Ich habe manch-
mal das Gefühl, als sei ich nur ein Anhängsel, wenn ich mit ihnen zusam-
men bin. Sie sind mutiger als ich, und sie sind bessere Kämpferinnen und
klüger und hübscher und … und größer als ich. Ich bin eifersüchtig, weil
ich das Gefühl habe, dass die Leute mich nicht so sehr respektieren, wie sie
sie respektieren, und mich nicht so ernst nehmen, wie sie Elena und
Meredith ernst nehmen. Ich bin eifersüchtig, weil ich manchmal in ihrem
Schatten stehe, und es sind ziemlich lange Schatten … bildlich gesprochen,
meine ich. Und ich bin auch eifersüchtig, weil ich noch niemals einen
richtigen Freund hatte, und Meredith hat Alaric, und Elena hat Stefano.
Und außerdem hat Elena Damon, den ich ziemlich umwerfend finde, der
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mich aber niemals wahrnimmt, wenn ich neben Elena stehe, weil sie alles
ist, was er sehen kann.«
Bonnie hielt inne und sah Elena an. Ihre Augen waren groß und glän-
zend. »Aber ich liebe Elena und Meredith. Ich weiß, dass ich aufhören
muss, mich mit ihnen zu vergleichen. Ich bin nicht einfach nur ein An-
hängsel; auch ich bin nützlich und talentiert. Und« – sie sprach die
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