Tagebuch (German Edition)
Beinen liegt.
Der Abend endete mit einem Kuss, ein bisschen neben dem Mund. Es ist wirklich ein tolles Gefühl!
Vielleicht nehme ich mein Schöne-Sätze-Buch doch mal mit hinauf, um endlich etwas tiefer auf die Dinge einzugehen. Ich finde keine Befriedigung darin, sich Tag um Tag immer nur in den Armen zu liegen, und wünsche mir, dass es ihm auch so geht.
Wir haben nach unserem unbeständigen Winter wieder ein prachtvolles Frühjahr. Der April ist tatsächlich wunderbar, nicht zu warm und nicht zu kalt und ab und zu ein kleiner Regenschauer. Unsere Kastanie ist schon ziemlich grün, und hier und da sieht man sogar schon kleine Kerzen.
Bep hat uns am Samstag Blumen gebracht, drei Sträuße Narzissen, und für mich Traubenhyazinthen. Und Herr Kugler versorgt uns immer besser mit Zeitungen.
Ich muss Algebra machen, Kitty, auf Wiedersehen!
Deine Anne M. Frank
Mittwoch, 19. April
Lieber Schatz!
(Das ist der Titel eines Films mit Dorit Kreysler, Ida Wüst und Harald Paulsen.)
Was gibt es Schöneres auf der Welt, als aus einem offenen Fenster hinaus in die Natur zu schauen, die Vögel pfeifen zu hören, die Sonne auf den Wangen zu fühlen und einen lieben Jungen in den Armen zu haben? Es ist so ruhig und sicher, seinen Arm um mich zu fühlen, ihn nahe zu wissen und doch zu schweigen. Es kann nicht schlecht sein, denn diese Ruhe ist gut. Oh, wenn sie doch nie gestört würde, noch nicht einmal von Mouschi!
Deine Anne M. Frank
Freitag, 21. April 1944
Liebste Kitty!
Gestern Nachmittag lag ich mit Halsweh im Bett, aber weil ich mich schon am ersten Tag langweilte und kein Fieber hatte, bin ich heute wieder aufgestanden. Das Halsweh ist auch fast verschwunden.
Gestern wurde, wie du vermutlich gemerkt hast, unser »Führer« 55 Jahre alt. Heute ist der achtzehnte Geburtstag Ihrer Königlichen Hoheit, der Kronprinzessin Elisabeth von York. Im BBC wurde durchgegeben, dass sie noch nicht für volljährig erklärt worden ist, wie es bei Prinzessinnen sonst der Fall ist. Wir haben uns schon gefragt, mit welchem Prinzen diese Schönheit mal verheiratet wird, konnten jedoch keinen geeigneten finden. Vielleicht kann ihre Schwester, Prinzessin Margaret Rose, den Kronprinzen Baudouin von Belgien bekommen.
Hier geraten wir von einer Misere in die andere. Kaum haben wir nun die Außentüren gut verrammelt, tritt van Maaren, der Lagerarbeiter, wieder in Erscheinung. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat er Kartoffelmehl gestohlen und will jetzt Bep die Schuld in die Schuhe schieben. Das Hinterhaus ist begreiflicherweise in Aufruhr. Bep ist außer sich vor Wut. Vielleicht lässt Kugler dieses heruntergekommene Subjekt jetzt beschatten.
Heute Morgen war ein Schätzer aus der Beethovenstraat hier. Er will für unsere Truhe 400 Gulden geben. Auch seine anderen Angebote sind unserer Meinung nach zu niedrig.
Ich will bei der Zeitung anfragen, ob sie ein Märchen von mir nehmen wollen, natürlich unter einem Pseudonym. Aber weil meine Märchen noch zu lang sind, glaube ich nicht, dass ich viel Aussicht auf Erfolg habe.
Bis zum nächsten Mal, Darling!
Deine Anne M. Frank
Dienstag, 25. April 1944
Liebe Kitty!
Seit ungefähr zehn Tagen spricht Dussel wieder nicht mit van Daan, und das nur, weil wir nach dem Einbruch eine ganze Menge neuer Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben. Eine davon ist, dass er abends nicht mehr hinunter darf. Peter macht jeden Abend um halb zehn mit Herrn van Daan die letzte Runde, und dann darf niemand mehr hinunter. Von abends acht Uhr an darf auch die Klospülung nicht mehr gezogen werden, auch morgens um acht nicht. Die Fenster gehen erst auf, wenn in Kuglers Büro das Licht brennt, und abends dürfen keine Stöckchen mehr dazwischengesteckt werden. Letzteres ist der Anlass zu Dussels Schmollen gewesen. Er behauptet, dass van Daan ihn angeschnauzt habe, aber daran ist er selbst schuld. Er sagte auch, dass er eher ohne Essen als ohne Luft leben könne und eine Methode gefunden werden müsse, die Fenster zu öffnen.
»Ich werde mit Herrn Kugler darüber sprechen«, sagte er zu mir. Ich antwortete, dass solche Dinge nie von Herrn Kugler beschlossen werden, sondern in der Gemeinschaft.
»Alles passiert hier hinter meinem Rücken, dann werde ich wohl mit deinem Vater darüber sprechen.«
Er darf sich samstags nachmittags und sonntags auch nicht mehr in Kuglers Büro setzen, weil der Chef der Nachbarfirma ihn da hören könnte, falls er käme. Prompt setzte sich Dussel doch rein. Van Daan war
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