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Tal der Tausend Nebel

Tal der Tausend Nebel

Titel: Tal der Tausend Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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stürmischer See waren Elisa und er nach Oahu gekommen. Von den hohen Wellen an der North Shore wurde sein Va’a bei Walalua an Land getragen. Er hatte sein Boot dort versteckt, um mit Elisa zu Fuß in das Innere der Insel zu gehen. Zunächst wollte Kelii seine Lieblingscousine Nalani besuchen. Über einen ganzen Mond lang würden sie dort bleiben, da Hoku seine Frau erst zum nächsten Vollmond sehen wollte. Die Träume hatten den Zeitpunkt bestimmt. Kelii hatte die Botschaft in seinem Traum noch auf Kauai empfangen und sich innerlich vor Hoku verbeugt. Mahalo für die Heilung meiner Frau. Wenn jemand zu Elisas geheimer Seele sprechen konnte, dann würde es die weise Hoku sein.
    Kelii freute sich auf seine Cousine. Er hatte sie das letzte Mal gesehen, als sie noch Kinder waren. Nalani war von Kauai nach Maui gezogen und hatte dort vor einigen Jahren geheiratet. Seitdem hatte sie drei Kinder bekommen und war gerade erst mit ihrem Mann zurück nach Oahu gekommen. Nun brauchte das Paar mit den drei kleinen Kindern Hilfe beim Hausbau. Kelii erfuhr davon, als er seine Mutter im Königspalast besucht hatte. Kelii war mindestens zwei Mal im Jahr auf Oahu. Auf Maui hingegen war er noch nie gewesen. Das hatte auch mit der größeren Distanz zu tun, aber vor allem damit, dass sein Vater schlechte Erinnerung mit der Insel verband. Elisa verstand es nicht ganz, als er es ihr genauer erklären wollte. Und auch Kelii fand es irgendwie absurd, aber so war es unter den hawaiischen Klans nun einmal. Nicht jeder konnte mit jedem. Oft waren es die lokalen Kahuna, die lange Fehden anzettelten und auch über Jahrzehnte aufrechthielten. Kelii hatte Elisa entschuldigend angelächelt.
    »Es wäre einfach eine Beleidigung für meinen Vater gewesen, wenn ich zu Nalanis Hochzeit nach Maui gegangen wäre. Auch wenn du das vielleicht nicht ganz verstehst, so sind wir nun einmal. Unser Haifischklan kann sehr gut mit dem Schildkrötenklan, aber das ist es auch schon. Maui ist sozusagen Feindesland. Vor allem für mich als Sohn ist es wichtig, mit meinem Vater an einem Strang zu ziehen …«
    Elisa verstand nicht ganz, was er meinte, aber das machte nichts. Sie hatte gelernt, dass Familienverhältnisse unter Hawaiianern kompliziert waren, vielleicht sogar komplizierter als unter Europäern.
    Erbitterte Fehden unter den wichtigsten Familien Hawaiis waren auch über Jahrhunderte ausgetragen worden, so hatte Kelii es erklärt.
    »Aber manchmal gibt es auch eine große Versöhnung. Eines Tages, manchmal völlig unerwartet, hat ein Kahuna einen Traum, der zur Versöhnung mahnt. Doch bis dahin geht man sich besser aus dem Weg …«
    Natürlich wollte Elisa alles wissen, was mit Keliis Cousine zu tun hatte, und er gab bereitwillig Auskunft.
    »Nalani, die aus der Familie meiner Mutter stammt, also aus der Königsfamilie, hatte nichts mit der Fehde der Familie meines Vaters zu tun. Diese Fehde richtet sich gegen Verwandte auf Maui, die ich noch nie zu Gesicht bekommen habe. Aber das ist egal. Ich durfte trotzdem nicht nach Maui. Deshalb habe ich meine Cousine seit vielen Jahren nicht gesehen und will sie, ihren Mann und ihre Kinder nach altem Brauch begrüßen.«
    Er hatte bereits begonnen, Blumen zu pflücken, um daraus Leis zu flechten, bevor sie am nächsten Morgen den Anstieg auf die Berghöhe begannen, wo das Paar sein Haus baute. Elisa half ihm. Bald hatte sie in ihrem roten Tuch eine ansehnliche Menge von Blüten in vielen Farben gesammelt. Sie konnte sich nicht sattsehen an der Pracht, die hier mindestens ebenso üppig in Strandnähe wucherte wie auf Kauai. Aber Oahu sah anders aus. Die Insel war auch bergig, aber hauptsächlich zu einer Seite hin, ansonsten überwogen sanftere Hügel. Auch war Oahu weniger grün. Die Regengüsse und Nebelschwaden, die Kauai die meiste Zeit umgaben, wurden hier von stärkeren Winden fortgeblasen, zumindest zu dieser Jahreszeit. Oahu wirkte trockener und weiter. Zu den Grüntönen mischten sich Ocker und Rot. Karge Felsen lagen zwischen den Buchten im Meer.
    Die verlassene menschenleere Landschaft der Nordküste gefiel Elisa. Sie konnte kaum glauben, dass auf der Südseite der Insel, in der königlichen Hauptstadt Honolulu, mehr Menschen lebten als auf ganz Kauai. Seit König Kamehameha III Honolulu im Jahr 1850 zur Hauptstadt seines gesamten hawaiischen Königreichs erklärt hatte, zogen immer mehr Menschen hierher. Es waren nicht nur Hawaiianer, sondern Immigranten aus dem gesamten asiatischen Raum und natürlich

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