Tamuli 2 - Das leuchtende Volk
Edelstein uns nach Matherion bringen kann. Ihr habt keinen Grund, mich zu belügen. Gebt mir ein paar Minuten, damit ich Androl Bescheid sagen und mich umkleiden kann. Meine Arbeitskleidung bringt Sarabian-Kaiser stets ein wenig aus der Fassung.« Sie blickte auf ihre Rüstung.
»Sarabian hat sich ziemlich verändert, Majestät.«
»Das hat mir Norkan auch gesagt. Ich bin neugierig, selbst einmal zu sehen, inwieweit Eure Gemahlin ihn verändert hat. – Ich bin gleich zurück.« Sie schritt aus dem Gemach.
»Ihr werdet Euch schon daran gewöhnen.« Khalad lächelte. »Betuana ist sehr direkt und verschwendet keine Zeit damit, Fragen über Dinge zu stellen, die unwesentlich für sie sind. Sie ist wirklich sehr unkonventionell.«
Botschafter Norkan war nervös, doch sowohl Kring wie Engessa standen in ihrer Gelassenheit der Königin nicht nach.
»Gott!« rief Kaiser Sarabian, als der flüchtige Nebel schwand und die atanische Gegend durch den vertrauten blauen Teppich, die leicht windbewegten Vorhänge und die schillernden Wände des königlichen Salons in Ehlanas Burg ersetzt wurden. »Gibt es denn keine Möglichkeit, daß Ihr Euer Kommen anmeldet, Sperber?«
»Ich glaube nicht, Majestät.«
»Daß urplötzlich eine ganze Schar Leute aus dem Nichts auftaucht, kann einen schon erschrecken, wißt Ihr.« Er runzelte die Stirn. »Was wäre passiert, wenn ich genau an der Stelle gestanden hätte, an der ihr erschienen seid? Wären wir dann irgendwie verbunden worden? Ich meine, vielleicht zu einer Person zusammengeschmolzen?«
»Das weiß ich wirklich nicht, Majestät.«
»Sag ihm, das ist undenkbar, Anakha.« Vanion sprach mit Bhellioms Stimme. »Einen solchen Fehler würde ich nicht begehen. Abgesehen davon ist es ungewöhnlich, daß zwei Dinge sich zur selben Zeit an demselben Fleck befinden.«
»Ungewöhnlich?« fragte Sarabian bestürzt. »Soll das heißen, daß es passieren kann ?«
»Ich bitte dich, Anakha, ersuche ihn, diese Frage nicht zu verfolgen. Die Antwort wäre nicht gut für seine Nerven.«
»Ihr scheint großartig in Form zu sein, Sarabian-Kaiser«, stellte Betuana fest. »Ihr habt Euch sehr verändert. Könnt Ihr mit diesem schmalen Schwert umgehen?«
»Das ist ein Degen. O ja, Betuana. Ich beherrsche ihn gut.«
»Für meinen Geschmack ist es eine zu leichte Klinge. Doch jeder soll die Waffe wählen, mit der er am besten umzugehen versteht. Sperber-Ritter und Vanion-Hochmeister erzählten mir, daß sich viel verändert hat. Laßt uns über diese Veränderungen nachdenken und dann unsere Pläne entsprechend gestalten.« Sie blickte Ehlana lächelnd an. »Ihr seht gut aus, Schwester-Königin. Matherion bekommt Euch.«
»Und Ihr seid liebreizend wie immer, teure Schwester«, erwiderte Ehlana herzlich. »Euer Gewand ist atemberaubend!«
»Gefällt es Euch wirklich?« Betuana wirkte fast mädchenhaft, als sie sich drehte, damit das tiefblaue atanische Gewand, das eine bronzene Schulter freiließ und über den Hüften mit einer Goldkette gegürtet war, bewundert werden konnte.
»Es ist wundervoll, Betuana. Blau steht Euch sehr gut!«
Betuana strahlte bei diesem Kompliment. »Nun denn, Sarabian«, sagte sie dann, wieder vollkommen sachlich. »Was ist geschehen, und was werden wir tun?«
»Das finde ich nicht lustig, Sarabian-Kaiser!« sagte Betuana verärgert.
»Ich erwähnte das auch nicht, um Euch zu erheitern, Betuana. Mir ist es ähnlich wie Euch ergangen, als man mich darauf aufmerksam machte. Ich habe die Dame gebeten hierherzukommen. Ihr werdet es wohl erst mit eigenen Augen sehen müssen.«
»Haltet Ihr mich für ein Kind, dem Geschichten über Gespenster und Ungeheuer angst machen?«
»Natürlich nicht. Aber ich versichere Euch, Xanetia ist wirklich eine Delphae.«
»Leuchtet sie?«
»Nur, wenn sie es für angemessen hält. Sie unterdrückt das Licht – unseres Seelenfriedens wegen – und sie hat ihre Haut- und Haarfarbe verändert, so daß sie wie eine ganz normale Tamulerin aussieht. Aber glaubt mir, sie ist alles andere als gewöhnlich.«
»Ich fürchte, Ihr habt den Verstand verloren, Sarabian-Kaiser.«
»Ihr werdet schon sehen, Schätzchen.«
Sie blickte ihn verblüfft an.
»Harmlose neue Redewendung.« Er zuckte die Schultern.
Die Tür schwang auf und Xanetia, Danae und Sephrenia kamen herein.
Prinzessin Danae, mit gekonnt gespielter Unschuldsmiene, ging zu Betuanas Sessel und streckte die Ärmchen aus. Betuana lächelte das kleine Mädchen an und hob es auf ihren
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