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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Belladonna. Ei n mal rasselte er sogar lateinische Sätze herunter.
    »Was heißt das?« fragte sie. »Warum war ich in der Lage, dich zu gebären?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er.
    Als es dunkel wurde, war eines allmählich deutlich geworden. Er hatte kein Gefühl für Relationen. Er konnte eine Dreiviertelstunde lang beschreiben, was für Farben Charlotte g e tragen hatte, wie nebelhaft sie ausgesehen hatten. Und dann schilderte er in zwei Sätzen, wie die Familie von Saint-Domingue nach Amerika geflohen war.
    Er weinte, als sie nach Deborahs Tod fragte, und er konnte nicht davon erzählen.
    »Alle meine Hexen – ich habe ihnen den Untergang gebracht, auf diese oder jene Weise, mit Ausnahme der allerstärksten, und sie haben mich verletzt und geschlagen und mich g e zwungen, ihnen zu gehorchen.«
    »Welche?«
    »Marguerite, Mary Beth, Julien. Verdammt soll er sein, Julien!« Und er lachte haltlos, und dann sprang er auf, um eine umfassende Julien-Imitation vorzuführen – der adrette Gentleman, wie er sich die seidene Vierspänner-Schleife band, den Hut aufsetzte und ausging, wie er das Ende einer Zigarre abschnitt und sie sich in den Mund steckte.
    Es war eine spektakuläre kleine Aufführung, in der er sich in ein anderes Wesen verwandelte, so weit, daß er auch ein paar Worte in trägem Französisch näselte.
    »Was ist eine Vierspänner-Schleife?« fragte sie.
    »Weiß ich nicht«, gestand er. »Aber vor einem Augenblick wußte ich es noch. Ich bin mit ihm in seinem Körper umhe r spaziert. Er hatte es gern, wenn ich das tat. Die anderen nicht so sehr. Sie bewachten ihre Körper eifersüchtig und schickten mich zu denen, die sie fürchteten oder bestrafen wollten, oder zu denen, die sie benutzen wollten. Von ihnen sollte ich dann Besitz ergreifen.«
    Er ließ sich niedersinken und versuchte wieder zu schreiben, auf Hotelpapier. Dann saugte er an ihren Brüsten, nährte sich, wechselte langsam von der einen zur anderen und wieder zurück. Und sie schliefen, und sie schliefen miteinander. Wenn sie aufwachte, nahm er sie, und die Orgasmen waren jene langen, traumartigen Orgasmen, die sie immer hatte, wenn sie beinahe zu erschöpft war, um sie zu haben.
    Um Mitternacht starteten sie nach Frankfurt.
    Es war der erste Transatlantikflug, den sie bekommen kon n ten. Sie hatte schreckliche Angst, daß wegen des gestohlenen Passes Anzeige erstattet worden sein könnte. Er sagte, so schlau seien die Menschen nicht, und die Maschinerie des internationalen Reisewesens bewege sich nur schwerfällig. Es sei nicht wie in der Welt der Geister, wo sich die Dinge mit Lichtgeschwindigkeit bewegten oder stillstanden. Er zögerte lange, bevor er seine Kopfhörer aufsetzte. »Ich habe Angst vor Musik«, sagte er. Dann setzte er sie auf und gab sich ganz hin, rutschte in seinem Sitz herunter und blickte starr vor sich hin, als sei er bewußtlos geschlagen worden. Aber seine Fi n ger klopften den Takt zur Musik. Ja, die Musik nahm ihn so sehr gefangen, daß er sich bis zur Landung nicht mehr rührte.
    Von Frankfurt flogen sie nach Zürich. Er ging mit ihr zur Bank. Sie war jetzt schwach und schwindlig, und ihre Brüste waren voller Milch und taten ständig weh.
    Auf der Bank kam sie schnell und effizient zur Sache, und sie dachte keinen Augenblick an Flucht. Schützende Ausflüchte zu finden, das war ihre einzige Sorge – so dumm war sie g e wesen.
    Sie veranlaßte gewaltige Kapitaltransfers und richtete verschiedene Konten in Paris und London ein, die ihnen Geld geben, aber kaum aufzuspüren sein würden.
    »Laß uns jetzt nach Paris fliegen«, sagte sie. »Denn wenn sie diese telegrafischen Anweisungen bekommen, werden sie uns suchen.«
    In Paris entdeckte sie, daß zarter Flaum auf seinem Bauch gewachsen war und sich um den Nabel kräuselte, und feine Härchen sprossen auch rings um seine Brustwarzen. Ihre Milch floß jetzt leichter und sammelte sich mit ungeheurem Wohlgefühl. Lustlos und stumpfsinnig lag sie da und ließ ihn saugen, ließ sich von seinem seidigen Haar den Bauch und die Schenkel kitzeln.
    Sie forderte ihn auf, von der Zeit vor den Mayfair-Hexen zu berichten, von den entlegensten und fremdartigsten Dingen, an die er sich erinnern konnte. Er redete von Chaos und Du n kelheit, vom Umherschweifen ohne Grenzen. Er redete davon, daß er keine organisierten Erinnerungen habe. Daß sein Bewußtsein sich zu organisieren angefangen habe, als er mit… mit…
    »Suzanne«, sagte sie.
    Er sah sie ausdruckslos an. Ja,

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