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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Himmel – winzige pulsierende Lichtpunkte, die wie lebendige Wesen wirkten. Ich dachte an die Geschichte von Fallen Star und daran, dass ich meine Träume nicht verlieren durfte, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass sie mir unaufhaltsam entglitten.
    Harscher Schnee knirschte unter meinen Füßen, und die eisige Luft biss in meine Lungen. Ich hatte mich so sehr auf Neil gefreut! Und nun berichtete er ganz bestimmt Suzy Eagle Bear von seinen Erlebnissen auf dem Ritt.
    Ich machte mir nichts vor. Er würde sie küssen, ihr Dinge ins Ohr flüstern, sie im Arm halten. Das tat weh, und ich beschloss an diesem Abend mir Neil Thunderhawk aus dem Kopf zu schlagen.
    Als ich Charlenes Haus betrat, sah ich, dass im Wohnzimmer noch Licht brannte. Wahrscheinlich schlief meine Tante vor dem Fernseher, das passierte oft. Aber als ich die Tür öffnete, erschrak ich, denn es war Marlin, der auf der Couch fläzte, jede Menge Bierdosen vor sich auf dem Tisch.
    Es war bei Androhung von Gefängnisstrafe verboten, im Reservat Alkohol zu trinken oder zu besitzen, aber Marlin hielt sich ja schon lange nicht mehr an irgendwelche Regeln.
    Â»Ach du bist’s«, sagte ich und wollte mich so schnell wie möglich verdrücken. Aber Marlin winkte mich zu sich.
    Â»Komm her!«, sagte er.
    Â»Ich bin müde.« Ich blickte zu Boden, aus Angst, ihm in die Augen zu sehen.
    Â»Ich sagte: Komm her!« Sein Ton machte deutlich, dass er mich nicht gehen lassen würde, und ich wollte Ärger vermeiden.
    Also machte ich ein paar Schritte in den Raum hinein, in dem der Geruch von ranzigem Frittierfett und Marlins Bieratem hing. Vor dem Couchtisch blieb ich stehen. »Was willst du?«
    Â»Setz dich.« Er klopfte mit der Hand auf den Platz neben sich.
    Â»Ich bin müde«, sagte ich noch einmal.
    Â»Nun stell dich nicht so an, Tally.«
    Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, dass er mich jemals bei meinem richtigen Namen genannt hatte, und nun verblüffte er mich damit so sehr, dass ich mich tatsächlich neben ihn setzte – mit steifem Rücken, die Knie zusammengepresst.
    Marlin starrte mich mit geröteten Augen an. In meinem Nacken kribbelte und stach es, dass ich es kaum noch aushielt. Was wollte er auf einmal von mir?
    Â»Warum rennst du dauernd zu denen rüber?«, fragte er. In seiner Stimme war nichts Abfälliges, nur Neugier.
    Â»Weil sie nett zu mir sind und ich die Pferde mag«, antwortete ich.
    Â»Bist du verknallt in Neil Thunderhawk?«
    Ich sah Marlin überrascht an. Ganz bestimmt würde ich mit ihm nicht über meine Gefühle zu Neil reden. Aber seine Frage verwirrte mich. In den vergangenen Jahren hatten Marlin und ich kein einziges vernünftiges Wort miteinander gewechselt. Er hatte jede Gelegenheit wahrgenommen, mich zu demütigen, und meistens war ihm das auch gelungen. Ich war auf der Hut.
    Â»Ich war es mal«, sagte ich, erstaunlich gelassen.
    Â»Aber er wollte dich nicht.« Seiner Stimme fehlte auch jetzt der gehässige Unterton, den sie sonst immer hatte, wenn er solche Worte aussprach. Das verunsicherte mich noch mehr.
    Â»Nein.«
    Â»Nun weißt du, wie es ist, wenn man zurückgewiesen wird«, sagte er. Inzwischen hörte sich Marlin so an, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen, und ich begann mir Sorgen zu machen, dass etwas passiert war. Irgendetwas Furchtbares, von dem ich keine Ahnung hatte. Ich hatte gesehen, wie mein Cousin auf dem Schulhof Drogen verkaufte, und er hatte es mitbekommen. Er hatte mich in die Mangel genommen und gesagt: »Ein Wort zu irgendjemanden, und du wirst mich kennen lernen.«
    Als er das gesagt hatte, war mir klar geworden, dass ich tatsächlich überhaupt nichts über ihn wusste. Ich nahm seine Drohung sehr ernst und verlor zu niemandem ein Wort, nicht einmal Adena hatte ich von seinen Drogengeschäften erzählt. Ich wusste schließlich, wozu Marlin und seine Freunde fähig waren.
    Â»Ich weiß, wie sich Zurückweisung anfühlt, Marlin. Ich bin ein Halbblut, hast du das vergessen?«
    Er lachte, und sein Lachen klang wie Schluchzen.
    Â»Kann ich jetzt schlafen gehen?«, fragte ich.
    Â»Ich will nur ein bisschen mit dir reden, Tally. Ist das so schwer zu verstehen?«
    Â»Allerdings. Du hast mich jahrelang fertig gemacht. Warum solltest du auf einmal mit mir reden wollen?«
    Â»Weil ich niemanden sonst zum Reden habe.«
    Â»Was ist mit deinen

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