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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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betrunkener als sonst.
    Culum, du verdammter Idiot, dachte Struan. Du solltest doch etwas klüger sein. Plötzlich bemerkte er einen tadellos gekleideten Diener mit Perücke und in Livree, der sich dem Haus näherte. Er erkannte sofort das Wappen des Bischofs. Der Mann ging ohne jede Eile die praia entlang, jedoch an dem Haus vorbei, ohne stehenzubleiben, und verschwand am anderen Ende der praia.
    Das Tageslicht nahm nun rasch ab, und der Schein der Öllampen zu beiden Seiten der Promenade begann das Zwielicht zu durchdringen. Plötzlich bemerkte Struan eine mit Vorhängen verhangene Sänfte, die vor dem Haus stehenblieb. Zwei Kulis, in der Dämmerung noch zu erkennen, ließen die Sänfte stehen und tauchten in einer Gasse unter.
    Struan stürzte aus dem Zimmer und die Treppe hinunter.
    In der Sänfte lehnte Culum mit zerrissener und von Erbrochenem besudelter Kleidung. Er stank nach Alkohol.
    Struan war eher belustigt als zornig. Er stellte Culum auf die Beine, nahm ihn über die Schulter und trug ihn, ohne auf die erstaunten Blicke der Passanten zu achten, ins Haus.
    »Lo Tschum! Bad, schnell-schnell!«
    Struan legte Culum aufs Bett und zog ihn aus. Weder Brust noch Rücken wiesen irgendwelche Verletzungen auf. Er drehte ihn wieder herum. Kratzwunden in der Magengegend. Und dunkel angelaufene Spuren von Liebesbissen.
    »Du Idiot«, stieß er hervor und setzte seine Untersuchung rasch, aber gründlich fort. Keine gebrochenen Glieder, keine fehlenden Zähne. Siegelring und Uhr verschwunden. Die Taschen leer.
    »Hast dich schön ausnehmen lassen, mein Junge. Vielleicht zum ersten-, aber bestimmt nicht zum letztenmal.« Struan wußte, daß es einer der alten Tricks in Freudenhäusern war, einem Mann eine Droge ins Getränk zu schütten.
    Diener kamen mit Eimern warmen Wassers und füllten die eiserne Badewanne. Struan hob Culum in die Wanne, seifte ihn ein und wusch ihn mit dem Schwamm ab. Lo Tschum hielt den Kopf fest, der immer wieder zur Seite fiel.
    »Maste' viel schrecklich verrückt trinken, viel schrecklich Hupp-hupp machen, heja.«
    »Ajii jah!« sagte Struan. Als er Culum aus der Wanne hob, schoß ein stechender Schmerz durch seinen linken Knöchel. Das viele Herumlaufen an diesem Tag hatte seinen Knöchel mehr angestrengt, als ihm bewußt geworden war. Ich werde ihn am besten ein paar Tage lang fest bandagieren, dachte er.
    Er trocknete Culum ab, legte ihn ins Bett und versetzte ihm ein paar leichte Schläge ins Gesicht, aber auch das brachte ihn nicht zu sich. So aß er zu Abend und wartete. Im Verlauf der Stunden machte er sich jedoch immer größere Sorgen, denn er wußte, daß Culum, auch wenn er noch soviel getrunken hatte, nun zu sich hätte kommen müssen.
    Culums Atem war tief und regelmäßig, der Herzschlag kräftig.
    Struan stand auf und streckte sich. Es blieb ihm nichts anderes übrig als zu warten. »Ich gehen Nummer-eins Missie. Du bleiben aufpassen sehr gut, heja?« sagte er.
    »Lo Tschum aufpassen wie Mummah!«
    »Nachricht bringen, versteh'? Welche Zeit Master aufwachen, ganz gleich, Nachricht bringen. Versteh'?«
    »Für was Tai-Pan sagen ›versteh'‹, heja? Immer verstehen sehr gut, macht nichts. Heja?«
    Aber Lo Tschum schickte in dieser Nacht keine Nachricht mehr.
    Bei Sonnenaufgang verließ Struan May-mays Haus und kehrte ins Kontorhaus zurück. May-may hatte friedlich geschlafen, aber Struan hatte jeden Schritt eines Vorübergehenden und jede Sänfte gehört – und vieles, was ihm nur die überreizten Sinne vorgegaukelt hatten.
    Lo Tschum öffnete ihm die Eingangstür. »Für was Tai-Pan so früh, heja? Frühstück bereit, Bad bereit, für was Tai-Pan wollen so früh, heja?«
    »Master aufwachen, heja?«
    »Für was fragen. Wenn aufwachen, ich Nachricht schicken. Ich verstehen Menge sehr gut, Tai-Pan«, erwiderte Lo Tschum, in seiner Ehre verletzt.
    Struan ging nach oben. Culum lag noch immer in tiefem Schlaf.
    »Einmal, zweimal Maste' so machen …« Lo Tschum stöhnte, blies die Backen auf, schnaufte, gähnte und ächzte laut.
    Nach dem Frühstück ließ Struan Liza und Tess ausrichten, Culum sei zurückgekehrt; aber er teilte ihnen nicht mit, in welchem Zustand. Dann bemühte er sich, seine Gedanken wieder auf die Geschäfte zu richten. Er unterzeichnete Papiere und genehmigte höhere Ausgaben für die Bautätigkeit in Hongkong, wobei er sich über die wieder gestiegenen Kosten für Bauholz, Ziegelsteine und Arbeitskräfte, für alle möglichen Arten des Schiffsproviants, der

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