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Talivan (German Edition)

Talivan (German Edition)

Titel: Talivan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Tillmanns
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Wald im Osten, weiter, als er jemals zuvor g e kommen war. Langsam gingen seine Vorräte zur Neige, obwohl Frano a l le Beeren und Pilze sammelte, die der Förster ihm gezeigt hatte. Er liebte den Wald, doch als Mensch taugte er wohl einfach nicht zum Leben in der Wildnis. Es wurde Zeit, dass er eine andere Stadt fand.
    Frano wusste nicht genau, wie lange er durch den Wald g e stolpert war, bis die Bäume sich plötzlich lichteten. Nur wenige Schritte weiter blickte er in ein Tal, in dem eine große Stadt lag, die er noch nie gesehen hatte. Seine neue Heimat?
    Frano schüttelte langsam den Kopf. Wo immer er auch leben wollte, er würde dort immer mit anderen Menschen zusammentreffen. Doch solange er diesen faltigen B u ckel auf dem Rücken trug, würde es ihm überall so ergehen wie in seinem Heimatdorf.
    Frano zog sein Hemd über den Kopf und fasste hinter seinen Rücken, wo er einen der Hautstränge griff und zur Seite zog, bis er ihn sehen konnte. Wenn es z u mindest ein normaler Buckel gewesen wäre, der seinen Rücken ve r formte, hätte er sich wohl damit abfinden können. Aber dieses groteske G e wirr aus Haut, immer wieder durchzogen von dickeren Strängen, ekelte ihn selbst an. Weshalb nur wuchs etwas so Hässliches ausgerechnet auf seinem R ü cken? Er hätte alles dafür gegeben, wie ein ganz normaler Mensch auszusehen.
    Das Messer schien sich wie von selbst in seine Hand verirrt zu haben. Die Hautlappen wirkten tot, schienen überhaupt nicht zu ihm zu gehören. Vielleicht würde es nicht ei n mal bluten? Sicher würde die Wunde rasch verheilen. Ob diese Lappen überhaupt schmer z empfindlich waren? Er drückte das Messer leicht gegen einen der dickeren Stränge, die die dünnen Hautlappen durchzogen. Nicht einmal die Kühle des Metalls spürte er. Frano atmete tief durch.
    „Nein!“, rief eine entsetzte Stimme hinter ihm. Das Messer wurde aus seiner Hand gerissen, blieb einen Moment u n schlüssig in der Luft stehen, ohne dass Frano eine Hand s e hen konnte, die es hielt, und bohrte sich dann einige Meter entfernt von ihm tief in den Boden.
    „Was hast du dir dabei gedacht?“ Aus dem Wald trat eine junge Frau, kleiner als er und ziemlich stämmig. Frano schüttelte ungläubig den Kopf, als er begriff, dass der schimmernde Schleier um sie herum in Wahrheit ein ries i ges Paar Flügel zu sein schien.
    „Was sollte dieser Wahnsinn?“, fragte sie weiter und deut e te mit dem Kopf auf das Messer. „Ist das jetzt Mode unter Luftgeistern, oder bist du einfach nur ve r rückt?“
    Frano sah sie sprachlos an. „Was sind Luftgeister?“, fragte er schließlich stockend.
    Die Fremde starrte ihn an, seufzte endlich verstehend und ließ sich ihm gegenüber ins Gras fallen.
    „Du bist unter Menschen aufgewachsen, oder?“, fragte sie.
    „Natürlich war meine Mutter ein Mensch“, entgegnete Fr a no. „Was auch sonst?“
    „Oh, es gibt noch viel mehr, auch wenn die Menschen sich daran nicht mehr erinnern. Ich bin eine Baumelfe“, erklärte sie ruhig. „Und du siehst aus wie ein Luftgeist, oder vielleicht waren deine Eltern auch ein Luftgeist und eine Bl u menelfe. Es wäre eine Erklärung dafür, weshalb du nicht bei deinem Volk aufgewachsen bist.“
    „Aber es gibt keine Elfen“, beharrte Frano, ehe er b e griff, wie unsinnig diese Aussage war. Schließlich saß er gerade einer Elfe gegenüber. Menschen hatten keine Flügel. Er merkte, wie seine Augen sich mit Tränen füllten, als er den Gedanken weiterführte. Wenn diese Frau eine Elfe war, musste auch er nicht unbedingt ein Mensch sein. Dann konnte sein Buckel auch etwas ganz anderes sein als eine groteske Laune der Natur.
    „Aber dieses Ding auf meinem Rücken ist doch nur ein t o ter Hautlappen“, schluchzte er.
    Die Elfe verdrehte die Augen. „Natürlich sind deine Flügel tot, solange du sie nicht benutzt“, entgegnete sie. „Hast du noch nie gesehen, wie ein Schmetterling aus seinem Kokon schlüpft? Anschließend sitzt er in der Sonne, lässt sein Blut durch die Flügel fließen, bis sie ebenso zu ihm geh ö ren wie seine Beine, und dann erst kann er fliegen.“
    Frano sah sie unsicher an.
    Die Elfe seufzte. „Es ist gar nicht schwer, du musst es nur wollen“, sagte sie dann. „Für Kinder ist es sicherlich ei n facher, aber auch dir wird es gelingen. Du musst dir einfach nur vorstellen, wie deine Flügel aussehen werden, wenn sie erst entfaltet sind. An alles andere erinnert sich dein Kö r per.“
     
    Es dauerte eine ganze Weile, bis

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