Tai-Pan
Ihr Auftreten recht seltsam.«
»Mag sein. Aber ich gehe davon aus, daß wir, gleichgültig, wie ich mich benehme, und gleichgültig, was Sie von mir denken oder ich von Ihnen – ein Geschäft miteinander machen können. Besitzen Sie Cinchona? Wenn Sie sie besitzen, kann man mit ihr die Happy-Valley-Malaria heilen? Und wenn ja, wie hoch ist Ihr Preis?«
Im Zimmer war es nun sehr still. Aber hinter dieser Stille waren die Gedanken der beiden Männer und die Kräfte des Willens spürbar.
»Ich kann im Augenblick keine dieser Fragen beantworten«, erklärte der Bischof.
Struan erhob sich. »Ich werde heute abend wiederkommen.«
»Es ist nicht nötig, daß Sie wiederkommen, Senhor.«
»Wollen Sie damit sagen, daß Sie zu einem solchen Handel nicht bereit sind?«
»Ich meine nur, daß es heute abend noch zu früh ist. Es dauert seine Zeit, bis ich mit jedem Arzt in Verbindung getreten bin und eine Antwort erhalten habe. Sobald ich Bescheid weiß, lasse ich es Sie wissen. Sie sollen eine Antwort auf alle Ihre Fragen erhalten. Wo sind Sie zu erreichen? Auf der China Cloud oder in Ihrem Haus?«
»Ich werde einen Mann schicken, der auf Ihren Stufen sitzt und wartet.«
»Das ist nicht nötig. Ich werde Sie benachrichtigen.« Der Bischof blieb in seinem Sessel sitzen. Als er aber Struans tiefe Sorge bemerkte, fügte er mitfühlend hinzu: »Quälen Sie sich nicht, Senhor. Ich werde in Christi Namen eine Nachricht an beide Stellen schicken.«
»Ich danke Ihnen.« Als Struan sich entfernte, hörte er den Bischof sagen: »Gehen Sie mit Gott«, aber er blieb nicht stehen. Hinter ihm fiel die Eingangstür dröhnend ins Schloß. In der Stille seines kleinen Zimmers seufzte der Bischof tief auf. Er blickte auf das juwelenbesetzte Kruzifix auf seiner Brust. Schweigend sprach er ein Gebet. Dann ließ er seinen Sekretär kommen und gab Anweisung, mit den Nachforschungen zu beginnen. Wieder allein, ließ er in sich die drei Persönlichkeiten zu Wort kommen, die alle hohen Würdenträger der Kirche in sich vereinen müssen. Petrus, den ersten Bischof Christi; den kriegerischen Wächter der ecclesia militans; und schließlich den einfachen Menschen, der an die Lehren eines einfachen Mannes – Gottes Sohn – glaubte.
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und ließ diese drei Stimmen miteinander streiten. Und er lauschte ihnen.
34
Struan ging die Marmorstufen seines Kontorhauses in Macao hinauf, müde zwar, aber doch merkwürdig beruhigt. Ich habe alles getan, was ich konnte, dachte er.
Bevor er noch die Tür öffnen konnte, wurde sie schwungvoll aufgerissen. Lo Tschum, der Aufseher der Diener von Noble House in Macao, strahlte ihn mit zahnlosem Mund an. Er war ein kleiner alter Mann mit einem Gesicht von der Farbe alten Elfenbeins und einem koboldhaften Lächeln. Seitdem sich Struan einen Diener hatte leisten können, war er in seinem Dienst. Er trug einen sauberen weißen Kittel, schwarze Hosen und geflochtene Sandalen.
»Hallo-ah, Tai-Pan. Bald fertig, Frühstück fertig, Kleidern fertig, für was Tai-Pan wollen, können? Schon gut.«
»Heja, Lo Tschum.« Struan wunderte sich immer von neuem über die Geschwindigkeit, mit der sich in diesem Land Nachrichten verbreiteten. Er wußte, daß er auch auf die gleiche Weise begrüßt worden wäre, wenn er nur die Pier entlang und sofort in das Kontorhaus gegangen wäre. Die Tür wäre genauso aufgerissen worden und Lo Tschum hätte ebenso dagestanden wie jetzt.
»Bad, Kleidern können«, sagte Struan.
»Kommissionär Tschen Scheng hier gewesen, gegangen sein. Sagen, zurückkommen neun Uhr. Können?«
»Können«, antwortete Struan müde.
Lo Tschum schloß die Tür, eilte vor Struan die Marmortreppe hinauf und öffnete die Tür zum Schlafzimmer des Hausherrn. Die große eiserne Sitzbadewanne war wie immer mit dampfendem Wasser gefüllt, ein Glas Milch stand auf einem kleinen Tisch, sein Rasierzeug war ausgebreitet, ein frisches Hemd und Kleidungsstücke lagen auf dem Bett – alles wie immer. Es ist schön, zu Hause zu sein, dachte Struan.
»Tai-Pan wollen Cow Chillo in Bad, heja?« Wieherndes Gelächter.
»Ajii jah! Lo Tschum! Immer reden sehr schlimme Dinge, immer reden von hupp-hupp Cow Chillo in Bad, schon gut. Master Culum wecken – sagen hiersein, können!« sagte Struan und zog seine verschwitzten Kleider aus.
»Maste' Culum nicht schlaf-schlaf.«
»Wohin Master gehen?« fragte Struan.
Lo Tschum sammelte die Kleidungsstücke ein und zuckte die Achseln.
»Ganze
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