Takeover
Englisch miteinander bekannt.
»Judith, das ist Diana .«
Beide Frauen begrüßten sich vorsichtig und unsicher, was sie voneinander halten sollten.
»Kommt erst mal rein, wir müssen uns nicht im Hausflur begrüßen und dabei das ganze Haus unterhalten«, sagte Diana, die wieder ins Deutsche zurückfiel, und schob sie in die Wohnung, in der ihnen Angela entgegen kam.
»Hallo, ich bin Angela .« Angela gab zuerst Judith die Hand.
Angela hatte ein blaues Auge und Abschürfungen im Gesicht. Judith und Ferry musterten sie schockiert.
»Bitte, tut mir den Gefallen und seht mich nicht so entsetzt an. Ich weiß, dass ich fürchterlich aussehe. Aber gebt mir bitte nicht auch noch das Gefühl, als wäre ich Frau Frankenstein«, bemerkte Angela mit einem Lachen. »Ich habe nur einen kleinen, unbedeutenden Kampf verloren, mehr nicht. Diana und ich, wir waren gerade dabei, den neuen Schlachtplan zu besprechen. Ihr kommt also gerade recht. Wir werden dafür sorgen, dass der nächste Punkt wieder an uns geht .«
Angelas Entschlossenheit war ansteckend und die gedrückte Stimmung löste sich langsam.
»Ferry, wusstest du, dass Rosa Luxemburg Angelas Jugend-Idol war ?« , forschte Diana. »Ich komme mir richtig gewöhnlich vor, ich wollte immer nur Winnetou sein .«
Sie beschlossen, Pizza zu bestellen und alles Weitere beim Essen zu besprechen.
»Zum Glück gibt es Call-A-Pizza , ins Restaurant gehen ist noch nicht das Richtige für uns. Wir alten Kriegerinnen müssen noch ein wenig die Wunden lecken, bevor wir wieder gesellschaftsfähig sind«, sagte Diana auf Englisch in Judiths Richtung.
»Danke, Diana, ich spreche leider wirklich kein Wort Deutsch .« Judith war Diana dankbar für den Wechsel ins Englische, sie hatte bisher nichts verstanden und war sich ziemlich verloren vorgekommen.
Ferry fühlte sich erleichtert, dass es Angela besser ging. Die Sache mit Rolf hatte sie offensichtlich besser weggesteckt, als er befürchtet hatte.
»Also erzählt mal, was bei euch so los war«, forderte Diana die beiden auf.
Ferry sah etwas hilflos und überfordert aus, und so begann Judith, die Geschichte zu erzählen. Obwohl sie sich auf das Wichtigste beschränkte, dauerte selbst die Zusammenfassung eine ganze Weile. Diana und Angela berichteten anschließend, was in Berlin geschehen war.
»Wie ist überhaupt die Stimmung bei GermanNet ?«
»Ich habe heute Morgen mit den Leuten im Büro gesprochen. Ich musste mich und Diana ja wenigstens krankmelden. Der Flurfunk berichtet, dass Rolf wohl bald wieder abgesägt wird .«
»Nicht schlecht, nach 48 Stunden seinen Posten als CEO schon verspielt zu haben«, war Ferrys bitterer Kommentar.
»Kein Wunder, dass man die Entscheidung korrigiert«, meinte Angela, »ich habe vorhin in der Zeitung gelesen, dass fast 10% unserer Kunden in den letzten zehn Stunden ihre Verträge mit GermanNet gekündigt haben, absolut rekordverdächtig. Außerdem laufen wohl bereits Verfahren wegen Schadensersatz gegen uns an .«
»Aber wer oder was wird hier im Hintergrund aktiv ?« Diana war mit den Antworten, die sie bisher bekommen hatte, noch nicht zufrieden. »Gut, irgendwie steckt also das Syndikat dahinter, lassen wir das mal als Hypothese stehen. Aber wie kontrollieren die GermanNet ? Rolf wird quasi über Nacht CEO und genauso schnell wieder abgesetzt. Wie machen sie das, Ferry ?«
»Nach dem, was ich weiß, müssten es die Vertreter der Venture Capital-Gesellschaften sein, die im Hintergrund die Fäden ziehen. Das sind ziemlich schwer zu durchschauende Gesellschaften. Die Firmensitze sind auf den Cayman Inseln, in Luxemburg oder in einer anderen Steueroase.
Beim Börsengang sind sie froh und dankbar gewesen, dass sie bei uns einsteigen konnten und haben fast 800 Millionen in GermanNet investiert. Auf der anderen Seite wäre unser Wachstum ohne diese enormen Mittel, die sie uns zur Verfügung gestellt haben, kaum möglich gewesen. Bisher sind sie so gut wie nie in Erscheinung getreten. Sie hatten bestimmte Erwartungen an unsere Performance, also an Gewinn und an Wachstum. Diese Erwartungen haben wir bisher sogar immer noch übertroffen und so gab es keine Probleme. Warum die sich jetzt plötzlich gegen mich stellen, dafür habe ich keine andere Erklärung, als die, dass sie vom Syndikat gesteuert werden .«
»Für mich macht das durchaus Sinn«, nahm Diana seinen Gedanken auf, »wie wir inzwischen wissen, verdient das Syndikat ja offensichtlich nicht schlecht. Da stellt sich
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