Takeover
aussehe. Als er jetzt in die Ankunftshalle des Flughafens trat, suchte sein Blick nach einer wartenden Frau. Er hatte sich bisher nicht überlegt, wie Judith aussehen könnte.
Als Erstes fiel ihm eine Frau in einem gestreiften Kostüm, kurzem Rock, blonden Haaren und unheimlich langen Beinen auf. Er wurde daran erinnert, wie er von Diana mit dem Fernrohr erwischt worden war. Gleichzeitig stellte er nüchtern fest, dass das wohl kaum Judith sein konnte, leider. Auf ihn wartete wahrscheinlich eine kleine, pummlige, übereifrige Doktorandin mit einer hässlichen Brille, die ein Genie am Computer war und sich für nichts sonst interessierte. Sein Blick kreuzte den Blick der blonden Frau in der Wartehalle, die seine Aufmerksamkeit bemerkte und mit einem genervten Gesichtstausdruck demonstrativ in die andere Richtung sah. Er nahm einen tiefen Atemzug und seufzte leise, ohne den Blick von dem Traum mit den langen Beinen zu nehmen.
»Auch wenn i hnen die Dame gefällt, sollten Sie sie nicht gleich mit Blicken auffressen. Ihr Seufzen gilt wohl dem Wissen, dass Sie sie nicht haben können ?«
Er drehte sich erschreckt um, vor ihm stand eine rothaarige junge Frau in Jeans und kurzem T-Shirt, das den Bauchnabel freigab.
»Hey, Herr Ranco , ich bin Judith Knowles .«
Es dauerte eine Weile, bis Ferry ihr die Hand reichen und auf Englisch erwidern konnte: »Hallo, nett Sie kennen zu lernen .«
Wieder einmal erwischt, dachte er, das wurde langsam zur Gewohnheit, und er merkte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg.
»Ich hatte einige Bedenken, den 200 Millionen-Mann hier abzuholen, den Herrn über eines der größten privaten Netzwerke der Welt, aber das hat sich gelegt .«
»Ach?«
»Weil Sie auch nur ein Mann sind, der Frauen anstarrt, so wie alle anderen .«
Er sah sie an und stellte dankbar fest, dass sie immer noch lächelte, sie war offensichtlich nicht böse, sondern eher belustigt. Und er bemerkte auch, dass sein Gegenüber wirklich attraktiv war. Rote, schulterlange Haare, grüne Augen. Ihr Busen zeichnete sich derart deutlich unter dem T-Shirt ab, dass er nicht verhindern konnte, dass sein Blick einige Sekunden daran hängen blieb und dann herunterwanderte bis zu den hochgekrempelten Hosenbeinen und den Füßen, die in einfachen Sandalen steckten.
»Wenn Sie mich genug gemustert haben, können wir dann los ?«
Wenn er sich bisher schon unwohl gefühlt hatte, war es jetzt endgültig aus. Ihr Blick wirkte dabei immer noch belustigt. Offensichtlich war sie es gewöhnt, von Männern angestarrt zu werden. Leo hätte ihn vorwarnen müssen und genau das hatte er mit Absicht unterlassen. Ferry nahm sich fest vor, ihm das heimzuzahlen. Aber wirklich böse konnte er ihm deswegen auch nicht sein.
»Es sind seit heute Morgen nur noch 180 .«
»Bitte?«
»Das heute bekannt gegebene Quartalsergebnis hat mich zwanzig Millionen Euro gekostet .«
»Nur noch 180 Millionen? Tja, so hat jeder seine Probleme .«
Er verfluchte bereits seine letzte Bemerkung. Damit stand er jetzt nicht nur wie ein Trottel da, sondern auch noch wie ein geldgieriger Idiot. Seine Augen klebten an ihren. Er zwang sich, nicht noch einmal an ihr herunterzusehen.
»Mein Auto steht da hinten. Immer mir nach.«
Und damit war sie schon auf dem Weg zum Ausgang. Ferry lief hinter ihr her und kam sich immer noch wie ein Trottel vor, aber das war ihm irgendwie egal. Wenigstens konnte er nun in Ruhe ihre Figur bewundern, ohne wieder erwischt und angeschnauzt zu werden.
Beim Hinausgehen kamen sie an der Blonden im Nadelstreifenkostüm vorbei, allerdings hatte Ferry jetzt keinen Blick mehr für sie. Inzwischen war auch der Mann eingetroffen, auf den sie wohl gewartet hatte, und sie lagen sich zur Begrüßung in den Armen. Als er an den Beiden vorbeikam, bemerkte Ferry, dass der Mann Judith hinterher sah. Auch die Blonde in Nadelstreifen hatte das mitbekommen und Ferry konnte sehen, wie sich ihr Blick verfinsterte. Wundervoll, dachte er und verließ den Flughafen gut gelaunt im Schlepptau von Judith. Immer noch als Trottel, aber dennoch mit dem Gefühl, eine Schlacht gewonnen zu haben.
Ferry und Judith fuhren zuerst schweigend nach Cambridge. Ferry wusste nicht, wie er ein Gespräch beginnen sollte, und vor allem hatte er Angst, wieder etwas Dummes zu sagen. Judith brach schließlich das Eis.
»Leo hat mir gegenüber nur angedeutet, um was es geht. Sie haben es mit einem Hackerangriff zu tun ?«
Das war ein Gesprächsthema, bei dem Ferry sich sicher
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