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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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war.
    »Ich wurde in einer Ortschaft westlich von Dirgis geboren«, begann sie, »in der Nähe des Sarnaquellgebiets.« Sie sprach Elenisch, da außer Oscagne, Engessa und den beiden Atanerinnen keiner der ihr Nahestehenden Tamulisch verstand. »Wir lebten tief in den Bergen. Meine Eltern waren sehr stolz darauf.« Sie lächelte schwach. »Alle Ataner glauben, daß sie etwas Besonderes sind, aber wir Gebirgsataner halten uns für etwas ganz Besonderes. Wir fühlen uns verpflichtet, in all unserem Tun die Besten zu sein, da wir ja so offensichtlich allen anderen überlegen sind.« Sie bedachte die Versammelten mit einem verstohlenen Blick. Mirtai war eine ausgezeichnete Beobachterin, und ihre Bemerkung war auf styrischen und elenischen Mienen gleichermaßen nicht ohne Wirkung geblieben. »Ich verbrachte meine früheste Kindheit in den Wäldern und auf den Bergen. Ich lernte eher laufen als andere, und rannte, kaum daß ich gehen konnte. Mein Vater war sehr stolz auf mich. Wie es sich geziemt, habe ich mich oft auf die Probe gestellt. Mit fünf konnte ich einen halben Tag ohne Pause laufen, und mit sechs vom Morgengrauen bis Sonnenuntergang.
    Die Kinder in unserem Dorf begannen erst spät mit der Ausbildung – für gewöhnlich, wenn sie fast acht waren –, weil das Übungslager sehr weit vom Dorf entfernt lag und unsere Eltern sich ungern von uns trennten, solang wir noch so klein waren. Bergataner sind sehr gefühlvoll. Das ist unsere einzige Schwäche.«
    »Warst du glücklich, Atana?« fragte Engessa sie sanft.
    »Sehr glücklich, Vater-Atan«, antwortete sie. »Meine Eltern liebten mich, und ich war ihr ganzer Stolz. Unser Dorf war sehr klein; es gab nur wenige Kinder. Ich war die Beste, und alle Freunde meiner Eltern hielten große Stücke auf mich.«
    Sie machte eine Pause, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Dann kamen die Sklavenjäger der Arjuni. Sie waren mit Bogen bewaffnet und hatten es nur auf die Kinder abgesehen. Deshalb mordeten sie alle Erwachsenen. Meine Mutter wurde vom ersten Pfeil getötet.«
    Ihre Stimme brach, und sie senkte den Kopf. Als sie das Gesicht wieder hob, strömten Tränen über ihre Wangen.
    Prinzessin Danae ging mit ernstem Gesicht zu ihr und streckte die Arme aus. Offenbar ganz unbewußt hob Mirtai das kleine Mädchen auf den Schoß.
    Danae strich ihr über die tränennassen Wangen; dann küßte sie ihre große Freundin sanft.
    »Ich habe nicht gesehen, wie mein Vater starb«, fuhr Mirtai fort. Ein Schluchzen würgte in ihrer Kehle; dann aber wurden ihre Stimme klar und ihre tränenglänzenden Augen hart.
    »Ich tötete den ersten Arjuni, der mich zu fangen versuchte. Sie waren primitive Kerle, die offenbar nicht zu begreifen vermochten, daß auch Kinder bewaffnet sein können. Der Arjuni, der mich faßte, hatte ein Schwert in der Rechten und hielt mich mit der Linken am Arm fest. Mein Dolch war sehr scharf und drang wie in Butter tief in seine Achselhöhle. Blut schoß ihm aus dem Mund, und er fiel auf den Rücken. Ich stach aufs neue nach ihm, unterhalb des Brustbeins, und konnte sein Herz an der Dolchspitze zucken spüren. Ich drehte die Klinge, und er starb.«
    » Ja! « rief Kring halblaut. Des Domis Stimme war heiser und wild, und er schämte sich seiner Tränen nicht.
    »Ich versuchte wegzulaufen«, erzählte Mirtai weiter, »doch ein anderer Arjuni trat nach meinen Füßen, daß ich stürzte, und wollte mir den Dolch fortreißen. Ich schnitt die Finger seiner rechten Hand ab und stieß ihm die Klinge in den Bauch. Er brauchte zwei Tage, um zu sterben, und brüllte die ganze Zeit vor Schmerz. Seine Schreie waren mein Trost.«
    » Ja! « Diesmal rief es Kalten, und auch in seinen Augen standen Tränen.
    Die Atanerin lächelte ihn flüchtig an. »Da erkannten die Arjuni, wie gefährlich ich war, und schlugen mich bewußtlos. Als ich zu mir kam, lag ich in Ketten.«
    »Und Ihr wart erst acht, als das alles geschah?« fragte Ehlana die Riesin mit kaum hörbarer Stimme.
    »Sieben, Majestät.«
    »Ihr habt in diesem Alter wirklich einen Mann getötet?« fragte Emban sie ungläubig.
    »Zwei, Emban. Der eine, der zwei Tage lang schrie, starb ja ebenfalls.« Die Atana blickte Engessa ein wenig zweifelnd an. »Darf ich ihn dazurechnen, Vater-Atan?« fragte sie. »In den zwei Tagen hätte er auch an etwas anderem sterben können.«
    »Du darfst es, Tochter«, entschied er. »Dein Dolch hat ihm den Tod gebracht.«
    Mirtai seufzte erleichtert.
    »Danke, Vater-Atan. Es läßt

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