Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
steckte, ehe sie ihm ein weiteres anbot.
Zögerlich berührte Tobin es mit der Zunge, dann lachte er. »Zucker!«
Solari schmunzelte und nahm sich selbst eine Blume. »Frau Lytia ist eine wahre Künstlerin.«
»Eure Urgroßmutter hat meine Großmutter zur Ausbildung bei einer berühmten Zuckerbäckerin nach Ero geschickt«, erklärte Lytia. »Sie reichte ihr Wissen an meine Mutter weiter, und sie an mich. Ich bin froh, dass Euch meine kleinen Blumen gefallen, aber was haltet Ihr davon?« Sie griff in die zweite Kiste und hob einen durchscheinenden Zuckerdrachen heraus. Der hohle Körper war rot wie die Rosenblüten und mit zierlichen, vergoldeten Schwingen sowie nach vorne geneigten Gesichtsstacheln versehen. »Was zieht Ihr für heute Abend vor?«
»Beides ist erstaunlich! Aber der Drache erscheint mir für den König geeigneter.«
»Gut, dann wird das hier ja nicht mehr gebraucht!«, rief Korin aus und stieß sein Messer gegen die Zuckervase. Sie zerbarst mit einem leisen Klirren, und die Jungen rauften sich um die größeren Scherben.
»Es ist eine Schande, sie zu zerbrechen«, meinte Tobin, während er sie beobachtete.
Lytia lächelte und sah zu, wie sich die Gefährten mit den Ellbogen um die letzten Krümel drängten. »Aber dafür mache ich sie ja.«
Sobald Solari Tobins Zeit nicht mehr in Anspruch nahm, bestand Korin darauf, zu den Toren der Ortschaft hinunterzureiten, um Ausschau zu halten. Porion ließ sich nicht davon abbringen, sie zu begleiten, und auch Tharin kam mit, abgesehen davon jedoch wollte Korin keine Garde.
Tobin kannte die Mischung aus Sehnsucht und Aufregung in den Augen seines Vetters. Er erinnerte sich noch gut daran, wie er sich in der Feste auf dem Kasernenhof herumgetrieben und darauf gewartet hatte, dass sein Vater zwischen den Bäumen am Fuß der Weide hervorreiten würde. Im Augenblick wünschte er, Korins freudige Erregung teilen zu können, statt jene Übelkeit zu empfinden, die sich in seinem Bauch eingenistet hatte. Den ganzen Vormittag hatte er besorgt darauf geachtet, ob Bruder irgendwo erscheinen würde, aber es hatte keinerlei Anzeichen auf ihn gegeben.
Während sie unmittelbar vor den Toren auf den Pferden ausharrten, scharte sich eine Menschenmenge um sie, um die Wappen und Pferde der Gefährten zu bestaunen. Tharin schien jeder zu kennen.
Auch Soldaten, die sich auf dem Platz herumtrieben, fanden Gründe, zu ihnen herüberzukommen, und Tobin fiel es leicht, sich mit ihnen zu unterhalten. Schließlich war er sein Leben lang von Kriegern umgeben gewesen. Er erkundigte sich nach ihren Narben und bewunderte ihre Schwerter oder Bogen. Mit etwas Ermutigung gaben sie Geschichten über seinen Vater und Großvater zum Besten, außerdem einige über seine Tanten, die in vergangenen Jahren unter dem Banner der Königin gekämpft hatten. Viele begannen ihre Schilderungen mit »Diese habt Ihr vielleicht schon gehört …« Aber zumeist kannte Tobin die Geschichten nicht, und er fragte sich, weshalb sein Vater ihm so wenig über sich selbst erzählt hatte.
Mittag kam und ging. Essensverkäufer brachten ihnen Fleisch und Wein, und sie aßen wie Feldreiter im Sattel. Als Tobin das Warten letztlich langweilte und er es überdrüssig wurde, angestarrt zu werden, rief er seine Freunde zusammen, und sie vertrieben sich die Zeit damit, Kinder auf den Pferden die Straße hinauf und hinunter mitreiten zu lassen. Korin und die älteren Jungen blieben am Tor und liebäugelten mit den Mädchen des Ortes. Sie hatten für den Anlass ihre besten Kleider angelegt und erinnerten Tobin an einen Schwarm bunter, zwitschernder Vögel, als sie kicherten und sich für die Jungen in Pose warfen.
Die Sonne hatte den halben Weg den Himmel hinab zurückgelegt, als endlich ein Vorbote eintraf, der die Ankunft des Königs ankündigte.
Korin und die anderen wären als wilder Haufen losgaloppiert, hätte Porion ihnen nicht mit einem scharfen Schrei Einhalt geboten.
»Nehmt ordentliche Formation ein!«, befahl er, wobei er aus Achtung vor den Prinzen die Stimme nicht allzu laut werden ließ. »Ich habe euch etwas Besseres beigebracht, als einfach loszustürmen. Wollt ihr etwa, dass der König denkt, Räuber griffen ihn an?«
Ernüchtert bildeten sie eine ordentliche Kolonne, jeder Adelige mit seinem Knappen an der Seite, Korin und Tobin an der Spitze. Solari und Savia kamen in festlichem Prunk gerade noch rechtzeitig herbeigeritten, um sich zu ihnen zu gesellen.
»Die beiden sehen selbst wie
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