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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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spöttisches Lächeln.
    Ich sackte in mich zusammen. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Was sollte ich denn jetzt tun? Dad hatte mich unten an der Straße rausgelassen und war gleich nach Manderson weitergefahren. Wie in der vergangenen Woche wollte er in der Mittagszeit kommen, um mich nach Hause zu bringen.
    Zu Tante Charlene konnte und wollte ich nicht gehen, denn ich hatte gesehen, dass Marlin zu Hause war. Mir blieb nichts anderes übrig, als die Zeit irgendwie herumzubringen. Leider hatte ich nicht einmal meine Zeichentasche mitgenommen, was ich jetzt sehr bereute.
    Â»Wann kommt Tom denn wieder?«, fragte ich, nachdem ich das Gefühl hatte, wieder einigermaßen normal sprechen zu können.
    Â»Ãœbermorgen«, sagte Neil. »Er ist mit meiner Mutter und den Mädchen zu meinem Großvater gefahren.« Die Mädchen, das waren Bey und April, seine beiden kleinen Schwestern.
    Â»Dann komme ich übermorgen wieder«, sagte ich kurz entschlossen und wandte mich zum Gehen. Nichts wie weg hier, dachte ich.
    Aber Neil machte einen großen Schritt auf mich zu und hielt mich am Arm fest. »Nun warte doch mal«, sagte er.
    Ich musste ihn so erschrocken angesehen haben, dass er seine Hand zurückzog – als hätte er sich verbrannt. »Dad hat gesagt, ich soll mit dir reiten üben, wenn du kommst.«
    Ich schüttelte den Kopf. Das war ein Reflex.
    Â»Du willst nicht?«, fragte er und seine dunklen Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Warum denn nicht, wo du schon einmal hier bist?«
    Ich brachte kein Wort heraus. Mir fiel nichts ein, was ich hätte erwidern können, kein Argument, das dagegen sprach. Ich wusste, dass Neil ein hervorragender Reiter war und genauso gut mit Pferden umgehen konnte wie sein Vater. Ich hatte gesehen, wie er mit Taté sprach, dem gefleckten Hengst. Und konnte beschwören, dass das Pferd zugehört hatte.
    Wie hätte ich ihm sagen sollen, dass ich in seiner Gegenwart plötzlich weiche Knie bekam und nicht einmal laufen konnte, geschweige denn reiten. Mein Herz schlug so wild gegen meine Brust, dass ich fürchtete, er könne es hören oder gar sehen. Ich schämte mich und wünschte, auf der Stelle in ein Mauseloch verschwinden zu können. Aber das war wohl einer dieser Wünsche, die leider nie in Erfüllung gingen.
    Â»Ich bin gleich wieder da«, sagte Neil, der sich von meinem merkwürdigen Benehmen nicht beeindrucken ließ. Er drehte sich um und verschwand im Haus. Dabei sah ich, dass ihm seine Zöpfe bis zu den Hüften reichten.
    Ich holte tief Luft und versuchte Kopf, Herz und Beine wieder unter Kontrolle zu bringen. Was war nur los mit mir?
    Neil kam zurück, mit Mokassins an den Füßen. Er schloss ab und nickte mir aufmunternd zu. Ich trottete ihm hinterher, als er in die Scheune ging, um Zaumzeug und Zügel zu holen. Mein Blick war fest auf die beiden Zöpfe geheftet, von denen jeder so dick war wie der eine Zopf, der über meine Schultern hing.
    Auf dem Weg zu den Pferden versuchte ich mit ihm Schritt zu halten, wortlos, während mein Inneres in vollkommener Aufruhr war. Ich fürchtete nichts mehr, als mich vor Neil Thunderhawk zu blamieren. Bisher war ich mit Psitó gut zurechtgekommen, aber das musste nichts heißen.
    Als Neil die Pferde schließlich entdeckte, rief er sie mit lautem »He he« – und sie kamen sofort, als hätte er jedem von ihnen eine saftige Karotte versprochen.
    Das Zaumzeug hinter dem Rücken versteckt, begrüßte er Taté, den großen Hengst, der allen Stolz über Bord geworfen zu haben schien und vergnügt an einem von Neils Zöpfen herumknabberte.
    Â»Lass das, Taté«, sagte Neil und strich dem Pferd liebevoll über die schwarz gefleckten Nüstern. Dann redete er beruhigend auf Psitó ein, schob ihr vorsichtig die Trense ins Maul und zog das Zaumzeug über ihren Kopf. Taté stupste ihn eifersüchtig in den Rücken, als er die Zügel an den beiden großen Metallringen befestigte.
    Â»Du bist heute nicht dran.« Neil klopfte den Hals des Hengstes, der ein paar Schritte rückwärts machte. »Morgen wieder, okay?«
    Er stellte sich breitbeinig vor den Bauch der Stute, verschränkte seine Hände und sagte zu mir: »Na los, steig auf!«
    Ich war gerade dabei, meine Nase in Stormys Fell zu vergraben, und viel zu überrascht, um ernsthaft erschrocken zu sein.

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