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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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nicht viel zu halten. Charlene sprach nur mit Dad und mir, wenn sie etwas von uns wollte oder wenn ihr irgendetwas nicht passte.
    Das Chaos im Haus meiner Tante machte mir arg zu schaffen. Ich hatte mich schon unwohl gefühlt, wenn wir nur zu Besuch gewesen waren – aber jetzt musste ich hier leben … Ich gab mir Mühe, wenigstens die Küche und den Eingangsbereich sauber zu halten. Im Wohnzimmer hielten wir uns nie auf, zumindest ich nicht. Auch das obere Badezimmer benutzten Dad und ich nicht.
    Wir hatten im Keller ein separates Bad mit Dusche, das ich peinlich sauber hielt. Doch um mich zu ärgern, benutzte Marlin manchmal die Toilette im Keller und pinkelte alles voll.
    Als ich ihn deswegen ansprach, zuckte er nur die Achseln und sagte: »Das ist mein Haus. Ich kann pinkeln, wo und wie ich will. Und wenn es ins Waschbecken ist.«
    Es war ihm zuzutrauen, dass er das tat. Also scheuerte ich auch jeden Tag das Waschbecken, bevor ich es benutzte.
    Tante Charlene begann sehr schnell Gefallen zu finden an ihrer sauberen Küche. Und das, was ich bisher freiwillig getan hatte, wurde nach und nach Pflicht. Ständig hatte meine Tante neue Aufgaben für mich: Hast du die Hunde schon gefüttert, Talitha? Der Abwasch muss noch gemacht werden! Hast du den Boden schon gewischt? Bring mir doch mal eine Limo aus dem Kühlschrank. Talitha, die Wäsche muss gelegt werden … Manchmal blieb mir kaum noch Zeit, um mit Stormy zu arbeiten.
    Ich war nicht faul, wirklich nicht. Es machte mir nichts aus, Dinge zu tun, die getan werden mussten. Aber Tante Charlene behandelte mich wie ihr Hausmädchen. Sie konnte es nicht sehen, wenn ich ein Buch las, wenn ich zeichnete oder einfach nur vor mich hin träumte. Doch wenn sie völlig vertieft auf die Mattscheibe ihres Fernsehers starrte, konnte ich mich unbemerkt davonstehlen. Eines Nachmittags lief ich am Haus der Thunderhawks vorbei, froh, niemandem zu begegnen. Ich rief nach Stormy, und sie wieherte zur Begrüßung. Sie freute sich mich zu sehen, und ihre kleinen Liebkosungen gaben mir Trost.
    Die Narbe auf der rechten Bauchseite sah jetzt wie ein geheimnisvolles Zeichen aus. Die Muskeln darunter zuckten. Dieser warme Pferdekörper war voller Kraft. Stormy wollte laufen, das spürte ich. Und ich wollte auf ihr reiten: Ihre schnellen Beine sollten meine Flügel sein, die mich davontrugen.
    Stormy schnupperte an meinen Händen und beknabberte die Taschen an meinem Hemd. »Ich habe nichts für dich«, sagte ich traurig. »Das nächste Mal bringe ich wieder etwas mit, ganz bestimmt.« Es war schwierig geworden, Leckerbissen für Stormy zu besorgen, denn Charlene kochte selten. Meistens ernährten sie und Marlin sich von Fastfood. Karotten kamen auf ihrem Speiseplan nicht vor. Obwohl ich wusste, dass es eigentlich noch zu früh war, legte ich mich an diesem Tag über Stormys Rücken, um sie an mein Gewicht zu gewöhnen. Ich versuchte es von der linken Seite, wo ich mit ihrer Narbe nicht in Berührung kommen würde. Und die Stute ließ es zu. Sie duldete meinen Körper auf ihrem. Sie tänzelte zwar aufgeregt, machte aber keine Anstalten, mich abzuwerfen.
    Von nun an legte ich mich jeden Tag für eine Weile auf ihren Rücken, immer von der linken Seite. Es funktionierte wunderbar, und irgendwann versuchte ich ihr den Westernsattel aufzulegen.
    Doch Stormy buckelte, kaum dass sie den Sattel auf ihrem Rücken spürte. Sie schlug aus, und der Sattel flog im hohen Bogen ins Gras. Stormy wieherte und schüttelte ihre Mähne.
    Mir war klar, was sie damit sagen wollte: »Du kannst alles mit mir machen, aber einen Sattel werde ich niemals tragen.«
    Vermutlich betrachtete sie die Sache mit dem Sattel als Spiel. Manchmal sah sie mich tatsächlich so an, als ob sie eine Belohnung erwartete, wenn er wieder auf dem Boden lag. Da ich wusste, dass die Stute wegen ihrer Narbe so empfindlich war, und es im Grunde kein Problem für mich darstellte, ohne Sattel zu reiten, gab ich die Sache irgendwann auf.
    Nach und nach passte ich mich dem Tagesablauf in Tante Charlenes Haus an. Dad war kaum da. Er war jetzt viel auf Ämtern unterwegs, um die Papiere neu zu besorgen, die beim Brand unseres Trailers vernichtet worden waren: unsere Geburtsurkunden, die Besitzurkunde über das Land, sein Abschlusszeugnis vom College. Außerdem nahm er jeden Job an, den er kriegen konnte, und wenn er noch so schlecht bezahlt

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