Tango Vitale
Trotzdem wird sie in der Agentur oft ohne Respekt behandelt und ausgenutzt. Melanie leidet darunter. Endlich beschließt sie, dass es so nicht weitergehen kann, und meldet sich zu einem Coaching an. Zunächst ist es für sie ungewohnt, ihre gegenwärtige Situation als Wirkung zu sehen. »Ich dachte immer, dass die Agentur halt ein Haifischbecken ist.« Doch mit der neuen Sichtweise findet sie auch ihre persönliche Ursache heraus: Sie verhält sich wie ein braves Mädchen und tut, was man von ihr verlangt, lässt sich schicken und meldet keine Ansprüche an. In der folgenden Zeit arbeitet Melanie konsequent daran, die Ursache zu verändern. »Ich habe nichts mehr durchgehen lassen. Zum Beispiel hatte man vergessen, mich auf die Liste für ein wichtiges Event zu setzen. Normalerweise hätte ich das geschluckt, aber diesmal habe ich energisch darauf bestanden.« Allmählich änderte sich die Wirkung, ihre Kollegen begannen, sie ernst zu nehmen. Seit einigen Monaten ist Melanie Leiterin einer eigenen Abteilung.
Unternehmen, was nötig ist, um die Ursache zu beheben – ich weiß, das ist leicht gesagt. Schließlich bedeutet es fast immer, sich von Gewohnheiten zu verabschieden und Neues zu wagen. Aber damit werden Sie auch garantiert eine andere Wirkung als die bisherige erzielen, |59| nach dem Motto: »Wenn du tust, was du immer getan hast, bekommst du auch nur das, was du immer bekommen hast.« Um im Bild zu bleiben: Theseus hat schließlich das Ungeheuer besiegt und aus dem Labyrinth herausgefunden.
Das Gesetz der Resonanz
Der Begriff »Resonanz« (lat. widerhallen) stammt aus der Physik. Das dazugehörige naturwissenschaftliche Gesetz besagt in Kurzform: Schwingungen bringen gleichartig schwingende Körper zum Mitschwingen und verstärken damit die Wirkung.
Das Gesetz der Resonanz lässt sich analog auch auf den Menschen übertragen. Allerdings nicht unbedingt als physikalisches Phänomen nach dem Motto »Alles ist Schwingung«, sondern konkret als eine Art der Wahrnehmung, die mit der entsprechenden Reaktion verbunden ist. Wir nehmen vor allem wahr, was in uns seine Entsprechung findet, seien es Dinge, andere Menschen, Erlebnisse, Erfahrungen, Gedanken oder Emotionen. Aus der Fülle des Angebots suchen wir uns immer das zu uns Passende aus. Der Volksmund hat diese Tatsache in kluge Sprichwörter gefasst: »Man sieht nur, was man sehen will.« »Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters.« Besonders bildhaft ist das plattdeutsche »Wat dem en sin Uhl, ist dem annern sin Nachtigall«.
Welche Ausschnitte der Wirklichkeit wir sehen und auf welche wir positiv oder negativ reagieren, hängt von unserer Persönlichkeit ab, von unseren Vorlieben und Abneigungen, unserer Konditionierung durch Erziehung und unserer bisherigen Erfahrung.
Andreas, Dermatologe in einer Gemeinschaftspraxis, ist äußerst genau. Schlamperei bemerkt er sofort und regt sich jedes Mal darüber auf, wenn sein Kollege Markus vergisst, nach der Behandlung die Daten in den Computer einzugeben. Markus hingegen sieht Andreas als |60| Erbsenzähler: »Entspann dich, die größten Erfindungen sind aus dem Chaos entstanden, denk bloß mal an das Penicillin.«
Verena ist Opernfan. Wenn ein bekannter Sänger in der Hamburger Oper auftritt, gibt sie viel Geld für einen guten Platz aus. Ihre Freundin Margit findet Opern dagegen schrecklich: »Nichts gegen eine schöne Arie, aber ich werde total nervös, wenn die minutenlang auf Italienisch singen ›Ich sterbe, ich sterbe‹, statt sich endlich auf die Bühnenbretter zu legen.«
Durch die Brille unserer spezifischen Wahrnehmung betrachten wir unsere Welt. Genau das besagt die hawaiianische Weisheit »The world is what you think it is«. Oder wie es eine Kollegin von mir kürzlich etwas drastisch ausdrückte: »Dem Reinen ist alles rein, dem Schweine ist alles Schwein.« Es kommt immer darauf an, womit wir innerlich übereinstimmen.
Wir erschaffen unsere Wirklichkeit
Unsere Sicht der Dinge bestimmt auch unser Verhalten. Das wiederum führt dazu, dass wir in unserer Umgebung das aktivieren, was in uns ist. Die folgende kleine Geschichte illustriert das sehr schön.
Ein Reisender kommt an das Tor einer großen Stadt. Davor sitzt ein alter Mann und raucht in aller Ruhe seine Wasserpfeife. Der Fremde beschließt, die Gelegenheit zu nutzen und sich schon mal vorab nach den Verhältnissen vor Ort zu erkundigen. »Sag, guter Mann, wie sind denn die Menschen in dieser Stadt?« Statt zu
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