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Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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bestimmt. Bis morgen dann.«
    Kurz darauf kam Christine in die Küche. Ihre Mutter kratzte gerade die Teigschüssel aus und steckte sich anschließend den Löffel in den Mund.
    »Was ist?« Christine bückte sich und guckte in den Backofen. »Du leckst doch nie die Schüssel aus, früher habe ich die immer bekommen.«
    »Kohlenhydrate.« Charlottes Mund war teigverschmiert. »Für die Nerven.«
    »Schon wieder? Was ist passiert?«
    »Onkel Walter hat dem Bahnchef eins ausgewischt und fährt für 54,50 Euro dreizehn Stunden Zug. Mit siebenmal umsteigen. Jetzt sag nicht, dass er nicht gewieft ist.«
    »Wann kommt er denn?«
    »Morgen Abend um 2.1.39 Uhr. Papa holt ihn ab.«
    »Aha.«
    Nach dem Gespräch mit Tante Inge beschlich Christine ein wenig das schlechte Gewissen. Sie hätten Onkel Walter nicht anrufen sollen, auf der anderen Seite war ein Einbruch aber auch ein Notfall, das konnte man Walter doch nicht verschweigen. Sie nahm sich eine Flasche Wasser und zwei Gläser.
    »Ich setze mich raus.«
    Charlotte fuhr mit dem Zeigefinger durch die Schüssel und antwortete nicht.
    Als Johann sich frisch geduscht und mit nassen Haaren neben Christine auf die Bank setzte, war sie noch ganz in Gedanken. Er nahm ihr die Flasche aus der Hand und goss sein Glas voll. »Heute Abend ist eine Lesung in der >Rantum-Quelle<. Drei Autoren, die aus ihren Krimis lesen. Wollen wir da hin?«
    »Onkel Walter kommt mit Sparpreis morgen Abend.«
    »Das ist ja erst morgen. Weiß deine Tante das?«
    Christine sah ihn unsicher an. »Nein.«
    »Oha. Aber du wolltest dich doch nicht mehr einmischen.«
    »Meine Mutter hat Walter angerufen. Ich kann da gar nichts dafür.«
    Johann trank und streckte seine Beine aus. »Na, wie auch immer. Wollen wir zu der Lesung? Zwei von den Krimis kenne ich, die fand ich sehr gut.«
    »Johann?«
    »Ja ?«
    »Ich habe vorhin bei Petra etwas gehört, das geht mir jetzt nicht mehr aus dem Kopf.«
    »Was denn?«
    »Auf Petras Anrufbeantworter war eine Nachricht für Tante Inge. Irgendein Mann, der sie eigentlich heute Morgen um acht Uhr abholen wollte. Es klang, als wären die beiden sehr vertraut. Inge hat nicht gesagt, wer es war. Petra fand es auch komisch.«
    »Christine?«
    »Ja ?«
    »Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, dass es dich nichts angeht? Und hat deine Tante nicht darum gebeten, dass man sie in Ruhe lässt?«
    »Ja.«
    Johann stützte sich auf der Lehne der Bank auf und lächelte sie an. »Dann halte dich daran.«
    »Du hast ja recht.« Christine stand auf. »Ich rufe jetzt in der Rantum-Quelle an und frage, ob es noch Karten gibt.«
    Als sie im Wohnzimmer das völlig verschmierte Telefon mit einem Lappen abwischte, sah sie draußen ihren Vater aus dem Gartenhaus kommen. Er ging an Johann vorbei und klopfte ihm kurz auf die Schulter. Christine hatte diesen Gesichtsausdruck schon mal gesehen, im letzten Sommer auf Norderney. Wenn er die ganze Zeit im Gartenhaus gewesen war, hatte er alles gehört. Wie auch immer, sie wollte sich nicht mehr einmischen. Stattdessen wählte sie entschlossen die Nummer der Rantum-Quelle und leckte sich den restlichen Kuchenteig vom Finger. •
     Am nächsten Morgen schlenderte Inge langsam durch den Normannenweg und besah sich dabei die Rhododendren, die in den Gärten blühten. Es gab sie in allen Farben und an jeder Ecke. Sie gehörten zu den Dingen, die Inge in Dortmund immer gefehlt hatten. Sie hatte in den letzten Jahren in ihrem Garten auch welche gepflanzt, an einer Seite gab es schon eine richtige Hecke, aber sie war die Einzige in der Straße. Auf Sylt blühten sie vor fast jedem Haus, genauso wie die kleine Sylter Rose und der blaue und weiße Flieder. Oder die bunten Stockrosen. Inge seufzte, sie würde nie einen Sylter Garten nach Dortmund exportieren können, allein schon deshalb, weil Walter so furchtbar gern Rasen mähte.
    »Ingelein, ich kann so gut dabei denken. Aber nur, wenn ich in geraden Bahnen arbeite. Das mit den Kurven, da um die Beete rum, du, das ist nichts für mich.«
    Sie hatte es anfangs ignoriert und lauter kleine runde Beete angelegt. Walter hatte Kanten reingemäht, später hatte sie sich auf den Vorgarten und die Blumenrabatte am Haus beschränkt. Ihr taten die abrasierten Blumenköpfe immer leid. Hinter dem Haus wuchsen nur noch Sträucher und Rasen.
    Und jetzt bekam Inge wieder Sehnsucht nach genau so einem Sylter Garten. Unvermittelt stand sie vor dem »Ulenhof«. Sie sah auf die Uhr, Viertel vor elf, um elf hatte sie sich mit Renate

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