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Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Titel: Tante Dimity und der skrupellose Erpresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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habe ich sie mitgenommen. Sie finden den Brief in der Innentasche.«
    Ich langte in die Tasche und zog ein gefaltetes weißes Blatt Papier hervor, die Hälfte einer Seite.
    Ich faltete es auseinander und hielt es in das Mondlicht.
    »Du meine Güte«, murmelte ich.
    Es handelte sich um einen klassischen anonymen Drohbrief. Die Worte waren aus Einzelbuchstaben zusammengesetzt, die jemand vermutlich aus Büchern ausgeschnitten und zu drei schiefen Zeilen zusammengeklebt hatte: achte auf das vögelchen
    das könnte auch dir passieren
    verlasse hailesham sofort sonst

    Ich erschauderte, und als Simon mir dieses Mal den Arm um die Schultern legte, entzog ich mich nicht.
    »Das ist widerlich«, sagte ich. »Sie sollten es zur Polizei bringen.«
    Sanft zog er den Drohbrief aus meiner Hand.
    »Die Elstyns lösen ihre Probleme selbst«, sagte er ruhig. »Mein Onkel verabscheut jeden öffentlichen Skandal.«
    »Haben Sie Gina den Brief gezeigt?«
    Er lachte bitter. »Sie ist viel zu beschäftigt, um Zeit für ihren Gatten zu haben.«
    Verwundert sah ich ihn an. »Und warum erzählen Sie mir davon?«
    »Wir sind aus dem gleichen Holz geschnitzt, Sie und ich.« Er senkte den Kopf. »Außerdem brauche ich jemanden, der sich in einer Bibliothek auskennt.«
    Meine Verwunderung wuchs mit jeder Sekunde. Woher wusste er, dass ich in meiner Alma Mater als Spezialistin für seltene Bücher in der Bibliothek gearbeitet hatte?
    Er schien Gedanken lesen zu können. »Ihr Gatte hat beim Port ein Loblied auf Sie gesungen.«
    Die Vorstellung, dass Bill vor dem Earl mit mir angegeben hatte, gefiel mir. Sofort vergab ich ihm all seine Sünden – selbst die, die er noch nicht begangen hatte.
    »Wirklich?«, strahlte ich.
    »Unablässig.« Simon schaute zum Salon, wo Claudias schrille Stimme die Rückkehr Ginas und der Männer signalisierte. Er verstärkte seinen Griff. »Wir treffen uns morgen früh um neun in der Bibliothek. Kein Wort zu irgendjemandem.«
    Ich hätte ihm etwa tausend Fragen stellen können, aber es blieb keine Zeit. Eilig reichte ich ihm sein Jackett und strich mir über das Kleid.
    »Ich werde da sein«, versprach ich. »Und Simon« – ich ergriff seinen Arm –, »seien Sie vorsichtig.«
    Er schaute einen Augenblick auf meine Hand und strich mir dann sanft über die Wange. »Ich fürchte, dazu ist es zu spät.«
    Die Luft zwischen uns schien zu knistern. Ich ließ seinen Arm los und ging ohne ein weiteres Wort zum Salon zurück. Ich traute mir nicht genug, um etwas zu sagen. Mit Simons Flirtversuchen konnte ich umgehen, aber seine Ernsthaftigkeit machte mir zu schaffen.

7
    ALS WIR SCHLIESSLICH nach oben kamen, war Bill so müde, dass er praktisch ins Bett taumelte, ohne mich zu fragen, wie mein Abend verlaufen war. Ich stand eine Weile bei ihm und beugte mich dann herab, um ihm einen Kuss zu geben. Vielleicht würde er mir ja doch noch etwas Nettes sagen. Er murmelte in der Tat einen Namen, aber nicht meinen. »Gina«, hörte ich ihn flüstern.
    Ich wich zurück, sprachlos vor Schreck, aber dann sagte ich mir rasch, dass das nichts zu bedeuten hatte, es war nur der Name einer Kollegin, mit der er einen großen Teil des Abends verbracht hatte. Ich beschloss, nicht allzu viel Aufhebens darum zu machen, und zog mich in mein Zimmer zurück, um mit Dimity zu sprechen.
    Es war fast zwei Uhr nachts, das Feuer im Kamin brannte nur noch schwach. Ich setzte mich auf die Bettdecke, lehnte Reginald neben mir an ein Kissen und schlug das blaue Buch in meinem Schoß auf. Was gerade geschehen war, wollte ich unerwähnt lassen.
    »Wir haben uns geirrt, Dimity«, sagte ich.

    »Nicht Derek braucht einen Leibwächter, sondern Simon.« Ich zog Reginald näher zu mir, während sich die Buchstaben in nachtblauer Tinte auf der Seite entfalteten.
    Simon Elstyn , ältester Sohn von Edwins Bruder Kenneth?
    »Genau«, sagte ich. »Seine Frau heißt Gina, und sein jüngerer Bruder Oliver ist auch hier.«
    Ich erinnere mich an Simon . Er war Edwins Liebling . Er und Oliver verbrachten all ihre Ferien auf Hailesham .
    »Magst du Simon?«, fragte ich.
    Wer könnte Simon nicht mögen?
    An dieser Stelle hätte ich natürlich laut auflachen können, aber ich erlaubte mir nur ein flüchtiges Lächeln. »Zumindest derjenige, der gedroht hat, ihn zu töten.«
    Wie bitte?
    Ich verbannte jeden Gedanken an Bill und Gina in ein Hinterstübchen meines Herzens und konzentrierte mich darauf, Dimity von dem anonymen Brief und dem versengten Formstrauch zu

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