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Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Titel: Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Mandantin dachte, dass das Sheraton-Zylinder-Pult von besonderem Interesse für Sie sein könnte.« Warum hatte Miss Beacham meine Aufmerksamkeit derart nachdrücklich auf das Pult gelenkt? Wir hatten uns doch kein einziges Mal über meine Leidenschaft für Antiquitäten unterhalten.
    Worüber wir geredet hatten, das waren Krimis.
    »Ansonsten halte ich das normale Leben für aufregend genug«, hatte sie gesagt. Danach hatte sie aufmerksam – äußerst aufmerksam, wie es mir jetzt vorkam – zugehört, während ich über alle möglichen Rätsel aus dem echten Leben geplappert hatte, über die ich im Laufe der Jahre gestolpert war. Hatte sie da beschlossen, mir ein neues unterzujubeln?
    »Was ist aus Kenneth geworden?«, fragte ich laut, den Blick auf das Album gesenkt. »Warum ist er aus den Fotos verschwunden, und wo steckt er jetzt?«
    Niemand konnte bezweifeln, dass Miss Beacham ihren Bruder geliebt hatte. Sie hatte Hamish für ihn aufbewahrt, lange nachdem Kenny über ihn hinausgewachsen war; sie hatte eine Fotosammlung zusammengestellt, die von ihrer Liebe zeugte; und sie hatte ihn vor Mr Moss verborgen. Warum?
    Mr Moss hatte den Auftrag, Kenneth aufzuspü ren. Aber was, wenn Miss Beacham das Vertrauen in ihren Anwalt verloren hatte? Sein herablassender Kommentar über Kenneths mutmaßliches Verschwinden – »ein schönes Kuddelmuddel« – war mir von Anfang an gegen den Strich gegangen, und dann hatte er es viel zu eilig gehabt, mir entgegenzuhalten, dass mich das überhaupt nichts anging.
    Was, wenn Miss Beacham Zweifel daran beschlichen hatten, dass Mr Moss die Suche nach ihrem Bruder mit dem nötigen Elan betrieb? Vielleicht hatte sie befürchtet, dass Kenny nie gefunden werden würde, wenn die Angelegenheit Mr Moss überlassen blieb.
    »Bin ich ihr Reserveplan für den Fall, dass Mr Moss versagt?«, murmelte ich. Ich spreizte die Hände über dem Ledereinband des Albums und erinnerte mich an die Vorahnung, die mich gestern befallen hatte, als ich Miss Beachams Schlüssel im Lampenlicht meines Büros hatte schimmern sehen.
    Schon da hatte ich das Gefühl gehabt, dass etwas von höchster Bedeutung in ihrer Wohnung auf mich wartete. Und so war es auch. Sie hatte mir ihre Schlüssel anvertraut, sie hatte mich in ihr Zuhause eingeladen, und sie hatte mich zum Zylinderpult geführt, offenbar alles in der Hoffnung, dass ich das Album finden und die darin verborgene Botschaft verstehen würde.
    »So viele Fragen, die nach einer Antwort schreien«, sagte ich laut. »So viel Verlorenes, das nur darauf wartet, gefunden zu werden.« Ich presste die Handflächen gegen das genarbte Leder, als wollte ich einen Eid darauf leisten. »Okay, Miss Beacham, Sie haben einen Bluthund angeheuert.
    Ich hab keine Ahnung, wie, aber ich werde Kenneth für Sie aufspüren.«
    Eine halbe Stunde später lag ich im Bett, auch wenn ich bis tief in die Nacht kein Auge zubrachte, weil mich unentwegt das Bild von einer Schwester verfolgte, die ihren angebeteten kleinen Bruder verloren hatte.

    Ein Telefongespräch mit Bill, der sich erneut als mein persönlicher Wetterfrosch betätigte, erbrachte die Bestätigung, dass ein lebhafter Ostwind über Nacht den Nebel aus Finch und Umgebung vertrieben hatte. Der Heimfahrt stand also nichts mehr im Wege, oder wie Bill es ausdrückte, sicherer konnte sie nicht mehr werden, selbst wenn ich unterwegs war. Ich wusch mich, zog mich an, machte mir ein Frühstück mit Tee und Toast und räumte auf. Hamish und das Fotoalbum harrten meiner im Flur, wo ich sie zum Schutz gegen die Nässe in einer Einkaufstüte verstaut hatte. Sie kamen natürlich mit. Ich war schon halb in die Jacke geschlüpft, als mir einfiel, dass ich Gabriel Ashcroft noch etwas schuldig war. Ich schrieb eine zerknirschte Entschuldigung für meinen völlig ungerechtfertigten Gefühlsausbruch von gestern Abend und schob den Brief beim Verlassen des Hauses unter dem Türspalt durch.
    Der Regen hatte aufgehört, doch immer noch hingen dicke Wolken über Oxford, und die Sonne ließ nicht mehr als einen silbrigen Schimmer ohne jede Wärme erahnen. Als ich die offene Landstraße erreichte, verschmierten feine Dunsttropfen die Windschutzscheibe, und von den Furchen der frisch gepflügten Felder trieben Nebelschwaden heran. Der graue Tag dämpfte meine Stimmung, und mich befielen Zweifel an den sensationellen Schlussfolgerungen, auf die ich gestern Abend gekommen war.
    Wenn Miss Beacham wirklich gewollt hatte, dass ich ihren Bruder aufspürte,

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