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Taken

Taken

Titel: Taken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Bowman
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können Sie von derselben Person nicht ein zweites oder drittes machen? Ich begreife nicht, was Sie davon abhält.«
    »Der Prozess ist sehr kompliziert«, erklärt Harvey. »Wenn ich von dir, Gray, zu viele Duplikate anfertigen würde, dann würde dich das umbringen. Ich kopiere nicht nur deine körperlichen Eigenschaften, sondern auch deinen Verstand, deine Persönlichkeit und deine Erinnerungen. Man kann das menschliche Gehirn nur bis an einen gewissen Punkt belasten, bevor es versagt. Ich habe mich dann stattdessen darauf konzentriert, die Kopie eines Duplikats zu schaffen, aber das ist ein noch verlustreicherer Prozess. Jede Generation ist schwächer als die vorhergehende. Gewisse Teile der Software greifen nicht richtig ineinander, und die Kopien der Duplikate sind schließlich ungehorsam. Sie werden fehlerhaft. Wahrscheinlich hätte ich das Problem irgendwann gelöst.« Er setzt die Brille wieder auf und zwinkert mir zu. »Glücklicherweise bin ich inzwischen darüber hinweg, Frank erfreuen zu wollen.«
    An bestimmten Tagen, wenn die Berichte der Kundschafter positiv sind und der Orden nicht in der Nähe ist, darf ich nach draußen. Es ist gut, die Sonne wieder zu spüren, belebend. Eines Tages trete ich hinaus und ein frischer Herbstwind zerzaust mir die Haare. Die steifen Stoppeln sind so weit nachgewachsen, dass sie wieder weich sind, mir in die Augen fallen und sich hinter meinen Ohren locken.
    Wenn ich durch die Wälder gehe, habe ich das Gefühl, zurück in Claysoot zu sein. An manchen Tagen wünsche ich mir, ich wäre wirklich dort und das Leben wäre einfach. Aber Claysoot kann nie wieder eine Heimat für mich sein, wo ich mich wohlfühle, denn auch mit seinen Strukturen, seinen Regeln und seiner Sicherheit ist es eine Fälschung. In Crevice Valley ist alles kompliziert, aber alles geschieht, weil seine Bewohner es so wollen. Nichts, was größer als sie selbst ist, hat sie eingesperrt oder hält sie gefangen.
    Manchmal, wenn Bree auf eine Aufklärungsmission oder zum Wasserholen geschickt wird, gehe ich zu dem grasbewachsenen Friedhof, der in den Hügeln jenseits des Hintereingangs von Mount Martyr liegt. Ich habe den Eindruck, dass jedes Mal ein frischer Erdhügel neu aus dem Gras emporgewachsen ist wie ein Gänseblümchen, das sich nach der Sonne reckt. Mein Vater sagt, das sei nur der Anfang, und dass der Kampf noch gar nicht richtig begonnen hat. Wenn Bree fort ist, leiste ich den Toten Gesellschaft und suche Zuflucht unter den namenlosen Körpern, die unter dem Boden liegen, doch selbst dann fühle ich mich merkwürdig allein, wie ein Geist in einem Menschenmeer.
    Ich weiß nicht, warum ich mich so an Bree klammere, aber jedes Mal, wenn sie fortgeht, fühle ich mich ein wenig verloren. Mir fehlen ihr Temperament und ihre finstere Miene, ihre Ungezügeltheit und ihre abfälligen Bemerkungen. Jedes Mal, wenn sie zurückkommt, überlege ich, ob ich ihr das sagen soll, aber so weit kommt es nie. Manchmal denke ich sogar darüber nach, sie zu fragen, ob sie diesen Kuss immer noch will. Aber dann schleicht sich Emma in meine Gedanken – Emma, die seit Monaten ein Schmerz in meiner Brust ist, eine Qual, und ich bete täglich darum, dass diese Qual durch ein Wiedersehen gelindert wird. Und so lasse ich die Gefühle für Bree, die in mir aufsteigen, wenn sie mir ein Lächeln zuwirft oder mich spielerisch gegen den Arm boxt, immer verklingen.
    Spät im Herbst, als die Tage viel kürzer und die Abende kühl geworden sind, komme ich in meinem Training an einen Punkt, an dem man mich für kampffähig erklärt. Mein Vater setzt mich auf die Liste der Aktiven, und meine Aufregung wächst. Blaine, immer der große Bruder, macht sich Sorgen, aber da er sich noch erholt, kann er nicht anbieten, meinen Platz einzunehmen. Er kann zwar inzwischen ohne Krücken gehen, aber er hat noch ganze zwei Monate Training vor sich. Auch er muss seine Ausbildung absolvieren wie alle anderen.
    Meine erste Mission ist einfach: ein Einsatz als Kundschafter, der von Raid geleitet werden wird. Seit meiner Ankunft in Crevice Valley hat der Orden mehrmals versucht, Operation Frettchen zu wiederholen, und unsere Mission soll darin bestehen, die Gegend westlich von Mount Martyr auszukundschaften und sie entweder für unbedenklich zu erklären oder uns, falls wir den Orden dort antreffen, mit den Koordinaten zurückzumelden, damit eine Gruppe ausgeschickt werden kann, die einen Gegenschlag führt und die Männer aufreibt.
    Doch zu dieser

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