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Talk Talk

Talk Talk

Titel: Talk Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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ausgeschüttet wurde und er begriff, daß der Zeiger ganz links war, und noch während er auf die Tankanzeige starrte, begann das Warnlämpchen zu blinken. Leer. Er konnte es nicht fassen. Er war empört. Sein erster Impuls war, jemandem, also Dana, die Schuld zu geben – Wer war zuletzt mit dem Wagen gefahren? Kein Sprit mehr? Er fuhr seinen Wagen nie mehr als halbleer, niemals –, doch statt dessen trat er mit klopfendem Herzen aufs Gas und hörte sich sagen: »Gib mir dein Handy!«
    Sie schoben sich rasch an den Mercedes heran, und Bridger nahm das Gas zurück und sah den Hinterkopf des Diebs ganz deutlich, einen ganz normalen, nichtsahnenden Kopf unter einer Hipsterfrisur. Er sah auch die Schultern des Diebs und die langen, schwingenden Haare seiner Frau, die sich vorbeugte und am Radio hantierte, und er mußte Dana am Arm rütteln: »Das Handy! Schnell, das Handy!« Er war jetzt auf der Überholspur und wurde wieder langsamer. Ein silberfarbener Toyota schob sich zwischen sie und den Mercedes. Das Warnlämpchen der Tankanzeige brannte ein Loch in das Armaturenbrett. Dann hatte er das Handy in der Hand und wählte die 911.
    Nach dem ersten Rufton meldete sich die Stimme einer Frau. »Polizeinotruf, bitte bleiben Sie am Apparat.«
    »Verdammt!« rief er, aber aus dem Handy kam nur statisches Rauschen, die Nadel der Tankanzeige stand auf »Leer«, und der Dieb fuhr auf der rechten Spur, als wäre diese ausschließlich für ihn finanziert, vermessen, gebaut und markiert worden. Sie näherten sich rasch einer Ausfahrt, über der ein Chevron-Schild hing – Benzin, Imbiß, Übernachtung –, und er wußte nicht, was er tun sollte, verdammt. Dana beobachtete ihn mit aufgerissenen Augen. Ein dünner roter Tropfen rann aus dem schwarzen Schlitz an ihrem Haaransatz. »Was sagen sie?«
    »Warteschleife«, rief er. »Ich bin in der Warteschleife. Und wir haben bald keinen Sprit mehr. Hast du vergessen –«
    »Polizeinotruf«, sagte die Stimme wieder. »Weswegen rufen Sie an?«
    »Wegen einem Dieb«, sagte, nein, rief er. »Wegen einem Diebstahl, einem Identitätsdiebstahl. Er hat... er hat die Identität meiner Freundin, meiner Verlobten, gestohlen, und er ist hier, wir haben ihn direkt vor uns, und wir –«
    Danas Stimme erklomm die höchsten Höhen und übertönte die seine: »In einem roten Mercedes. Sag ihnen, in einem roten Mercedes!«
    »Wo sind Sie?«
    Zunächst verstand er die Frage nicht. Wo sie waren? »In einem Wagen«, sagte er. »Auf der I-80, und er ist...Wir haben bald kein Benzin mehr, und –«
    »Sie haben bald kein Benzin mehr?«
    »Ja, und er ist –«
    »Tut mir leid, Sir, aber diese Nummer ist nur für Notfälle. Bitte machen Sie die Leitung sofort frei.«
    Die Verbindung wurde unterbrochen, die Ausfahrt flog vorbei. Der verrückte Gedanke, den Mercedes einfach von der Straße abzudrängen, schoß ihm durch den Kopf – er hatte das ein Dutzendmal im Film gesehen, aber hier war niemand, der die Drähte retuschierte, und das Blut auf Danas Stirn war sehr real. »Wie genau ist diese Anzeige?« wollte er wissen und warf ihr das Handy in den Schoß. »Für wie viele Kilometer reicht das? Ist das Benzin jetzt gleich alle, oder können wir noch fünfzig Kilometer oder so fahren? Weißt du das?«
    Sie sagte: »Was?«
    Er wiederholte seine Frage langsam, und sie sagte: »Du meinst die Tankanzeige?«
    Er nickte.
    Sie beugte sich zu ihm, um die Anzeige mit eigenen Augen und aus nicht allzu schiefem Winkel zu sehen, als der Mercedes plötzlich auf ihre Spur wechselte. Bridger erschrak derart, daß er beinahe das Lenkrad losließ. Hatte der Typ sie bemerkt? War es das? Bridger ging vom Gas, bis der Wagen hinter ihnen zum Überholen ansetzte. Aber nein, der Mann im Mercedes hatte einfach nicht in den Rückspiegel gesehen – er starrte immer nur geradeaus und wandte den Kopf lediglich seiner Frau zu. Wahrscheinlich unterhielten sie sich. Er ahnte nichts. Alle Befürchtungen waren unbegründet. Alles war gut. Bis der Tank leer war.
    Als es soweit war, kam es fast überraschend. Er hatte mit einem Wunder gerechnet – die Speisung der Fünftausend, das Chanukkaöl –, gegen alle Wahrscheinlichkeit würde das Gute über das Böse triumphieren. Der Wagen schien plötzlich zu straucheln, als hätte sich ein Sturmwind erhoben, der ihnen entgegenblies, und dann stotterte der Motor und starb ab, und Bridger ließ den Jetta auf der Standspur ausrollen, so machtlos wie einer der Echsenhäuptlinge auf Drex III .
    Er saß

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