Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Talk Talk

Talk Talk

Titel: Talk Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
Vom Netzwerk:
Meer entstieg, und einige Strähnen hingen geordnet in die Stirn. Es dauerte ein paar Sekunden, bis Bridger begriff: Elvis Presley in Viva Las Vegas .
    »Also, ja«, sagte Milos mit dem gleichen starken, undefinierbaren Akzent wie Radko und winkte sie herein, »ihr sucht einen Dieb, ich weiß, ich weiß.«
    Er bat sie, Platz zu nehmen – auf zwei Holzstühlen –, und ließ sich in den Drehsessel hinter dem Schreibtisch fallen, der mit Schrammen und Kerben übersät war und früher vielleicht zur Ausstattung einer Bibliothek gehört hatte. Auf der kahlen Fläche der Platte stand nur ein altmodisches Telefon mit Wählscheibe. Die Tapete war gemustert, und der Rest der Einrichtung bestand aus einem Bücherregal, das auf den ersten Blick nur vogelkundliche Werke und eine lange Reihe von Telefonbüchern enthielt, zweihundert oder mehr, und wie ein Bollwerk an der Wand aufragte. Dana setzte sich auf die Stuhlkante, erhob sich jedoch gleich wieder, ging auf und ab und und erzählte unter Gestikulieren ihre Geschichte. Bridger erläuterte Einzelheiten, wenn Milos’ Blick abzuschweifen schien. Es dauerte nur fünf Minuten, dann gingen Dana die Worte aus, und sie ließ sich schwer auf den Stuhl sinken. Sie sahen Milos an, dessen Gesicht völlig ausdruckslos blieb.
    »Das weiß ich alles«, sagte er und kehrte die Handflächen nach oben. »Mein Vetter«, fügte er mit einem langen, pfeifenden Seufzer hinzu.
    Ein langer Augenblick schwoll an und verging. Es war eigenartig still, als wären der Rest des Gebäudes und auch das Lebensmittelgeschäft verlassen. Und es war warm, zu warm, denn das Fenster hinter Milos’ Schreibtisch war so oft lackiert worden, daß es sich nicht mehr öffnen ließ, und der Ventilator in der Ecke war ausgeschaltet oder funktionierte nicht. Bridger wechselte einen Blick mit Dana – sie war ausgepumpt und ließ die Schultern hängen, das Drama war vorüber – und fragte sich, was sie hier eigentlich machten. Radko hatte ihm anvertraut, bei Milos’ Aufträgen gehe es meist um Scheidungen. Er spähte also durch Fenster von Vororthäusern und legte sich vor Motels auf die Lauer, und sein Büro wirkte nicht sonderlich vertrauenerweckend. Er war eindeutig low-tech. Und der Dieb, dieser Mann auf den Fotos, diese Stimme am Telefon, war so high-tech, wie man nur sein konnte.
    Schließlich brach Milos das Schweigen. »Ein Mann wie dieser Mann«, sagte er, öffnete eine Schublade und entnahm ihr einen fleckigen Ordner, »er ist nicht so schlau, wie ihr denkt.« Er machte eine Kunstpause und schob den Ordner Dana zu.
    Er enthielt das Fax eines Protokolls der Polizei von Stateline, Nevada. Wieder sah das jetzt schon vertraute Gesicht sie an. Als Name war Frank Calabrese angegeben, geboren am 2.10.1970 in Peterskill, New York, keine feste Adresse. »Auf der Durchreise«, hieß es in dem Protokoll. Geschlecht: männlich; Rasse: weiß; Alter: 33; Größe: 1,86; Gewicht: 81 Kilo; Haarfarbe: braun; Augen: braun; Sozialversicherungsnummer: ?; Führerschein: 8206265757, ausgestellt im Bundesstaat New York. Er war wegen Betrugs festgenommen worden, nachdem er in einem Good-Guy-Geschäft versucht hatte, unter einem anderen Namen – Justin Delhomme – einen Kredit aufzunehmen und einen Plasmafernseher für 5500 Dollar zu kaufen. Er war im Besitz eines zweiten Führerscheins, ausgestellt in Kalifornien, der ihn als Dana Halter, Pacific View Court 31, San Roque auswies.
    Bridger spürte Aufregung in sich aufsteigen: Da war er, der Schweinehund, jetzt hatten sie ihn. Er sah Milos voll Freude und Dankbarkeit an. Wie hatte er nur an ihm zweifeln können? »Dann heißt er also... wie? Frank Calabrese?«
    Milos legte die Fingerspitzen aneinander und sah nachdenklich Dana an, die in den Bericht versunken war. »Du bist vorgeeilt«, sagte er, ohne den Blick von Dana zu wenden. »Denn das ist nicht sein Name. Warum sollte es sein Name sein?« Er zuckte die Schultern. »Nur wieder ein Deckname.«
    Dana spürte, daß gesprochen wurde, und sah auf.
    »Aber er ist nicht so schlau, und weißt du, warum?« fuhr Milos fort und zeigte auf Dana. »Weil er ist verliebt in dich.«
    Dana sah Bridger an, als wäre sie nicht ganz sicher, ob sie richtig verstanden hatte, und wandte sich dann wieder zu Milos. »Verliebt?« wiederholte sie.
    »In dich.«
    »Sie meinen, er steckt zu tief drin, er hat zuviel in diese Identität investiert, um sie einfach aufzugeben?« fragte Bridger.
    »Wer du bist«, sagte Milos, und seine Lippen luden jedes

Weitere Kostenlose Bücher