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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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betete.

15. Kapitel
    Es war Mitte August, als wir Onkel Franks Zelt und zwei Schlafsäcke in den Pick-up-Truck packten und uns auf den Weg in die Black Hills machten.
    Charlene hatte nur den Kopf geschüttelt, als Dad ihr erzählte, dass er am Sonnentanz teilnehmen und ich ihn begleiten würde. »Wenn du es nicht lassen kannst, bei diesem Unsinn mitzumachen«, sagte sie, »dann lass wenigstens deine Tochter aus dem Spiel. Was soll sie denn dort?«
    Â»Am Höhepunkt unseres traditionellen Lebens teilnehmen«, antwortete mein Vater. »Etwas, das dir und Marlin auch nicht schaden könnte. Wir sind Lakota, Charlene. Hast du das vergessen?«
    Ich erschrak, als er das sagte, weil ich befürchtete, Charlene und Marlin könnten uns nun doch begleiten.
    Aber meine Tante winkte ab. »Hör mir doch auf damit, Rich. Dein Bruder war Sonnentänzer, hat Wakan Tanka verehrt und einmal die Woche in der Schwitzhütte gesessen. Aber das hat ihm das Leben nicht retten können.«
    Â»Und du meinst, Jesus hätte es gekonnt?«
    Tante Charlene hatte nur mit den Achseln gezuckt und wieder auf ihre Mattscheibe gestarrt.
    Ich freute mich sehr auf die Tage in den Black Hills. Nicht nur Adena würde ich dort endlich wieder sehen – auch Tom Thunderhawk und Neil wollten am Sonnentanz teilnehmen.
    Die Fahrt dauerte knapp zwei Stunden, dann tauchten die Schwarzen Berge vor uns auf. Adena hatte mir erzählt, dass der Sonnentanz auf einem Gelände stattfand, das schon seit mehr als hundert Jahren für diese Zeremonie genutzt wurde. Alte Siedlungsplätze gab es dort und prähistorische Felszeichnungen. Das Land um den Hells Canyon war jetzt allerdings im Besitz eines Weißen. Er stellte es den Lakota einmal ihm Jahr für den Sonnentanz zur Verfügung. Es war unglaublich: Um das Land zu betreten, das den Lakota seit dem Beginn ihrer Geschichte gehört hatte, brauchten wir heute eine Genehmigung …
    Irgendwann bog Dad überraschend von der Hauptstraße auf eine Schotterpiste ab. »Wildpferdreservat« stand auf einem großen Schild am Wegrand. Mein Vater lächelte geheimnisvoll, und ich ahnte, dass noch eine Überraschung auf mich wartete, von der Adena mir nichts erzählt hatte.
    Ich musste einmal aussteigen und ein großes Eisentor öffnen, dann waren wir da. In einiger Entfernung sah ich drei Tipis und den blätterlosen Sonnentanzbaum vom vergangenen Jahr, in dem noch Tabakbeutelchen und bunte Stoffstreifen hingen. Aber wir bogen erst einmal nach links, in ein kleines Tal, wo das Lager für die Helfer und die Gäste errichtet werden sollte.
    Es war ein schöner Lagerplatz, um den sich ein kleiner Bach schlängelte, der im Augenblick allerdings fast völlig ausgetrocknet war. Ein Tipi stand schon dort und zwei kleinere Zelte. Adena und ihre Eltern waren noch nicht da, das sah ich sofort. Zwei Männer und eine Frau waren dabei, ein Küchenzelt aufzustellen. Wir begrüßten sie, und Dad fasste gleich mit an. Bei den Vorbereitungen für einen Sonnentanz wurde jede helfende Hand gebraucht. Deshalb waren wir auch so früh angereist; die eigentliche Zeremonie würde erst in zwei Tagen mit dem Tree Day beginnen, dem Aufstellen des neuen Baumes.
    Ich lud unsere Sachen vom Pick-up und mühte mich mit Onkel Franks Zelt. Es aufzubauen, war komplizierter, als ich erwartet hatte. Ich war schnell dem Verzweifeln nahe, da tauchte plötzlich ein junger Mann auf und half mir. Er hieß Leo Little Moon und kam aus Manderson. Ich kannte ihn aus Bernies Laden. Er war einer von Bernie Little Moons vielen Söhnen, die ihrem Vater manchmal im Geschäft halfen.
    Leo hatte schulterlanges Haar und ein hübsches Gesicht mit hohen Wangenknochen und weit auseinander stehenden Augen. Er sah aus wie 22, aber ich wusste, dass er erst 18 war. Leo Little Moon flirtete mit mir. In den wenigen Minuten, die wir brauchten, um das Zelt aufzubauen, hatte er mich fünf Mal zum Lachen gebracht. Dann verschwand er so plötzlich, wie er gekommen war.
    Â»Nun können wir gleich hoch zum Sonnentanzplatz fahren«, sagte mein Vater, als er endlich kam und das fertig aufgebaute Zelt sah.
    Â»Vielleicht wird dort unsere Hilfe gebraucht.«
    Wir fuhren zu der Stelle, wo die Tipis für die Tänzer standen. Männer waren dabei, Dixieklos von einem Lastwagen zu laden und aufzustellen. Einige Frauen säuberten den Arbor, den kreisrunden Tanzplatz, von

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