Tanz der Engel
meinem verschmolz.
Ich wollte die Augen schließen, doch Christophers Blick hielt mich gefangen – hielt das wenige, das von mir übriggeblieben war, am Leben.
»Lynn, bitte, verlass mich nicht! Ich liebe dich.«
Warme Samttöne erschütterten meine Seele, bewahrten mich vor dem, das ich zu werden drohte, und retteten mich aus der Dunkelheit. Christopher liebte mich. Zum ersten Mal hörte ich ihn das sagen. Er würde mich nicht fallenlassen – niemals! Das fühlte ich mit meinem ganzen Herzen.
Sein Mund fand meinen. Sanfte Lippen umschlossen ihn, erst zärtlich, dann fordernd. Wie Ertrinkende, die sich aneinanderklammern, fanden wir uns. Nichts würde mich je davon abhalten, seine Liebe zu erwidern, nicht einmal der Dämon in mir.
Christopher nahm mich in seine Arme und brachte mich fort. Er trug mich durch einen schmalen, düsteren Flur, über eineWendeltreppe nach oben in ein rundes Zimmer, das ganz sicher seines war. Der Geruch nach Sommergewitter hing überall in der Luft. Selbst dem Bett, in das er mich legte, haftete der Duft noch an, obwohl Christopher es lange nicht mehr benutzt hatte.
Ich klammerte mich an ihm fest, als er mich losließ. Sein schmerzverzerrtes Gesicht verriet mir, dass meine Nägel zu tief in seinen Rücken eingedrungen waren. Doch er sagte nichts, legte sich zu mir und zog mich wieder in seine Arme.
Er hielt mich die ganze Nacht. Streichelte vorsichtig über meine Haare, wenn der Schmerz es zuließ, oder hielt mich nur fest, während eine neue Welle drohte, meinen Körper zu zerbrechen. Sobald sie vorbei war, versuchte er, mich mit Zärtlichkeit und samtweich geflüsterten Worten in den Schlaf zu lullen.
Verzweifelt weigerte ich mich einzuschlafen und presste mich an ihn. Es gab nichts, wovor ich mich mehr fürchtete, als aufzuwachen und festzustellen, dass er fort war.
Schließlich siegte mein Körper, er holte sich den nötigen Schlaf. Doch schon wenige Augenblicke später schreckte ich hoch und schlug um mich, nur um festzustellen, dass Christopher noch bei mir war, ehe ich wieder einschlief.
Christopher sorgte dafür, dass ich nicht erneut in Panik verfiel. Jedes Mal, wenn ich kurz davor war, auszurasten, hielt er mich vorsichtig fest – ohne mir weh zu tun.
»Lynn, ich bin da«, flüsterte er mir beruhigend ins Ohr. »Und ich werde noch da sein, wenn du das nächste Mal aufwachst – und auch danach.«
Obwohl ich wusste, wie verheerend meine Krallen sein konnten, gelang es mir nicht, Christopher freizugeben. Die Angst, ihn zu verlieren, ließ sich nicht mit Worten besiegen.
»Soll ich sie festhalten?« Arons halb amüsierte, halb entsetzte Stimme weckte mich.
»Nein!«, antwortete Christopher schärfer als notwendig.
Ich zuckte zusammen, doch noch bevor ich die Augen aufschlagen und panisch werden konnte, hielt Christopher mich sanft in seinen Armen gefangen.
»Ich weiß ja nicht, wie lange du nichts gegessen hast, aber bei ihr ist es schon ziemlich lange her. Und nur mit Luft und Liebe kann selbst sie nicht ewig durchhalten. Also lass sie endlich los, und gib ihr was zu essen.«
Noch ehe Christopher sich bewegen konnte, krallte ich mich an ihn. Er wusste, wie ich reagieren würde, und blieb ruhig – Aron jaulte an seiner Stelle.
»Oh Mann! Du bist ganz schön besitzergreifend, Lynn. Oder glaubst du, nur weil Christopher härter im Nehmen ist, würde er auf so was stehen?!«
Erst dank Arons Kommentar wurde mir klar, mit welcher Intensität ich Christopher festhielt. Vorsichtig löste ich meine Hände von seinem Rücken. Doch anstatt mich freizugeben, zog Christopher mich an sich.
»Halt dich fest, solange du willst«, flüsterte er mir ins Ohr. »Aron kann warten.«
Ich nickte und drückte mich an ihn. Es war mir egal, dass Aron uns beobachtete. Meine erste Nacht mit Christopher in einem Bett hatte ich mir sowieso ganz anders vorgestellt.
Christophers gurgelnder Magen überzeugte mich, wenigstens ihn essen zu lassen. Meiner knurrte schon lange nicht mehr. Über den Punkt war ich hinaus. Als er jedoch das Tablett, das Aron mitgebracht hatte, näher heranzog und der Duft von frischem Speck, Rührei, Croissants und Milchkaffee in meine Nase stieg, setzte mein Hungergefühl wieder ein. Trotz meiner deformierten Hände verschlang ich das Frühstück mit überirdischer Geschwindigkeit und war am Ende immer noch hungrig – obwohl Christopher von der riesigen Portion kaum etwas abbekommen hatte. Schuldbewusst schob ich ihm einen halben Toast zu, als mir auffiel, wie
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