Tagebuch eines Vampirs - Jagd im Morgengrauen
alles getan für Elenas Liebe und für die Freundschaft zu seinem Bruder. Nachdem er sich jahrhundertelang nur für sich selbst interessiert hatte, war Damon plötzlich in Elenas Welt verstrickt gewesen, hatte teilgenommen am Leben einer Handvoll sterblicher Teenager. Er hatte sich selbst nicht mehr wiedererkannt.
Aber es hatte keine Rolle gespielt. Am Ende war Damon trotzdem außen vor geblieben.
Nicolaus war fort und es ging ihnen gut. Es war nicht sein Kampf. Nicht mehr. Jetzt war alles, was er hatte, die Nacht, die ihn umhüllte, und der kalte Trost, dass er einmal mehr auf sich allein gestellt war.
Damon war, so sagte er sich grimmig, frei.
Kapitel Neun
Matt reckte den Hals, um über Stefanos Schulter in das verlassene Bootshaus zu spähen. Die Tür knarrte und im Innern war es dunkel und modrig und Matt umfasste Chloes Hand automatisch fester.
»V orerst müsstet ihr hier in Sicherheit sein«, erklärte Stefano ihnen.
Elena und die anderen waren zum Campus zurückgekehrt, erschüttert und schockiert von dem Kampf, aber Chloe konnte nirgendwohin. »I ch weiß nicht, was ich jetzt machen soll«, hatte sie gemurmelt. »I ch kann nicht zurück in das Haus der Vitale Society. Werdet ihr mir helfen?«
Matt hatte ihre Hand ergriffen und eine Woge aus Schuldgefühlen und Mitleid hatte ihn erfasst. Wenn er Ethan nur nicht vertraut hätte. Die anderen Anwärter der Vitale Society waren unschuldige Opfer gewesen, aber Matt hatte schon zu viel mit Vampiren zu tun gehabt. Er war mit Vampiren befreundet. Warum hatte er keinen Verdacht geschöpft? »W ohin auch immer, ich komme mit dir«, hatte er Chloe halsstarrig versichert. Also hatte Stefano sie hierhergebracht.
Er rieb sich den Nacken und schaute sich um. In Sicherheit oder nicht, das alte Bootshaus sah auf alle Fälle abstoßend aus. Stefano hatte erzählt, dass keine Studenten mehr herkamen, und das glaubte Matt ihm sofort.
Das einstige Bootshaus des Teams von Dalcrest verfiel zusehends, nachdem in Flussnähe neue Anlegestellen und ein neues Bootshaus gebaut worden waren. Seither verschlammte der kleine künstliche See vor dem alten Häuschen; von Algen verschmutztes, brackiges, stinkendes Wasser schwappte seicht über den Seegrund und unter dem feuchten, aufgeweichten Holzboden des Bootshauses. Das verfaulende Dach gab den Blick auf den Nachthimmel frei.
»I ch bin mir nicht sicher, ob Chloe hier leben sollte«, sagte Matt langsam. Er wollte Stefano nicht kränken.
Stefano verzog die Lippen zu einem bitteren Lächeln. »D as ist die erste Lektion, die ihr beide lernen müsst: Sie lebt nicht hier. Sie lebt überhaupt nicht– nicht mehr.«
Chloe verschränkte energisch die Arme vor der Brust. »I ch fühle mich aber lebendig«, murmelte sie. Matt wartete darauf, dass sie ironisch den Mund verzog, wie er es von der menschlichen Chloe kannte, aber sie schaute nur finster auf ihre Füße.
»E s ist, wie es ist, Chloe«, sagte Stefano. Seine Stimme war leidenschaftslos. »B is du lernst zu überleben, ohne den Menschen wehzutun, darfst du nicht in ihrer Nähe sein. Jeder Geruch, jedes Geräusch könnten etwas auslösen. Man braucht lange, um den Punkt zu erreichen, an dem man sich selbst trauen kann, und bis es so weit ist, wirst du dich in den Schatten versteckt halten und an Orten wohnen, denen sich kein Mensch nähert. Abwasserkanalisationen. Höhlen. Orte, neben denen dieses Bootshaus luxuriös wirkt.«
Chloe nickte und schaute mit großen, ernsten Augen zu Stefano auf. »I ch werde alles tun, was ich tun muss«, versicherte sie ihm. »D as ist meine zweite Chance– das habe ich begriffen. Ich werde lernen, mich zu beherrschen.«
Stefano schenkte ihr ein kleines Lächeln. »I ch hoffe es, Chloe«, erwiderte er. Dann rieb er sich erschöpft den Nasenrücken und drehte sich zu Matt um. »E s gibt einiges, das du tun kannst, um ihr zu helfen«, erklärte Stefano ihm. »S ie ist jung. Es ist wichtig, dass sie reichlich Blut bekommt. Sonst wird sie nicht in der Lage sein, an irgendetwas anderes zu denken.«
Matt wollte etwas sagen, aber Stefano fiel ihm ins Wort. » N icht dein Blut. Tierblut. Wenn du mit ihr zum Jagen in den Wald gehst, kannst du ihr dabei helfen, sich von den Menschen fernzuhalten. Du kannst ihr auch Tiere bringen, wenn sie das Gefühl hat, dass sie nicht selbst losziehen kann.« Matt nickte und Stefano wandte sich wieder an Chloe. »D u bist jetzt schnell und stark; du wirst in der Lage sein, Rehe zu fangen, wenn du das willst. Und wenn
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