Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
mit ihrer linken Hand
abblockte.
Sie mochte Stefano und sie vertraute ihm, aber trotzdem … Generation-
en von Sulez würden sich in ihren Gräbern umdrehen und sie verfluchen,
wenn sie wüssten, dass sie die Gefahr, in die sie selbst und ihre Freunde
geraten waren, nicht verhindert hatte und dass nur ein Vampir in der
Lage gewesen war zu helfen. Vampire waren der Feind.
Natürlich nicht Stefano. Aber auch wenn sie Stefano vertraute, musste
sie weitertrainieren. Denn Damon … Wie hilfreich Damon auch in einigen
Kämpfen gewesen sein mochte, wie vernünftig und freundlich und un-
typisch er sich in den vergangenen Wochen auch benommen hatte –
Meredith konnte sich nicht dazu überwinden, auch ihm zu vertrauen.
Aber das war auch gar nicht notwendig, wenn sie hart genug trainierte,
wenn sie ihre Fähigkeiten als Kämpferin perfektionierte. Sie nahm eine
Vorwärtsposition ein und boxte mit der rechten Faust nach vorne.
»Hübscher Schlag«, erklang eine Stimme hinter ihr.
Meredith drehte sich um und sah eine junge Afroamerikanerin mit kur-
zem Haar in der Tür des Trainingsraums lehnen. Sie musste sie schon
längere Zeit beobachtet haben.
»Danke«, sagte Meredith überrascht.
Das Mädchen kam in den Raum geschlendert. »Wie weit bist du?«,
fragte es. »Hast du den schwarzen Gürtel?«
46/308
»Ja«, antwortete Meredith und konnte es sich nicht verkneifen, stolz
hinzuzufügen: »In Taekwondo und Karate.«
»Hm«, erwiderte das Mädchen mit funkelnden Augen. »Ich mache
selbst Taekwondo und Aikido. Mein Name ist Samantha. Ich bin auf der
Suche nach einer Trainingspartnerin. Interessiert?«
Trotz der Beiläufigkeit ihres Tonfalls wippte Samantha ungeduldig auf
den Fußballen und ein herausforderndes Lächeln umspielte ihre Mund-
winkel. Meredith kniff die Augen zusammen.
»Sicher«, erwiderte sie unbeschwert. »Zeig mir, was du kannst.«
Samanthas Lächeln wurde breiter. Sie schüttelte ihre Schuhe ab und
trat neben Meredith auf die Übungsmatte. Sie musterten einander. Sam-
antha war einen Kopf kleiner als Meredith, aber drahtig und muskulös,
und sie bewegte sich so anmutig wie eine Katze.
Das erwartungsvolle Blitzen in ihren Augen verriet Meredith, dass Sam-
antha glaubte, sie leicht besiegen zu können. Sie sah in Meredith eine
dieser Sportlerinnen, denen es nur um Form und Technik ging und die
keinen echten Kampfinstinkt hatten. Auch Meredith kannte diese Art von
Kämpferinnen gut und war ihnen in Wettbewerben oft genug begegnet.
Doch wenn Samantha sie so einschätzte, würde sie eine Überraschung
erleben.
»Bereit?«, fragte Samantha. Als Meredith nickte, platzierte sie sofort
einen Fausthieb, während sie gleichzeitig mit dem Fuß versuchte,
Meredith zu Fall zu bringen. Meredith reagierte instinktiv, blockte den
Hieb ab, wich dem Fuß aus und setzte dann zu einem eigenen Tritt an,
dem Samantha jedoch ihrerseits auswich; sie grinste kämpferisch.
Sie teilten einige weitere Schläge und Tritte aus und Meredith war
wider Erwarten beeindruckt. Dieses Mädchen war schnell, schneller als
die meisten, mit denen es Meredith bis jetzt zu tun gehabt hatte, selbst
auf Niveau des schwarzen Gürtels, und sie war viel stärker, als sie aussah.
Aber sie war zu impulsiv, eine aggressive Gegnerin, die zu wenig aus
der Defensive heraus kämpfte; schon der überraschende erste Schlag
47/308
hatte das bewiesen. Und Meredith konnte diesen Übermut gegen sie
einsetzen.
Samantha verlagerte ihr Gewicht, und Meredith verließ ihre Verteidi-
gungsposition, indem sie schnell die Ferse drehte und Samantha fest ge-
gen den Oberschenkel trat. Das Mädchen taumelte ein wenig und
Meredith bewegte sich rasch aus ihrer Reichweite.
Daraufhin veränderte sich Samanthas Gesichtsausdruck. Meredith
erkannte, dass sie jetzt wütend wurde, und auch das war eine Schwäche.
Mit zusammengepressten Lippen runzelte sie die Stirn, während
Meredith’ Gesicht ausdruckslos blieb. Samanthas Fäuste und Füße be-
wegten sich schnell, aber sie traf immer seltener, je mehr sie
beschleunigte.
Meredith tat so, als falle sie zurück, täuschte vor, ihre Gegnerin aus
dem Gleichgewicht bringen zu wollen, und ließ sich in eine Ecke zurück-
drängen, während sie Samanthas Hiebe abwehrte. Als Samantha schon
glaubte, sie in die Enge getrieben zu haben, stoppte Meredith mit dem
Arm Samanthas Faust, noch bevor diese ihren Schlag vollenden konnte,
und schob einen Fuß unter ihren.
Samantha
Weitere Kostenlose Bücher