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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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manchmal schnaufte sie ängstlich. Aber ich brauchte mich nur über ihren Hals zu beugen und ihr gut zuzureden, um sie zu beruhigen. Stormy war wunderbar und ich mächtig stolz auf meine Stute. Schließlich hatte sie noch nicht viel Erfahrung.
    Als der Pfad wieder eben wurde, richtete ich mich auf und ließ meinen Blick über die Weiten der Badlands streifen. Über die schneebedeckten Felslabyrinthe, die jetzt bläulich schimmerten, wie von kaltem Mondlicht beschienen. Es war ein Licht, das blind machte. Und mittendrin die Schlange der Reiter, wie schwarze Perlen auf einer Schnur.
    In diesen Schluchten wehten Winde, die töten konnten. Finger und Zehen erforen in wenigen Minuten, wenn man sie nicht schützte. Ich war froh über meine dicke Kleidung, die warmen Stiefel und die gefütterten Handschuhe und musste an Big Foot und seine Leute denken, unter denen auch meine Vorfahren gewesen waren.
    Arlo Big Foot, der Enkelsohn des getöteten Häuptlings, hatte erzählt, dass damals viele der Flüchtenden keine Pferde hatten und zu Fuß den steilen Pass absteigen mussten. Es war ein geheimer Pfad, den sie mit ihren in Decken gewickelten Babys hinabschlichen, weil die Soldaten diesen Weg nicht kannten. Wind und eisige Kälte setzte den erschöpften Menschen zu, die nicht viel mehr als ein paar Decken oder alte Büffelfelle auf dem Leib hatten. Sie trugen ihren Hausrat mit sich, Kochtöpfe und andere Dinge, die sie nicht entbehren konnten. Es waren Familien, die irgendwo ein sicheres Zuhause suchten, einen Ort, wo sie ihre Tipis aufstellen konnten, die sie auf der Flucht mit sich schleppten.
    Häuptling Big Foot war schwer krank, er hatte eine Lungenentzündung und war zu schwach, um auf einem Pferd sitzen zu können. Man hatte ihn auf einen Wagen gebettet. Ich versuchte mir vorzustellen, wie ein paar Männer den Wagen, auf dem der kranke Häuptling lag, diesen schmalen Pfad herunterbrachten.
    Was wir taten, war nicht zu vergleichen mit dem, was sich vor 114 Jahren hier abgespielt hatte. Aber ich spürte, dass die Geister unserer Ahnen uns begleiteten. Sie heulten mit dem Wind, tanzten im Schnee, der von den Pferdehufen aufgewirbelt wurde. Sie dankten uns, dass wir sie nicht vergessen hatten.
    Der Pfad führte nun einen Hohlweg entlang und wurde wieder steiler. Stormy folgte brav Leos Wallach und Neil war mit seinem Hengst hinter mir.
    Ich blickte über das Meer aus graublauen Hügeln, mit meinen Gedanken völlig in der alten Zeit versunken, als Stormy plötzlich ein erschrockenes Wiehern ausstieß und unter mir wegrutschte. Ehe ich mich versah, schlugen wir auf dem frostharten Boden auf und ein greller Schmerz fuhr durch meinen Körper. Mein linkes Bein war unter Stormy eingeklemmt, und mein Knie drückte auf einen spitzen Stein. Ich versuchte mich zu befreien, schaffte es aber nicht alleine. Auf einmal war Neil über mir. »Wo zum Teufel hast du reiten gelernt, Talitha Running Horse?«, herrschte er mich aufgebracht an.
    Tränen schossen mir in die Augen. Ich konnte nichts sagen. Schreck, Angst und Schmerz nahmen mir den Atem. Mühsam versuchte ich die Tränen wegzublinzeln.
    Â»Wo hast du bloß deine Augen gehabt, Tally? Du sollst auf den Weg schauen und nicht Löcher in die Luft gucken«, schimpfte Neil unbarmherzig weiter.
    Leo war inzwischen vom Pferd gesprungen und zu uns zurückgelaufen. »Nun halt aber mal die Luft an«, sagte er zu Neil.
    Er kniete neben Stormy. Sie wieherte und hob den Kopf, dass ihre Mähne Schnee aufwirbelte.
    Neil Thunderhawk schnaufte wütend. Er sah so aus, als würde er überlegen, ob er Leo gleich eins auf die Nase geben oder ihn erst vorwarnen sollte.
    Sie warfen sich funkelnde Blicke zu, während mir ein furchtbarer Gedanke nach dem anderen durch den Kopf schoss: Hatte Stormy sich verletzt? War mein Bein gebrochen? War dies das Ende des Rittes für uns beide?
    Inzwischen waren die Männer, die nach uns kamen, von ihren Pferden gestiegen. Vier von ihnen schafften es, Stormy so weit zu drehen, dass Neil mich unter der Stute hervorziehen konnte. Während Leo mein Bein abtastete, kam Stormy mit Hilfe der Männer wieder auf die Beine. Etwas taumelig stand sie da, und ein Mann in leuchtend roter Jacke prüfte, ob sie sich etwas gebrochen hatte.
    Â»Au«, fluchte ich, als Leo mein Knie abtastete. Mein Blick streifte Neil, und ich sah die Angst in seinem Gesicht. Dennoch, bei all

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