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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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stadteinwärts und stadtauswärts sind Streifen unterwegs.«
    »Ich denke, eine Zeitlang wird es friedlich bleiben«, sagte Aaron. »Er hat gepatzt wie ein Kind. Er hätte noch mehr Todesfälle herbeiführen können, noch mehr Leiden. Aber er wird kommen. Ich bin nur in einem Punkt unentschlossen«, sagte er. »Wird er in die First Street kommen? Oder wird er zu Mayfair und Mayfair gehen? Geht er hinaus nach Metairie, zu denen, die bei Ryan zu Hause versammelt sind? Oder kommt er hierher? Wen wird er sich aussuchen? Mit wem wird er sprechen, wem wird er sich anvertrauen, wen wird er auf seine Seite locken wollen? Darüber habe ich mir noch nicht klar werden können.«
    »Aber du glaubst, daß er es tun wird!«
    »Darling, das muß er«, sagte Aaron. »Dies ist seine Familie. Und sie hat sich restlos verbarrikadiert. Was kann er sonst tun? Wo kann er sonst hin?«

 
28

    Die Musik kam aus elektrischen Mündern hoch oben in den weißen Wänden. Die Leute tanzten in der Mitte des Zimmers, wiegten sich vor und zurück, ungelenk, aber im Takt der Musik, als liebten sie sie ebenfalls. Es waren viele Musiker, und sie hatten plumpe Instrumente, keine so schönen wie den Dudelsack oder die Harfe. Es war, als könne sie in dieser Musik jene alte Musik hören; aber die beiden waren ineinander verflochten, und sie konnte wieder nicht mehr denken. Nur Musik. Sie sah das Glen. Sie sah all die Brüder und Schwestern, wie sie sangen und tanzten. Und dann deutete jemand in die Ferne. Die Soldaten waren gekommen!
    Die Musiker brachen ab. Das Schweigen prasselte ringsum herab. Als die Tür sich öffnete, schrak sie auf. Drinnen lachten Leute, und jemand starrte sie an, eine Frau in einem ausgebeulten, traurigen Kostüm.
    Sie mußte weitergehen, nach New Orleans. Sie hatte noch meilenweit zu marschieren. Sie hatte Hunger. Sie wollte Milch. Sie hatten etwas zu essen dort, aber sie hatten keine Milch. Sie hätte es gerochen, wenn sie welche gehabt hätten. Aber da waren Kühe auf den Feldern; sie hatte sie gesehen, und sie wußte, wie man ihnen die Milch nahm. Das hätte sie schon eher tun sollen. Wie lange war sie jetzt hier und lauschte der Musik? Das alles hatte vor so langer Zeit angefangen, daß sie sich nicht mehr recht erinnern konnte, aber dies war nur der erste wirkliche Tag ihres Lebens.
    Als die Sonne aufgegangen war, hatte sie die Tür einer kleinen Küche geöffnet, die Milch aus dem Kühlschrank genommen und den ganzen Karton leergetrunken. Das war am Morgen gewesen: der köstliche Geschmack der kalten Milch und die warme gelbe Sonne, deren lange, schmale, staubige Strahlen durch die dürren, tot aussehenden Bäume auf das Gras gefallen waren. Jemand aus dem Haus hatte sie gefunden. Sie hatte sich für die Milch bedankt. Es tat ihr leid, daß jetzt alles weg war, aber sie brauchte sie.
    Langfristig waren diese Dinge unwichtig. Diese Leute würden ihr nichts tun. Sie wußten nicht, was sie war. Früher wären sie einem nachgelaufen, wenn man soviel Milch gestohlen hätte, sie hätten einen weit, weit in die Berge hinausgejagt, vielleicht sogar…
    »Aber all das ist nicht mehr wichtig«, hatte Vater gesagt. »Die Zeit ist gekommen, da wir herrschen.«
    Geh jetzt, nach New Orleans. Suche Michael, für Mutter. Ja, das ist es, was Mutter von ganzem Herzen wollte. Geh auf die Weide, wo die Kühe schlafend stehen und auf dich warten. Trink die warme Milch aus dem Euter. Trink und trink und trink.
    Sie drehte sich um, aber die Musikanten fingen wieder an. Musik, von vom. Drei, vier Noten zum Aufwärmen, und dann drang sie stampfend durch ihre Schuhe herauf, durch ihren Hals, als atme sie die Musik durch den Mund ein. Sie schloß die Augen, ganz hingerissen. Oh, die Welt ist wunderbar. Sie begann sich zu wiegen.
    Jemand berührte sie, und sie drehte sich um und sah einen Mann, der fast so groß war wie sie. Runzlig und gebräunt. Er roch nach Rauch am ganzen Körper, ein altes Wesen, in einem dunkelblauen Hemd und einer ölverschmierten Hose. Er sprach mit ihr, aber sie hörte nur die Musik, stampfend und dröhnend. Sie wiegte den Kopf vor und zurück. Es war herrlich.
    Er beugte sich vor und schrie ihr ins Ohr: »Du hast ‘ne ganze Weile zugeguckt, Honey. Wieso kommst du nicht rein und tanzt?«
    Sie trat zurück. Es war so schwer, bei dieser Musik das Gleichgewicht zu halten. Sie sah, wie er ihre Hand nahm, fühlte seine rauhen, trockenen Finger. All die winzigen Linien in seiner Hand waren voller Öl. Er roch wie der Highway und

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