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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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hatte alle Segel gesetzt, die aber wegen des immer steifer wehenden Monsuns teilweise gerefft waren. Als sie aus dem westlichen Sund lief und die volle Kraft der Dünung und des Windes zu spüren bekam, legte sie sich stark über. Der Wind begann sein Lied in der Takelage zu singen.
    »Südost zu Süd!« brüllte Struan durch den Wind.
    »Südost zu Süd, Sir«, wiederholte der Rudergast.
    Struan warf einen Blick in die Wanten, die sich gegen die herabsinkende Nacht abzeichneten. Es tat ihm leid, daß so viel Segelfläche gerefft war. Aber er wußte, daß bei diesem Ostwind und diesem Seegang die Reffe beibehalten werden mußten.
    Die China Cloud schlug ihren neuen Kurs ein und glitt in die Nacht hinein, immer noch schwer gegen Seegang und Wind ankreuzend. Nach einiger Zeit würde er jedoch erneut wenden, und dann hatte das Schiff raumen Wind und konnte glatte Fahrt machen. Nach einer Stunde brüllte Struan: »Alle Mann an Deck – klar zur Wende!«
    Die Männer kamen vom Vorschiff herbeigeeilt und standen in der Dunkelheit auf ihren Stationen an den Schoten, Enden und Fallen. »Südwest zu Süd!« befahl er, und der Rudergast drückte das Ruder auf den neuen Kurs. Der Klipper wendete durch den Wind. Die Rahen ächzten und dehnten sich nach Lee, die Falle knarrten und streckten sich. Dann lag das Schiff auf dem neuen Kurs, und Struan schrie: »Großsegel und Bramsegel Reffe ausschütten!«
    Das Schiff schnitt durch die Wogen, der Wind kam genau von achtern, die Bugwelle stäubte.
    »Klar Deck!« befahl Struan. »Kurs halten!«
    »Jawohl, Sir«, antwortete der Rudergast und kniff die Augen zusammen, um die Nadel im flackernden Licht des Kompaßgehäuses erkennen zu können. Das Ruder in seinen Händen erbebte.
    »Übernehmen Sie die Wache, Käpt'n Orlow!«
    »Ist allmählich an der Zeit, Grünauge.«
    »Vielleicht können Sie noch mehr Geschwindigkeit herausholen«, sagte Struan. »Ich muß so schnell wie möglich in Macao sein!« Damit ging er nach unten.
    Orlow dankte seinem Gott, daß er, wie stets, zu sofortigem Auslaufen bereit gewesen war. Als er das Gesicht des Tai-Pan gesehen hatte, war ihm sofort klar gewesen, daß er die China Cloud in Rekordzeit aus dem Hafen hinauszumanövrieren hatte, oder er würde sehr bald ohne Schiff dastehen. Und obwohl er sich als vorsichtiger Seemann sagte, es sei gefährlich, bei Nacht in einer See, in der es Untiefen und Riffe gab, mit so viel Zeug zu fahren, brüllte er in wilder Freude: »Mars- und Oberbramsegel Reffe ausschütten!« Er genoß die Freiheit, nach so viel Tagen vor Anker wieder auf hoher See zu sein und das Kommando zu haben. Er ließ einen Strich nach steuerbord abfallen und noch mehr Reffe herausnehmen. Unnachgiebig holte er das Äußerste aus dem Schiff heraus. »Lassen Sie das vordere Beiboot klarmachen, Mr. Cudahy! Weiß Gott, besser, es ist klar, wenn der Alte wieder an Deck kommt – und lassen Sie auch die Lotsenlaterne setzen!«
    »Jawohl, Sir.«
    »Befehl zurück. Keine Lotsenlaterne setzen! Zu einer solchen Nachtstunde kriegen wir keinen Lotsen!« rief Orlow. Er hatte es sich anders überlegt. »Ich werde nicht erst bis zur Morgendämmerung und auf einen dieser verdammten Lotsen warten. Ich bringe das Schiff selber in den Hafen. Wir haben kostbare Ladung an Bord.«
    Cudahy beugte sich vor, bis seine Lippen Orlows Ohr ganz nah waren. »Ist sie diejenige, Sir? Die, auf die er so scharf war, daß er ihr Gewicht mit Gold aufgewogen hat? Haben Sie ihr Gesicht gesehen?«
    »Machen Sie, daß Sie nach vorn kommen, oder Sie bekommen meinen Hosenriemen zu spüren. Und halten Sie Ihr Maul! Sie können auch gleich, zum Teufel noch mal, den Leuten zu verstehen geben, daß kein Mensch von Bord kommt, wenn wir in Macao sind!«
    »Jawohl, Sir, mein ehrenwerter Kapitän!« rief Cudahy mit einem Lachen und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Gewaltig stand er neben dem kleinen Mann, den er mochte und bewunderte. »Unsere Münder werden fest verschlossen sein wie Muscheln, das schwöre ich Ihnen. In der Hinsicht ist nichts zu befürchten!« Dann eilte er den Niedergang vom Achterdeck hinunter und ging nach vorn.
    Orlow schritt auf dem Achterdeck hin und her und fragte sich, was es mit der ganzen Geheimnistuerei auf sich haben mochte. Was fehlte der schmächtigen, in Tücher gehüllten Frau, die der Tai-Pan auf seinen Armen an Bord getragen hatte? Als er den untersetzten Chinesen Fong erblickte, der Cudahy wie ein treuer Hund folgte, fragte er sich erneut, warum

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