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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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dem Trunk hin! Ich kann es natürlich nicht beweisen, aber ich habe das Gefühl, jeder von ihnen ist überzeugt, schon sehr bald sterben zu müssen.« Nachdenklich zupfte sie an Mirtais Haar. »Ich glaube, ich werde eine goldene Kette hineinflechten, meine Liebe«, sagte sie zu der Riesin.
    »Nein, Melidere«, wehrte Mirtai ab. »Es steht mir noch nicht zu, Gold zu tragen.«
    »Jeder Frau steht es zu, Gold zu tragen, Mirtai.« Melidere lachte. »Vorausgesetzt, sie kann einen Mann betören, es ihr zu schenken.«
    »Nicht bei meinem Volk«, widersprach Mirtai. »Gold ist nur für Erwachsene, nicht für Kinder.«
    »Ihr seid kein Kind mehr, Mirtai.«
    »Doch. Bis ich eine bestimmte Zeremonie über mich ergehen lasse. Nehmt Silber, Melidere – oder Stahl.«
    »Aber Stahl eignet sich nicht für Geschmeide.«
    »Warum nicht? Wenn man es genug poliert …«
    Melidere seufzte. »Hol mir bitte die Silberkettchen, Talen.«
    Als Talen zur Tür ging, wurde höflich angeklopft, und Botschafter Oscagne trat ein, nachdem der Knappe ihm geöffnet hatte. Oscagne verbeugte sich vor Ehlana. »Ich habe mit Fontan gesprochen, Majestät«, berichtete er. »Er beordert zwei atanische Legionen von der Garnison in Canae als Geleitschutz für uns ab, wenn wir nach Matherion weiterziehen. Ich bin überzeugt, daß wir uns in ihrer Gegenwart sicherer fühlen werden.«
    »Was ist eine Legion, Exzellenz?« erkundigte sich Talen, als er das Gemach durchquerte und in der Geschmeideschatulle zu wühlen begann.
    »Eintausend Krieger«, antwortete Oscagne. Er lächelte Ehlana an. »Mit zweitausend Atanern zu Eurer Verfügung, Majestät, könntet Ihr Edom erobern. Möchtet Ihr einen Stützpunkt auf dem daresischen Kontinent errichten? Das wäre gar nicht so unpraktisch. Wir Tamuler werden ihn für Euch verwalten – zur üblichen Gebühr, versteht sich – und Euch zum Ende jeden Jahres einen mehr als befriedigenden Bericht senden. Diese Berichte werden natürlich nicht der Wahrheit entsprechen, aber wir werden sie trotzdem schicken.«
    »Mitsamt dem Gewinn?« fragte Ehlana interessiert.
    »O nein, Majestät.« Oscagne lachte. »Aus irgendwelchen Gründen macht kein einziges Königreich im ganzen Imperium Gewinn – außer Tamul selbst natürlich.«
    »Warum sollte ich ein Reich wollen, das nichts einbringt?«
    »Aus Prestigegründen, Majestät, und aus Eitelkeit. Ihr würdet einen zusätzlichen Titel und eine zweite Krone Euer eigen nennen.«
    »Ich brauche keine zweite Krone, Exzellenz. Ich habe nur einen Kopf. Nein, nein. Lassen wir lieber dem König von Edom sein Reich, wenn's nichts einbringt.«
    »Ich glaube, das ist eine kluge Entscheidung, Majestät«, pflichtete Oscagne ihr bei. »Edom ist langweilig. Man baut dort Getreide an, und die Bauern sind schwerfällige Menschen, die sich allenfalls für das Wetter interessieren.«
    »Wie lange wird es voraussichtlich dauern, bis diese Legionen eintreffen?« erkundigte sich Sperber.
    »Etwa eine Woche. Sie marschieren, kommen also schneller voran, als wenn sie reiten würden.«
    »Ist es nicht umgekehrt, Exzellenz?« fragte Melidere. »Ich war immer der Meinung, daß Pferde schneller sind als Menschen zu Fuß.«
    Mirtai lachte.
    »Habe ich etwas Komisches gesagt?« wunderte sich Melidere.
    »Als ich vierzehn war, hat mich drunten in Dakonien mal ein Mann belästigt«, sagte die Riesin. »Er war betrunken. Als er am nächsten Morgen nüchtern wurde, erkannte er, was er getan hatte, und flüchtete auf seinem Pferd, noch vor Sonnenaufgang. Ich holte ihn kurz vor Mittag ein. Sein Pferd war tot; der Mann hatte es zuschanden geritten. Mir haben Pferde immer schon leidgetan. Ein ausgebildeter Krieger kann den ganzen Tag laufen – ein Pferd vermag das nicht, da es zum Fressen anhalten muß. Wir aber können beim Marschieren Nahrung zu uns nehmen und brauchen deshalb keine Rast zu machen.«
    »Was habt Ihr mit dem Kerl gemacht, der Euch belästigt hat?« fragte Talen.
    »Möchtest du das wirklich wissen?«
    »Äh – nein, Mirtai«, antwortete er. »Wenn Ihr mich so fragt, lieber nicht.«
    Und so hatten sie eine Woche für sich. Baroneß Melidere verbrachte die Zeit damit, scharenweise Herzen zu brechen. Die jungen Edelmänner an König Alberens Hof scharwenzelten auf Schritt und Tritt um sie herum. Melidere machte ihnen schöne Augen, gab allerlei Versprechen – von denen sie keines hielt – und ließ sich hin und wieder von einem sehr hartnäckigen Verehrer in einer dunklen Ecke küssen. Es machte ihr

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