Tante Dimity und die unheilvolle Insel
ein System mit täglich wechselnden Passwörtern ausgeklügelt. Dein Bodyguard verbindet mich nur dann, wenn ich das richtige durchgebe.
Und jetzt noch ein paar Nachrichten von der Heimatfront. Annelise geht’s gut, auch wenn sie uns etwas verübelt, dass wir sie zurückgelassen haben. Ivan Anton hat gemeldet, dass im Cottage alles in bester Ordnung ist, und Emma Harris lässt dir ausrichten, dass deine Menagerie wächst und gedeiht. Du kannst den Jungs sagen, dass sie sich um Stanley, Thunder und Storm nicht zu sorgen brauchen.«
»Das werde ich«, versprach ich. »Wir alle vermissen dich übrigens schrecklich.«
»Und ihr fehlt mir noch viel mehr«, seufzte Bill niedergeschlagen. »Wenn diese Sache doch nur bald vorbei wäre!«
»Das wird sie«, tröstete ich ihn. »Eines Tages werden wir daran zurückdenken und … Okay, wahrscheinlich werden wir heulen und mit den Zähnen knirschen, aber wenigstens wird es vorbei sein.«
Bills Lachen zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht. Nachdem wir uns eine gute Nacht gewünscht hatten, blieb ich noch eine Weile sitzen und lauschte dem Klang seines Lachens nach.
Wir waren erst seit zwölf Stunden voneinander getrennt, doch es kam mir viel länger vor. Das war einfach nicht gerecht, haderte ich. Bill und ich waren gute Menschen oder bemühten uns wenigstens darum, es zu sein. Wir hatten nichts getan, um diesen Abaddon zu verdienen.
Bevor ich noch mehr in Selbstmitleid versank, stemmte ich mich aus dem Sessel und klopfte an die Tür zum Foyer. Damian rief mich zu sich. Er saß im Ledersessel beim Aufzug, vor sich einen aufgeklappten Laptop.
»Sie beantworten Mails?«, fragte ich.
Er drehte den Computer zu mir herum, sodass ich den Monitor sehen konnte. Der Bildschirm war in vier Abschnitte geteilt. Jeder zeigte in einer Schwarzweißaufnahme einen anderen Bereich der Burg – eine Tür, einen Korridor, eine Treppe, den Hof. Während ich hinsah, begannen die Bilder kurz zu flackern, dann traten andere Türen, Korridore und Treppen an ihre Stelle.
»Im Kontrollraum haben wir einen Mann sitzen, der jede Aktivität in und um Dundrillin herum überwacht«, erklärte Damian. »Trotzdem möchte ich das Ganze nicht aus der Hand geben.«
Ich nahm mir insgeheim vor, mich ab sofort ausschließlich von meiner besten Seite zu zeigen, wenn ich durch die Korridore wanderte. Dann fiel mir wieder das Telefonat mit Bill ein, und ich lehnte mich niedergeschlagen gegen den Türpfosten: »Abaddon ist immer noch auf freiem Fuß.«
»Wir sind ja erst am Anfang.« Damian sah vom Bildschirm auf und musterte mich eindringlich. »Wenn Scotland Yard ihn nicht stoppt, dann stelle ich ihn höchstpersönlich.«
Das stählerne Glimmen in seinen Augen ängstigte mich ein bisschen. Und unwillkürlich huschte mein Blick zu seiner Narbe. Ich wollte ihn fragen, ob er schon einmal jemanden getötet hatte, verzichtete dann aber darauf. Ich war mir einfach nicht sicher, ob ich die Antwort wirklich hören wollte.
Nach dem Gespräch mit Bill reichte die Zeit gerade noch dafür, mich zu duschen und in ein schönes Wollkleid zu schlüpfen, ehe ich nach unten zum Dinner ging. Damian zog sich nicht um. Ich bezweifelte, dass in seiner Tasche genü gend Platz für eine Abendgarderobe war. aber darauf kam es auch gar nicht an.
Anders als Mrs Gammidge nahm Percy es mit der Etikette nicht besonders genau. Er trug zum Dinner einen weiten schwarzen Rollkragenpulli und eine dunkle Tweedhose, beides, wie er uns versicherte, auf Erinskil gefertigt.
Wir ließen uns gerade die Lauchsuppe schmecken, als sich Percy nach meinen Plänen für den nächsten Tag erkundigte. Ich konnte mit vollem Mund nicht antworten, ohne unhöflich zu wirken, doch Damian sprang bereitwillig ein.
»Wenn das Wetter hält, könnten wir vielleicht zu Ihrer Bucht runtergehen, Sir.« Er wandte sich an mich. »Das Wasser ist zu kalt zum Schwimmen, aber ich denke, dass Ihre Söhne andere Möglichkeiten finden werden, sich zu beschäftigen.«
»Das ist eine großartige Idee!«, rief ich. »Will und Rob lieben es, auf Stränden rumzutollen.«
»Solange ihr hier seid, musst du sie am Abend auch mal ins Observatorium mitnehmen«, regte Percy an, als Mrs Gammidge die Suppenteller wegräumte und den Lammbraten auftrug. »Der Himmel ist so rein wie das Gewissen eines Neugeborenen. Ich habe hier schon Kometen gesehen, richtige Meteoritenregen – und wenn du Glück hast, zeigt sich die Aurora Borealis.« Er stieß einen dramatischen Seufzer aus. »Wenn
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