Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
Vom Netzwerk:
letzte Stück mit euch reiten. Es ist das erste Mal für mich.«
    Ich nickte und umarmte Leo noch einmal, so sehr freute ich mich, ihn zu sehen.
    Â»Hallo Leo«, hörte ich plötzlich eine raue Stimme. Ich wandte mich um und entdeckte Neil am Koppelzaun.
    Â»Hi Neil«, sagte Leo. »Alles okay mit den Pferden?«
    Neil antwortete nicht gleich, und ich sah ihn fragend an.
    Â»Es war zwar nur ein kurzes Stück heute«, sagte er schließlich, »aber der kalte Wind hat Pferden und Reitern ziemlich zu schaffen gemacht.«
    Â»Aber jetzt sind sie satt und zufrieden«, sagte ich. »So wie wir.«
    Â»Wo wir einmal davon sprechen«, sagte Leo und rieb sich die kalten Hände. »Ich habe einen Mordshunger. Ob es noch irgendwo etwas zu essen gibt?«
    Â»Na klar!« Ich schnappte seine Hand. »Komm, ich zeige dir, wo.« Ich zog Leo hinter mir her und führte ihn in die Küche des Gemeindezentrums, wo verschiedene Speisen auf dem Herd warm gehalten wurden. Er ließ sich eine Pappschüsssel mit Suppe füllen, und wir setzten uns in eine Ecke. Leo fragte, wie es uns bisher ergangen war, und ich erzählte.
    Er lachte, als ich ihm vom heutigen Morgen berichtete, als die Pferde erst wieder eingefangen werden mussten, bevor wir losreiten konnten.
    Â»Geht es dir gut, Tally?«, fragte er mich irgendwann.
    Ich strahlte ihn an. »Ja, Leo, es geht mir gut. Hast du vielleicht irgendetwas von meinem Vater gehört?«
    Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Nein, nichts. Tut mir Leid.«
    Später versammelte sich ein Großteil der Reiter, vor allem die Kinder, im Gemeinderaum. Arlo Big Foot, ein Enkel des in Wounded Knee ermordeten Häuptlings, schlug die Trommel und erzählte die Geschichte seines Großvaters weiter.
    Â»Red Cloud lebte bei der Agentur in Pine Ridge und er hatte einen Friedensvertrag mit den Weißen geschlossen. Also entschied mein Großvater, mit seinen Leuten nach Pine Ridge zugehen, um beim Häuptling der Oglala Schutz zu suchen. Rasch wurde das Notwendigste zusammengepackt und der Trupp von rund vierhundert Männern, Frauen und Kindern, unter denen auch die Flüchtenden aus Standing Rock waren, setzte sich in Richtung Badlands in Bewegung. Man hatte ein paar Tipis stehen lassen, damit es so aussah, als wäre das Lager noch bewohnt.
    Einige Leute fanden den Entschluss meines Großvaters, nach Pine Ridge zu gehen, nicht gut. Sie trennten sich von der Gruppe und gingen nach Cherry Creek zurück.« Arlo schwieg eine Weile. »Noch heute gibt es Familien, die hier in der Gegend um Bridger leben, in denen nie über Wounded Knee gesprochen wird. Big-Foot-Entscheidung hat Familien auseinander gerissen und gespalten. Wer mit dem Häuptling ging, lief in den Tod. Aber das konnte damals niemand wissen. Mein Großvater war der Überzeugung, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.«
    Ein paar andere erzählten noch Geschichten, die sie von ihren Großvätern und Großmüttern gehört hatten. Wenn mein Blick Leos Blick traf, lächelte er. Und ich musste einfach zurücklächeln. Ich suchte nach Neil, konnte ihn jedoch nirgendwo entdecken.
    Irgendwann war ich so müde, dass ich meine Augen nicht mehr offen halten konnte. Zeit, schlafen zu gehen.
    Ich suchte mir ein Schlafplätzchen und rollte meine Matte aus. Mit einem Handtuch unter dem Arm suchte ich nach den Waschräumen. Endlich mal wieder warmes Wasser, vielleicht sogar eine Dusche, das wäre nicht schlecht.
    In den Waschräumen herrschte großer Betrieb, alle Duschen waren besetzt, und so wartete ich, bis eine frei war. Ich duschte lange. Meine verkrampften Muskeln lösten sich unter dem heißen Wasser und ich wusste, dass ich in dieser Nacht wunderbar schlafen würde.
    Als ich unter der Dusche wieder hervorkam, war ich ganz allein im Waschraum. Ich hörte die Trommel, die alle zum abendlichen Gebet zusammenrief. Schnell rubbelte ich mich trocken und schlüpfte in meine Leggings, die ich zum Schlafen trug. Als ich nach meinem T-Shirt griff, fiel es zu Boden. Auf einmal spürte ich einen Schatten in meinem Rücken. Ich dachte, dass eines der Mädchen vielleicht etwas in der Dusche vergessen hatte, und drehte mich um.
    In der Tür stand Neil Thunderhawk und starrte auf mich und meine bloßen Brüste. Erschrocken kreuzte ich die Arme vor der Brust und wartete darauf, dass er sich entschuldigen und weggehen würde.

Weitere Kostenlose Bücher