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Tanz der Engel

Tanz der Engel

Titel: Tanz der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Itterheim , Diana
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hatte mich vergessen – oder mein Schutzengel mich im Stich gelassen. Die Stärke des dunklen, aus Angst, Wut und Enttäuschung geborenen Gefühls, das sich plötzlich in mir ausbreitete, erschreckte mich zutiefst. Der Drang nach Vergeltung war mir neu.
    Etwas Feuchtes, Warmes lief meine Oberlippe hinab. Meine Wut verblasste. Erst jetzt fühlte ich den brennenden Stich in meiner Nase. Sie musste einen Schlag abbekommen haben. Ebenso mein rechtes Knie. Es schmerzte, als hätte jemand es mit einem Knüppel bearbeitet. Und dann gab es da noch den verrutschten Haltegurt, der mir mit jeder Sekunde tiefer ins Fleisch schnitt.
    Was um alles in der Welt hatte mich dazu gebracht, einen Engel herauszufordern?
    »Lynn, ich werde gleich runterkommen und dich holen.« Stefanos Stimme klang ruhig – zu ruhig.
    Vorsichtig drehte ich meinen Kopf Richtung Felskante. Meine Schieflage – ich hing schräg in den Seilen – erlaubte mir, das ganze Ausmaß meiner Flugkünste zu begutachten: Der Drachen war in der Mitte durchgebrochen. Eine Tragfläche hatte sich über mir in den verkrüppelten Bäumen verfangen, die andere war aufgeschlitzt und baumelte im Wind wie ein gerissener Engelsflügel. Nur die Verspannung verhinderte seinen Sturz in die Tiefe. Und zwischendrin hing ich, von dünnen Schnüren gehalten. Mein Leben hing wirklich an einem seidenen Faden. Doch anstatt mir beizustehen und mich zu retten – oder mir wenigstens Mut zu machen –, blieb Christopher verschwunden. Eifersucht schnürte mein Herz zusammen. Bei Hannah hatte er nicht gezögert. Hatte Raffael recht? War ich abgeschrieben, wie er es vorhergesagt hatte?
    »Lynn, kannst du mich sehen?« Stefano riss mich aus meinen trüben Gedanken.
    Ich entdeckte drei Köpfe über der Felskante: Stefano mit dem Walkie-Talkie, Antonio, der mich mit angstgeweiteten Augen anstarrte, und Lucia, die nur starrte. Stefano versuchte, mich mit einem Lächeln zu beruhigen. Hätte ich nicht wieder an Raffaels Erklärung denken müssen, warum Engel über meine Zukunft abstimmten, wäre es ihm sicher gelungen.
    Was, wenn Sanctifer ungeschoren davonkam? Wenn er seinen Einfluss geltend machte, Christopher aus dem Spiel nahm und die Verantwortung als mein Schutzengel an sich riss?
    Mein Magen krampfte sich zusammen. Die Überreste meines Frühstücks verschwanden in der Tiefe. Sanctifer hätte keine Skrupel, mich zu überreden, sein Flüsterer zu werden, und mir einen neuen Körper zu schenken, nachdem mein jetziger am Fuß der Bergkante zerschellt war. Vor Angst begann ich zu hyperventilieren.
    »Lynn, konzentrier dich! Achte auf deine Atmung und versuche, dich zu entspannen.«
    Stefanos Befehl erinnerte mich daran, dass ich wohl nichts an der Entscheidung von Engeln, aber einiges an meiner Lage ändern konnte. Also schloss ich wieder die Augen, blendete die Engel und die Leere unter mir aus und konzentrierte mich auf Stefanos Stimme, die mir sagte, wann ich ein- und ausatmen sollte.
    »Und jetzt öffnest du deine Augen und siehst mich an.«
    Ausgerüstet mit einem Rettungsgurt, den er an meinem bebenden Körper festschnallte, war Stefano, von Philippe, Marcello und dessen Pick-up gehalten, zu mir heruntergeklettert. Im Gegensatz zu mir schien er die Ruhe selbst zu sein.
    »Halt dich an mir fest, ich werde dich bei mir einhaken und dann die Verbindungsleinen zum Drachen durchschneiden. Egal was mit ihm passiert, du bist in Sicherheit. Lynn, hast du mich verstanden?«, fragte Stefano eindringlich und berührte meine Schulter, wie um mich wachzurütteln – offenbar wirkte ich nicht besonders aufnahmefähig.
    Mühsam brachte ich ein geflüstertes »Ja« zustande, bevor ich reagierte und mich wie eine Anakonda an meinen Retter klammerte.
    Stefano schenkte mir ein »Gut so«, obwohl er – aufgrund meines Würgegriffs – Mühe hatte, sein Messer zu zücken und die Seile zu kappen.
    Der erste Drachenflügel löste sich aus dem Geäst und fiel in die Tiefe. Ein entsetztes Wimmern entschlüpfte meiner Kehle, als der Flügel an einer Felsnase aufschlug, sich drehte, weiterstürzte, ins Trudeln geriet und unten am Berg aufschlug. Es würde nicht viel von mir übrigbleiben, wenn ich ihm folgte.
    Panisch verstärkte ich meinen Griff um Stefano, was ihm das Luftholen erschwerte. Trotz Stoßatmung blieb er gelassen.
    »Gleich hast du’s geschafft«, beruhigte er mich, legte seineArme um meine Taille und hielt meinen zitternden Körper fest, während wir nach oben gezogen wurden. Mit geschickten Händen

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