Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taken

Taken

Titel: Taken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Bowman
Vom Netzwerk:
durchzuschneiden, scheiterte jedoch. Jeq wurde wegen versuchten Mordes vor den Rat gestellt und dazu verurteilt, über die Mauer zu klettern. Seine Leiche kehrte einen Tag später zurück. Auf diese Art haben die Bürger von Claysoot ihn hingerichtet.
    Aber das erscheint mir ganz anders als die Geschichten, die die Seiten vor mir füllen und wo Menschen für Vergehen verfolgt werden, die mit Mord nicht vergleichbar sind: Sie haben ein bestimmtes Buch gelesen, auf einem öffentlichen Platz gesprochen oder Themen unterrichtet, die man für unangemessen hält. Ich gewinne den Eindruck, dass Elijah unschuldig ist, und die meisten anderen Menschen auch. Vor allem die, die als hingerichtet bezeichnet werden. Kurz zuvor hatte ich zwiespältige Gefühle wegen des getöteten Diebs, aber diese Aufzeichnungen hier lassen keinen Raum für Zweifel. Diese Leute hatten nichts Verkehrtes getan.
    »Was glaubst du, was das bedeutet, Gray? Diese Akten?« Emmas Gesicht ist blass geworden.
    Ich werfe einen Blick zur Tür und dann wieder auf den Tisch. Frank weiß von diesen Hinrichtungen. Jede Seite trägt seine Unterschrift. Frank, der mir die Hand auf die Schulter gelegt und wie ein Vater mit mir geredet hat, der wollte, dass ich ihm helfe. Und vielleicht muss ich ihm immer noch helfen. Der wahre Feind ist Harvey, aber mit jeder Akte, die wir lesen, kommt Frank mir immer weniger wie ein Verbündeter vor.
    »Ich frage mich, ob die Rebellen nur Opfer sind«, meine ich, indem ich versuche, eine Logik in das Gelesene zu bringen, »die sich zusammentun und gegen Taem rebellieren.« Im Flüsterton spreche ich weiter. »Und gegen Frank.«
    »Aber müssen sie sich dazu auf Harveys Seite schlagen? Das ist abscheulich.«
    »Vielleicht finden sie, dass er das kleinere Übel ist. Frank tötet ihre Freunde und ihre Familie – nein, er richtet sie hin. Harvey hat ein einziges Experiment durchgeführt, an Leuten, die sie nicht einmal kennen. Wenn die Rebellen nicht alles wissen, dann kann ich nachvollziehen, warum sie sich Harvey anschließen. Oder wahrscheinlich Elijah, wenn man nach diesen Akten geht.«
    Nervös verschlingt Emma die Finger. »Gray? Und wenn Frank nicht zu den Guten gehört?«
    Darüber denke ich einen Moment nach. Ich kann nicht behaupten, dass mir der Gedanke nicht auch gekommen ist, nachdem ich die Dokumente gelesen habe. »Aber warum hat Frank sich dann überhaupt damit abgegeben, uns zu helfen? Warum sollte er sich die Mühe machen, uns aus dem Äußeren Ring zu retten?«
    Emma knetet weiter ihre Finger und fährt sich mit den Daumen über die Knöchel. »Weil wir denken sollen, dass er auf unserer Seite steht. Vielleicht ist alles nur vorgespiegelt.«
    Wenn ich Vorbehalte hatte, dann nährt Emma diese Saat des Zweifels noch. Die Tatsachen in diesen Akten passen nicht zu dem, was man mir erzählt hat. Und selbst wenn es Frank gelingt, Claysoot zu befreien, möchte ich dann in seiner Welt leben? Wo man wegen einer anscheinend harmlosen Tat getötet werden kann?
    »Wir müssen Blaine suchen«, erkläre ich. »Wir müssen ihm von diesen Akten erzählen, und dann müssen wir von hier verschwinden. Wir können Harvey selbst suchen und ihn zwingen, Claysoot zu befreien, und danach müssen wir alle so weit wie möglich von dieser Stadt wegführen.«
    »Was für ein ausgefeilter Plan.« In der Tür steht Marco und lächelt boshaft. »Wenn man bedenkt, dass Frank sich in deiner Gesellschaft sogar wohlgefühlt hat. Er wird schrecklich enttäuscht sein, wenn er erfährt, dass ihr beide euch gegen ihn gestellt habt.« Marco wirkt äußerst selbstzufrieden, und mir wird mit einem Schlag alles klar – was das zu bedeuten hat, in was für große Schwierigkeiten ich nicht nur mich selbst, sondern auch Emma gebracht habe. Wie bin ich nur darauf gekommen, dass das eine gute Idee wäre? Warum musste ich sie mit mir hinunterziehen?
    Zuerst packt Marco Emma. Ich versuche, ihn schreiend wegzustoßen, aber er ist stärker. Und dann steht ein weiteres Ordensmitglied im Raum und hält Emma fest, damit Marco mir die Hände fesseln kann. Er lässt zwei Metallschellen um meine Handgelenke schnappen, sodass ich gefesselt bin wie der Wasserdieb. Dann umfasst er mein Kinn und beugt sich so weit zu mir herunter, dass ich in seinem gesunden Auge mein Spiegelbild erkennen kann.
    »Anscheinend hatte ich von Tag eins an recht, als ich dich in eine Zelle gesteckt habe. Welche Ironie.« Er richtet sich auf. »Mal sehen, was Frank jetzt mit euch anfangen

Weitere Kostenlose Bücher