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Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Titel: Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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aus der Versteigerung an Miss Beachams Bruder Kenneth gehen?«
    »Es steht mir nicht frei, mich zu den Verfügungen meiner verstorbenen Mandantin hinsichtlich ihrer Wertgegenstände zu äußern«, erklärte Mr Moss.
    »Aber Sie haben mir doch schon von St. Benedict’s erzählt«, beharrte ich. »Warum können Sie dann nicht über Kenneth sprechen?«
    »Ich befolge die Anweisungen meiner verstorbenen Mandantin.«
    »Na gut«, meinte ich zweifelnd. »Und wenn ich Sie nicht nach dem Erbe frage? Wenn ich zum Beispiel nur wissen will, ob er noch am Leben ist?«
    »Soweit ich weiß, lebt er noch«, erklärte Mr Moss.
    Ich entdeckte eine Spur Unsicherheit in seinem Ton. »Heißt das, dass Sie keine Gewissheit haben?«
    »Es war uns bisher nicht möglich, Mr Kenneth Beacham aufzuspüren. Er scheint verschwunden zu sein.«
    »Ich dachte, ihr Anwälte wärt wie Bluthunde«, platzte ich heraus. Unwillkürlich war mir Bills Kommentar über seine Kollegen eingefallen.
    Mr Moss, der Bill und seine Bemerkungen nicht kannte, fragte irritiert: »Wie bitte?«
    »Äh, ich dachte, Sie würden der Suche nach dem nächsten Angehörigen Vorrang einräumen«, erklärte ich.
    »Sie hat Vorrang«, entgegnete Mr Moss. »Aber bisher waren unsere Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt.«
    »Entschuldigen Sie, Mr Moss, aber wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Da verschwinden Menschen doch nicht einfach.«
    »Gleichwohl …« Ich konnte den alten Mann fast mit den Schultern zucken sehen. »Haben Sie sonst noch Fragen, Mrs Shepherd?«
    »Eigentlich schon«, sagte ich mit einem angriffslustigen Unterton. »Was wird aus Miss Beachams Asche?«
    »Die letzte Entscheidung liegt bei ihrem Bruder«, informierte mich der Anwalt.
    »Aber Sie wissen doch gar nicht, wo ihr Bruder ist!«, protestierte ich.
    »Ein schönes Kuddelmuddel«, erwiderte Mr Moss freundlich. »Aber ganz gewiss ohne Belang für Sie. Guten Tag, Mrs Shepherd. Ich nehme an, dass Sie gut schlafen werden.«
    »Äh, Sie auch«, stammelte ich völlig perplex, weil ich abrupt aus der Leitung geworfen wurde.

»Das werde ich gewiss«, sagte Mr Moss und legte auf.
    Ich legte das Handy aufs Pult und blieb mit geschürzten Lippen sitzen. »Ein schönes Kuddelmuddel?«, wiederholte ich ungläubig. »Wenn du mich fragst, Hamish, ist das eine üble Schweinerei. Was haben die denn vor? Miss Beacham in einer Hutschachtel aufbewahren, bis ihr Bruder aufzu-tauchen gedenkt? Hoffentlich hat sie den Erlös aus der Versteigerung dir vermacht, Hamish. Du warst jedenfalls treuer als …« Ich brach meine Tirade abrupt ab und trat einen Schritt auf die Couch zu.
    Hamish war nicht mehr da.
    »Hamish?« Ich sah mich im Zimmer um, doch der schwarze Kater war nirgendwo zu entdecken.
    »Hamish, wo bist du?« Ich ging in die Küche, um den Abfallkorb zu überprüfen, aber kein Kater hatte sich darüber hergemacht. Als ich mich vergewis-sert hatte, dass das Fenster über der Spüle zu war und Hamish sich in keinem der Unterschränke versteckte, kehrte ich in den Flur zurück und überlegte fieberhaft, wo ich als Nächstes suchen sollte.
    »Dummer Kater«, brummte ich verärgert und wäre fast aus den Schuhen gesprungen, als der dumme Kater mich gegen den Knöchel stupste.
    »Wo warst du denn?«, rief ich.
    Hamish schmiegte sich liebevoll schnurrend an meine Beine, dann trottete er in das einzige Zimmer, das ich noch nicht erforscht hatte, obwohl die Tür im Gegensatz zu allen anderen nur angelehnt gewesen war.
    Ich stieß sie weit auf und tastete nach dem Lichtschalter. Eine Lampe mit pinkfarbenem Stoff-schirm, die auf einer Queen-Anne-Frisierkommode stand, tauchte ein Walnussholzbett in einen rosigen Schein, und ich erkannte, dass Hamish es bereits mit Beschlag belegt und sich behaglich in die Kissen gekuschelt hatte. Wie um mich zu beruhigen, gab er ein leises Miauen von sich, dann widmete er sich wieder der endlosen Pflege seines glänzenden schwarzen Fells.
    Ich nahm das Schlafzimmer genauer in Augen-schein. Ganz im Gegensatz zum kargen Büro wirkte es anheimelnd und charmant. Die Wände waren in einem sanften pfirsichfarbenen Ton gestrichen.
    Vor dem Fenster hingen Seidenvorhänge, und über das Bett war eine bestickte elfenbeinfarbene Decke gebreitet. Drei handkolorierte Pflanzendrucke hingen über dem Kopfende des Bettes. Gegenüber gab es eine viktorianische Chaiselongue mit ausgefrans-tem Samtbezug. Neben der Tischlampe thronte eine mit getrockneten Rosenblüten gefüllte Porzellanschale, und in der

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