Tamuli 3 - Das Verborgene Land
könnte sehr nützlich sein, wenn Xanetia sich unbemerkt nach Sopal begibt. Ihre Fähigkeit, in das Gedächtnis anderer einzudringen, würde es ihr ermöglichen, rasch herauszufinden, ob sich Ehlana dort befindet oder nicht. Wenn ja, können wir die erforderlichen Schritte unternehmen. Wenn nicht, wissen wir, daß Sopal nur eine weitere Ablenkung war.«
Cedon blickte Edaemus an. »Ich fürchte, Geliebter, daß wir uns intensiver und in weiterem Umkreis mit der Welt um uns herum befassen müssen, als wir ursprünglich vorhatten. Anakhas Besorgnis um die Sicherheit seiner Gemahlin hat für ihn Vorrang vor allem anderen, und die Erfüllung des Versprechens, das er gegeben hat, ist gefährdet, solange Ehlana nicht heil und gesund bei ihm zurück ist.«
Edaemus seufzte. »So wie du sagst, mein Anari, mag es sehr wohl sein. Obgleich es mir nicht gefällt, scheint mir, daß wir unsere Abneigung verdrängen und uns an der Suche nach Anakhas Gemahlin beteiligen müssen, indem wir ihm alle Hilfe angedeihen lassen, die in unserer Macht steht.«
»Bist du wirklich sicher, daß du damit zu tun haben willst, Edaemus?« fragte Aphrael.
»Wirklich sicher?«
»Ich habe mich entschieden, Aphrael.«
»Interessiert es dich denn kein bißchen, warum mich das Schicksal eines elenischen Paares so sehr berührt? Immerhin haben Elenier ihren eigenen Gott, wie du weißt.
Warum, meinst du, bin ich dann so interessiert an ihnen?«
»Weshalb mußt du immer nur so weitschweifig reden und kommst nicht gleich zum Kern der Sache, Aphrael?«
»Weil ich andere gern überrasche«, antwortete sie fröhlich. »Ich möchte dir ehrlich für deine Besorgnis um das Wohlergehen meiner Mutter und meines Vaters danken, Vetter. Du hast mich tief ins Herz gerührt.«
Er starrte sie bestürzt an. »Du hast doch nicht …?« stieß er hervor.
»Jemand mußte es tun.« Sie zuckte die Schultern. »Einer von uns muß ein Auge auf Bhelliom haben. Anakha ist Bhellioms Geschöpf, doch solange ich meine Hand um sein Herz habe, kann ich sein Handeln mehr oder weniger lenken.« »Aber sie sind Elenier!«
»Werde endlich erwachsen, Edaemus! Elenier, Styriker, Delphae – was macht das für einen Unterschied? Sie sind alle liebenswert, wenn man sein Herz nicht verschließt.«
»Aber sie essen Schweine!«
»Ich weiß.« Aphrael schauderte. »Glaub mir, das weiß ich. Aber ich arbeite schon daran.«
Senga war ein gutmütiger Räuber von so gemischtem rassischen Ursprung, daß niemand genau zu sagen vermochte, was er denn nun eigentlich war. Er grinste ununterbrochen, war laut und fröhlich und hatte ein ansteckendes Lachen. Kalten mochte ihn, und Senga hatte in dem elenischen Geächteten offenbar einen Gleichgesinnten gefunden, den er als Col kannte. Er lachte, während er quer durch Narstils unordentliches Lager schritt, wo Möbelstücke und anderer Haushaltsbedarf in wirren Stapeln auf dem kahlen Boden lagen. »He, Col!« brüllte er, als er sich dem Baum näherte, unter dem Kalten, Caalador und Bevier ihr Zelt aufgeschlagen hatten. »Du hättest mitkommen sollen. Ein Ochsenkarren voll Bierfässer öffnet in Natayos jede Tür!«
»Armeen machen mich nervös, Senga«, erwiderte Kalten. »Die Offiziere versuchen ständig, einen zu rekrutieren – für gewöhnlich, indem sie das Schwert auf einen gerichtet halten. Und mehr als zwei Generäle an einem Ort sind meist zu moralistisch für meinen Geschmack. Aus irgendeinem Grund bringt der Begriff ›Kriegsrecht‹ mein Blut zum Stocken.«
»Scarpa ist in einer Kaschemme aufgewachsen, mein Freund«, erklärte Senga ihm. »Und seine Mutter war eine Hure. Deshalb ist er an die verworfenere Seite des menschlichen Charakters gewöhnt.«
»Und hast du ein gutes Geschäft gemacht?« erkundigte sich Kalten.
Senga grinste, verdrehte die Augen und zeigte ihnen einen prallen Säckel. »Und ob! Ich denke sogar darüber nach, ob ich das Schurkenleben nicht aufgeben und eine eigene Brauerei betreiben sollte. Das einzige Problem ist allerdings, daß unsere Freunde wohl nicht mehr allzu lange in Natayos bleiben werden. Würde ich wirklich Brauer, und meine Kunden marschierten allesamt los, um sich von den Atanern umbringen zu lassen, müßte ich mein ganzes Bier allein trinken, und so durstig ist niemand!«
»Ach? Wie kommst du auf die Idee, daß diese Rebellen weiterziehen wollen?« »Ich weiß nicht, es ist nur so ein Gefühl.« Senga legte sich auf den Boden und bot Kalten seinen Weinbeutel an. »Scarpa ist bereits seit
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