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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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»Ohne Sattel?«, fragte ich verblüfft.
    Â»Du willst doch richtig reiten können, oder?«
    Obwohl mir klar war, dass Tom Thunderhawk seinem Sohn bestimmt nicht aufgetragen hatte, mich ohne Sattel reiten zu lassen, wollte ich nicht als Feigling dastehen. Ein unangenehmes Kribbeln in meinem Nacken machte sich bemerkbar, wie immer wenn ich Angst hatte. Aber ich war auch neugierig.
    Â»Nun mach schon«, sagte Neil ungeduldig. »Dir passiert nichts. Ich habe gesehen, dass du es kannst.«
    Die Muskeln an Neils Oberarmen spannten sich, als ich in seine Hände stieg und er mein Gewicht tragen musste. Ich fasste nach Psitós Widerrist, griff in die Mähne und schwang mich auf ihren Rücken. Neil trat einen Schritt zurück, rieb sich den Staub von den Händen und guckte, ob ich auch richtig saß.
    Â»Sitzt du bequem?«, fragte er.
    Ich nickte. Es war ein vollkommen neues, ungewohntes Gefühl, die Muskelbewegungen des Pferdes so direkt zu spüren, obwohl Psitó scheinbar völlig ruhig stand. Es war ein gutes Gefühl.
    Neil kam wieder heran und sagte: »Hinter dem Schulterblatt der Stute spürst du eine Vertiefung, in die deine Beine passen. Genau hier.« Er legte mein linkes Bein dorthin, und noch ehe ich darüber nachdenken konnte, wie es nun weitergehen sollte, hatte Neil in Psitós Mähne gegriffen, sich mit den Füßen vom Boden abgestoßen und saß mit einem Schwung hinter mir. Ich stieß einen überraschten Laut aus, denn das kam völlig unerwartet. Er fasste um mich herum nach den Zügeln und schnalzte mit der Zunge. Ich spürte, wie er die Schenkel zusammendrückte. Die Stute setzte sich in Bewegung.
    Ich war unglaublich erleichtert, dass Neil mein Gesicht nicht sehen konnte, denn ich wusste, dass sich dort all meine Empfindungen widerspiegelten: Der Schreck darüber, dass Neil Thunderhawks Körper so dicht an meinem war, dass ich seine Bewegungen genau so spürte wie die der Stute. Die Tatsache, dass ich ohne Sattel auf dem Pferde saß und mich nur an seiner schwarzen Mähne festhalten konnte. Die Gewissheit, dass Neils Arme mich sicher umfingen und dass er genau wusste, was er tat.
    Aber am erschreckendsten war, dass ich mich ungeheuer wohl und sicher fühlte und den drängenden Wunsch verspürte, meiner Freundin Adena davon zu erzählen.
    Sanfte Hügel, bewachsen von dunklen Pinienkiefern, erstreckten sich hinter dem kleinen Acker, den Tom angelegt hatte, um im nächsten Jahr Hafer anzubauen. Weiter hinten ragten steile weiße Kalkfelsen aus dem um diese Jahreszeit noch üppigen Grün der Berge. Neil ließ Psitó ein Stück den breiten Fahrweg entlanggehen und folgte später einem schmalen Pfad voller Hufspuren, der in die Hügel hineinführte.
    Â»Lehn dich gegen mich, und bleib ganz locker«, sagte er, als Psitó bergan schneller wurde und ich mich versteifte. Ich lehnte mich gegen ihn und spürte den Schlag seines Herzens in meinem Rücken. Nach einer Weile merkte ich, wie meine Hüfte sich lockerte und ich mich den Bewegungen der Stute überließ.
    Eine Weile ritten wir schweigend, scheuchten ein winziges Kaninchen auf und einen Vogel, der sein Nest am Boden hatte. Während ich krampfhaft überlegte, was ich sagen könnte, fragte Neil auf einmal im Plauderton: »Weißt du eigentlich, wo die Appaloosapferde herkommen?«
    Â»Die Nez Perce haben sie gezüchtet«, antwortete ich wie aus der Pistole geschossen, denn schließlich war ich nicht von gestern, auch wenn er das vielleicht dachte.
    Â»Stimmt«, sagte er. »Sie züchteten sie wegen ihrer auffallenden Fellzeichnung. Vor jeder Jagd, jedem Kriegszug bemalten die Männer der Nez Perce sich und ihre Pferde mit Symbolen, die Glück bringen sollten oder sie vor Unheil bewahren. Aber wenn es regnete oder sie einen Fluss durchqueren mussten, wusch das Wasser die Farbe wieder ab. So suchten sie sich Pferde aus, die besonders ausdauernd, schnell und klug waren und außerdem die schönste Fellzeichnung hatten, und kreuzten sie. Sie waren davon überzeugt, dass der Große Geist die Tiere bemalt zu ihnen geschickt hatte, und deshalb waren sie ihnen besonders heilig.«
    Ich dachte an Stormy und dass auch sie vom Großen Geist gezeichnet war. Wakan , heilig. Kein Regen und kein Flusswasser würden ihr je die Punkte von der Hinterhand spülen. Unter hundert Pferden würde ich sie wieder

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