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Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Titel: Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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aber im Bü ro fanden sich doch sicher die ganzen Alltagsgegenstände. Ich ging fest davon aus, dass ich in einem der Zimmer, die ich noch nicht erforscht hatte, Spuren ihrer Persönlichkeit finden würde.
    Der erste Raum linker Hand war ein kleines, aber wunderschön möbliertes Gästezimmer: Tagesbett und Kleiderschrank aus Walnussholz, eine Queen-Anne-Kommode und ein gepolsterter Lehnstuhl neben einer Leselampe. Das Tagesbett war fertig bezogen, aber der Schrank und die Kommode waren leer. Ich fragte mich, ob hier jemals jemand geschlafen hatte, oder ob das Zimmer nur in Erwartung von Besuchern eingerichtet worden war, die sich aber nie hatten blicken lassen.
    Ich nickte zufrieden, weil sich der nächste Raum tatsächlich als Büro erwies. Vor einer Wand stand ein Direktorenschreibtisch zusammen mit einem darauf abgestimmten ausladenden Drehstuhl aus Holz. Gegenüber befanden sich ein dunkler Mahagonischrank und eine schwarze Aktenablage mit vier Schubladen. Die Möbel waren schwer und imposant – eher geschäftsmäßig als reizend.
    Aber selbst hier stellte ich ein enttäuschendes Fehlen von Chaos fest. Die Schreibtischplatte war genauso leer wie die Schubladen, und die schwarze Aktenablage enthielt nicht einen Ordner. Auch im Schrank herrschte gähnende Leere. Dieses Büro war gänzlich anonym.
    Neben dem Schreibtisch stand ein Papierkorb, auch er völlig leer. Wo waren denn die Rechnungen?
    Mir fiel der mit Unrat gefüllte Abfallkorb im Hauseingang wieder ein. Warum quollen hier aus den Schubladen keine Kontoauszüge, Steuerformulare, Briefe? Ich hatte wirklich nicht die Absicht, die Korrespondenz meiner verstorbenen Freundin zu lesen, aber ich wollte wissen, was daraus geworden war.
    Konsterniert wanderte ich durch den Flur zu einem Esszimmer, das mich genauso förmlich und steif begrüßte wie der Salon. Hier entdeckte ich dunkelgrüne Wände, einen schillernden Kronleuchter, einen vom großen Hepplewhite gefertigten Esstisch, eine Sammlung von kleinen langweiligen Stillleben in Öl und einen Mahagonigeschirrschrank, in dem ein prächtiges Speiseservice von Sèvres für zwölf Personen ausgestellt war. Ich war gegen die Eleganz dieses Raumes gewiss nicht immun, spürte aber doch einen Anflug von Zorn, als ich in den oberen Schubladen bis auf Silberbesteck absolut nichts fand und in den unteren nur große Servierschüsseln und -platten. Wo war nur ihre persönliche Habe?
    Das Bad kam als Nächstes an die Reihe. Die altmodische Badewanne mit den geschwungenen Füßen und der antike Waschtisch hatten mit Sicherheit die ursprünglich vorhandene Standardausstattung ersetzt, so wie auch das Teakholzschränkchen mit Spiegeltür, das die modernen Glasregale für die Hausapotheke umfasste, erst später hinzugekommen war.

    In der ovalen Schale am Rande des Beckens lag eine billige durchsichtige Seife, und die Toilettenartikel im Medizinschränkchen waren von der Art, wie sie eine Frau benutzte, der es mehr um Hygiene als um Eitelkeit ging. Die Wattebäusche aus dem Supermarkt wie auch die Billigcreme erinnerten mich an die Galoschen im Kleiderschrank und verrieten mir mehr über Miss Beacham als alles andere, was ich gesehen hatte.
    Meine verstorbene Freundin mochte privat in Prunk gelebt haben, aber das Bild, das sie der Welt präsentiert hatte, war ein bescheidenes gewesen.
    Niemand, der auf der Straße an ihr vorbeiging, wäre darauf gekommen, dass die unscheinbare Frau in beigem Regenmantel und schwarzen Gummistiefeln eine Kennerin edler Möbel war, und nur ein Gedankenleser hätte geahnt, dass sie, die so wenig für ihre Garderobe ausgab, eines Tages tausende von Pfund vererben würde.
    Miss Beacham hatte allem Anschein nach ein Doppelleben geführt. Mir drängte sich die Frage auf, warum.
    Begierig auf weitere Indizien öffnete ich eine Tür und entdeckte einen Wäscheschrank, in dem es dezent nach Lavendel roch. Der süße Blütenduft weckte in mir eine banalere, doch durchaus unangenehme Frage.

    Hatte Miss Beacham vor ihrer letzten Reise ins Krankenhaus den Kühlschrank geleert?
    Ich kehrte in den Flur zurück und schnüffelte schon mal versuchsweise, entdeckte aber keine Gerüche, die die Mischung aus Bohnerwachs und Staub überlagerten. Wenn in der Küche irgendetwas verfault war, hatte der Gestank den Flur noch nicht erreicht.
    »Kann trotzdem nicht schaden, wenn ich nachschaue«, murmelte ich und trottete weiter in den hinteren Teil der Wohnung, wo ich dann auch die Küche fand.
    Sie wäre ein heller und

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