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Tagebuch (German Edition)

Tagebuch (German Edition)

Titel: Tagebuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Frank
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mir auf dem Herzen liegt, den übrigen Tag bin ich so frech, fröhlich und selbstbewusst wie möglich, um alle Fragen zu vermeiden, und ärgere mich innerlich über mich selbst.
    Margot ist sehr lieb und möchte gern meine Vertraute sein, aber ich kann ihr doch nicht alles sagen. Ihr fehlt es an Ungezwungenheit. Sie nimmt mich ernst, viel zu ernst, und denkt lange über ihre verrückte Schwester nach. Sie schaut mich bei allem, was ich sage, prüfend an und denkt: Ist das jetzt Komödie, oder meint sie es wirklich?
    Wir sind eben dauernd zusammen, und ich könnte meine Vertraute nicht immer um mich haben.
    Wann komme ich wieder heraus aus diesem Wirrwarr von Gedanken? Wann wird wieder Ruhe und Frieden in mir sein?
    Deine Anne

Dienstag, 14. März 1944
    Liebe Kitty!
    Für dich ist es vielleicht vergnüglich (für mich weniger) zu hören, was wir heute essen werden. Da die Putzfrau unten ist, sitze ich im Augenblick bei van Daans am Wachstuchtisch und habe ein Taschentuch, das mit wohlriechendem Parfüm aus der Vorversteckzeit durchzogen ist, gegen Mund und Nase gedrückt. Das wirst du so natürlich nicht verstehen, also »mit dem Anfang beginnen«.
    Da unsere Markenlieferanten festgenommen worden sind, haben wir außer unseren fünf schwarzen Lebensmittelkarten keine Marken und kein Fett. Und weil Miep und Kleiman wieder krank sind, kann Bep auch nichts besorgen. Und weil die ganze Stimmung trübselig ist, ist es das Essen auch. Ab morgen haben wir kein Stückchen Fett, Butter oder Margarine mehr. Zum Frühstück gibt es nun nicht mehr Bratkartoffeln (aus Brotersparnis), sondern Brei, und da Frau van Daan glaubt, dass wir verhungern, haben wir dafür extra Vollmilch gekauft. Unser Mittagessen heute ist Grünkohleintopf aus dem Fass. Daher auch die Vorsichtsmaßnahme mit dem Taschentuch. Unglaublich, wie Grünkohl, der wahrscheinlich ein paar Jahre alt ist, stinken kann! Es riecht hier im Zimmer nach einer Mischung aus verdorbenen Pflaumen, Konservierungsmittel und faulen Eiern. Bah, mir wird schon übel allein bei dem Gedanken, dass ich dieses Zeug essen muss!
    Dazu kommt noch, dass sich unsere Kartoffeln sonderbare Krankheiten zugezogen haben und von zwei Eimern »pommes de terre« einer im Herd landet. Wir machen uns einen Spaß daraus, die verschiedenen Krankheiten herauszufinden, und sind zu dem Schluss gekommen, dass Krebs, Pocken und Masern einander abwechseln. O ja, es ist kein Vergnügen, im vierten Kriegsjahr versteckt zu leben. Wäre der ganze Mist nur schon vorbei!
    Ehrlich gesagt, mir würde das Essen nicht so viel ausmachen, wenn es sonst etwas vergnüglicher hier wäre. Der Haken ist, dass dieses langweilige Leben anfängt, uns unleidlich zu machen. Hier folgen die Meinungen von fünf erwachsenen Untertauchern über den gegenwärtigen Zustand (Kinder dürfen keine Meinung haben, ich habe mich für diesmal daran gehalten).
    Frau van Daan:
    »Die Arbeit als Küchenfee gefällt mir schon lange nicht mehr, aber dazusitzen und nichts zu tun zu haben ist langweilig. Also koche ich doch wieder und beklage mich: ›Kochen ohne Fett ist unmöglich. Mir wird übel von all den ekelhaften Gerüchen. Nichts als Undankbarkeit und Geschrei ist der Lohn für meine Mühe. Ich bin immer das schwarze Schaf, an allem bekomme ich die Schuld.‹ Ferner bin ich der Meinung, dass der Krieg nicht viel Fortschritte macht, die Deutschen werden am Schluss doch noch gewinnen. Ich habe schreckliche Angst, dass wir verhungern, und schimpfe jeden aus, wenn ich schlechte Laune habe.«
    Herr van Daan:
    »Ich muss rauchen, rauchen, rauchen, dann sind Essen, Politik und Kerlis Launen nicht so schlimm, und Kerli ist eine liebe Frau. Wenn ich nichts zu rauchen bekomme, dann werde ich krank, dann brauche ich Fleisch. Dann leben wir zu schlecht, ist nichts gut genug, es folgt bestimmt ein heftiger Streit, und meine Kerli ist eine schrecklich dumme Frau.«
    Frau Frank:
    »Das Essen ist nicht so wichtig, aber gerade jetzt hätte ich gerne eine Scheibe Roggenbrot, denn ich habe schrecklichen Hunger. Wenn ich Frau van Daan wäre, hätte ich dem ewigen Rauchen meines Mannes schon längst einen Riegel vorgeschoben. Aber jetzt brauche ich dringend eine Zigarette, ich habe schon einen ganz blöden Kopf. Die van Daans sind schreckliche Leute, die Engländer machen viele Fehler, aber der Krieg geht voran. Ich muss reden und froh sein, dass ich nicht in Polen bin.«
    Herr Frank:
    »Alles in Ordnung, ich brauche nichts. Immer mit der Ruhe, wir haben

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