Talitha Running Horse
Plastikeimern quoll Müll, und auf Bergen von Geschirr gammelten Essensreste.
Ich machte mich gleich daran, das schmutzige Geschirr zu spülen, die angesammelten Abfälle nach drauÃen zu bringen und die FuÃböden zu wischen. Marlin hatte sich einfach die Nüsse aus meinem Zimmer geholt und überall lagen Nussschalen herum.
Ich setzte Teewasser auf und brachte meiner Tante einen Becher Hagebuttentee, zusammen mit den Zimtplätzchen, die Nellie mir eingepackt hatte. Charlene war dankbar dafür und fragte mich sogar, wie ich die Tage bei den White Elks verlebt hatte. Für sie und Marlin war Weihnachten ausgefallen, wie ich es vermutet hatte.
»Für wen soll ich kochen und backen?«, fragte sie resigniert. »Marlin ist nie zu Hause, und wenn, dann kommt er nur, weil er Hunger hat oder Geld braucht. Gebe ich ihm welches, setzt er es in Zigaretten oder Alkohol um. Ich habe das Gefühl, in letzter Zeit nimmt er auch Drogen.« Sie weinte, und ich versuchte sie zu trösten. Helfen konnte ich ihr nicht.
Irgendwann verschwand sie in ihrem Zimmer. Ich schlüpfte in meine Winterjacke und machte mich auf den Weg zum Haus der Thunderhawks. Della und die Mädchen waren allein zu Hause. Neil und sein Vater waren immer noch mit ihren Pferden auf dem Big-Foot-Ritt unterwegs und würden mit den anderen Reitern am nächsten Tag in Wounded Knee eintreffen. Della fuhr bestimmt hin, und ich hoffte mitfahren zu können.
Doch als sie mich hereinbat, zerschlugen sich meine Hoffnungen. Bey und April lagen mit glühenden Gesichtern auf der Couch im Wohnzimmer.
»Geh nicht zu nah an sie ran, sie haben Fieber«, sagte Della. »Der Arzt war schon da und hat Medikamente dagelassen. Vielleicht geht es ihnen morgen besser.«
Die Mädchen winkten mir, und ich ging zu ihnen, um sie zu begrüÃen. Mit glasigen Augen lächelten sie mich an. Es ging ihnen wirklich schlecht, das merkte ich daran, wie reglos und still sie waren, wo sie doch sonst keine Minute still sitzen konnten und meist pausenlos plapperten.
Ich hatte für jede ein kleines Geschenk, eine bunte Haarspange aus Glasperlen, die sie mit matten Bewegungen auspackten.
Della brachte ihren Töchtern zwei Becher mit einem Tee, den sie aus der inneren Rinde der Traubenkirsche gebrüht hatte. »Gut, dass du gekommen bist, Tally«, sagte sie. »Ich hatte den ganzen Tag mit den Mädchen zu tun und bin noch nicht dazugekommen, die Pferde zu füttern. Wäre schön, wenn du mir helfen würdest.«
Als wir zur Scheune kamen, waren die Tiere schon da. Sie hatten Hunger. Ihre warmen Leiber drängten zum Futterkasten, und ihr weiÃer Atem bildete gespenstische Wolken. Ich begrüÃte Stormy und half Della, die Heuballen in den Futterkasten zu bringen.
Die Tiere fraÃen sofort. Nur Psitó stand mit hängendem Kopf etwas abseits und fraà nicht.
»Was ist mit ihr?«, fragte ich Della.
»Ich weià auch nicht. Sie lahmt immer noch und scheint krank zu sein. Psitó ist schon alt, Tally. Vielleicht ist sie einfach müde.«
Ich wollte nicht wissen, was das für ein Pferd bedeutete: alt und müde zu sein. Ich streichelte Psitó, und sie schob ihre feuchten Nüstern in meine Hand.
»Werde wieder gesund, meine Perle«, flüsterte ich in ihr Ohr und legte meine Wange an ihren Kopf.
19. Kapitel
Am nächsten Tag, es war der 29. Dezember, trafen die Reiter des Big-Foot-Gedenkrittes am Nachmittag auf dem Hügel von Wounded Knee ein. Ich saà drüben bei Della, und gemeinsam mit den Mädchen, die immer noch leichtes Fieber hatten, hörten wir KILI Radio, den Reservatssender.
Wie gebannt lauschten wir auf die Stimme des Radiosprechers, der von der Ankunft der Reiter berichtete. Es hatte keine Zwischenfälle gegeben. Alle, die sich vor zwei Wochen im Standing-Rock-Reservat mit ihren Pferden auf den Weg gemacht hatten, und all jene, die unterwegs zu ihnen gestoÃen waren, hatten sich wohlbehalten auf dem Hügel am Gedenkstein eingefunden, wo im Augenblick die Abschlusszeremonie gehalten wurde.
Ich merkte, dass Della genauso gerne dabei gewesen wäre wie ich. Gemeinsam warteten wir auf die Heimkehrer, aber es wurde immer später, und irgendwann rief Tom an, dass er und Neil erst am nächsten Morgen nach Hause kommen würden, weil sie noch an einem Abschlussfest teilnehmen wollten.
Es war schon Nacht, als ich nach Hause lief. Die Sterne funkelten vom
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